Noch sei nicht alles verloren, sagt eine Expertin zum Zollkonflikt mit Trump. Ob die EU geschlossen auf Trumps Drohungen reagiere, hänge wesentlich von Deutschland ab. Noch gebe es Chancen für eine Verhandlungslösung.
Trotz der drohenden Eskalation im Handelskonflikt zwischen der EU und den USA sieht die Expertin für US-Handelspolitik Laura von Daniels noch Chancen für eine Verhandlungslösung. "Es gibt auch in den Zollankündigungen Trumps noch gewisse Hintertürchen. Es ist noch Spielraum drin, sowohl positiv als auch negativ", sagte die Politologin von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin der Deutschen Presse-Agentur.
Während an den bereits in Kraft getretenen pauschalen US-Zöllen von zehn Prozent auf Importe aus allen Ländern wohl kaum noch zu rütteln sei, bestehe bei den geplanten länderspezifischen Aufschlägen noch Verhandlungsspielraum. Diese sollen ab dem 9. April greifen. Für die EU hatte Trump eine Zollrate von 20 Prozent angekündigt.
Es könnte auch schlimmer kommen
Doch es könnte auch schlimmer kommen, warnt von Daniels. Trump könne weitere Zölle auf einzelne Branchen verhängen – etwa auf die Pharmabranche – oder europäischen Unternehmen vorschreiben, bestimmte Technologien nicht mehr nach China zu exportieren. "Dadurch würde ein weiterer Geschäftsbereich wegbrechen".
Ob die EU geschlossen auf Trumps Drohungen reagiere, hänge wesentlich von Deutschland ab. Als grösste Volkswirtschaft der Union mit starker Exportorientierung sei die Bundesrepublik besonders verwundbar. Andere EU-Staaten beobachteten genau, ob Berlin bereit sei, wirtschaftliche Kosten zu tragen, um eine einheitliche europäische Linie zu ermöglichen.
Nato-Mitgliedschaft als mögliches Druckmittel
Gleichzeitig setze die sicherheitspolitische Abhängigkeit Europas von den USA der EU enge Grenzen bei möglichen Gegenmassnahmen, etwa gegen US-Digitalkonzerne. "Trump verknüpft Handelspolitik mit Sicherheitspolitik. Er koppelt Zolldrohungen an Forderungen nach höheren Verteidigungsausgaben", sagte von Daniels. Es sei denkbar, dass er sogar die Nato-Mitgliedschaft oder US-Sicherheitsgarantien für Europa als Druckmittel einsetze.
Wie lange und wie kompromisslos Trump seinen Kurs fortsetzt, dürfte auch davon abhängen, ob es in den USA zu breiteren Protesten kommt – oder seine eigene Wählerschaft sich abwendet. Erste Modellrechnungen zeigten laut von Daniels, dass die Zölle für einen durchschnittlichen US-Haushalt jährlich 3000 bis 5000 Dollar Mehrkosten verursachen könnten. "Trump schadet damit einem grossen Teil seiner eigenen Anhänger."
Zölle rauf, Musk raus?
Nicht ausgeschlossen sei, dass sich Trump bald demonstrativ von seinem Regierungsberater Elon Musk distanziere, so die Expertin – als symbolischer Akt, um Unmut in der Basis zu besänftigen. Trump signalisiere dann: "Ich höre zu und ziehe Konsequenzen".
Der Präsident merke bereits jetzt, dass die von Elon Musk vorangetriebenen Massenentlassungen und Haushaltskürzungen bei der eigenen Wählerbasis nicht gut ankommen und habe sich bei seinen letzten Auftritten immer mehr von Musk distanziert. (dpa/bearbeitet von nap)