Knapp ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl mehren sich die Zweifel, ob Joe Biden aufgrund seines Alters nochmal antreten sollte. Am Ende einer zweiten Amtszeit wäre er 86 Jahre alt.
Er macht Scherze über sein hohes Alter. Er ignoriert es. Oder er stellt es als Beweis für Weisheit und Erfahrung dar. Doch die Wähler sind höchst skeptisch angesichts des Alters von US-Präsident
Als Amtsinhaber aber hat Biden das klare Vorrecht, erneut zu kandidieren. Da spielt es keine Rolle, dass er jetzt schon der älteste Präsident der US-Geschichte ist und zum Ende einer möglichen zweiten Amtszeit 86 Jahre alt wäre.
Bidens Aussetzer helfen Trump
Seit langer Zeit schon sorgt Biden mit verbalen Aussetzern für spöttische bis hämische Kommentare der politischen Konkurrenz. Der frühere Vizepräsident wirkt häufig müde und hat Probleme, frei längere Sätze zu formulieren. Hinzugekommen sind eine Reihe von Stolperern, unter anderem beim Besteigen der Präsidentenmaschine Air Force One, bei der er inzwischen einen tiefer gelegenen Einstieg nutzt, um weniger Stufen gehen zu müssen.
Gefundenes Fressen für die oppositionellen Republikaner, die Biden die körperliche und geistige Verfassung für den vielleicht härtesten Job der Welt absprechen. Ex-Präsident
Trump wirkt auf Wähler jünger als Biden
Dass der Rechtspopulist mit 77 Jahren selbst nicht mehr der Jüngste ist und sich selbst immer wieder sprachliche Patzer leistet, scheint weder ihn noch seine Fans zu kümmern. Laut einer Umfrage vom September halten 74 Prozent der Wähler Biden zu alt für eine weitere Amtszeit. Bei Trump sind es lediglich 50 Prozent.
Viele fragen sich auch, wie Biden die Doppel-Belastung als Präsident und Präsidentschaftskandidat aushalten wird. Die Denkfabrik Brookings schrieb kürzlich, Biden müsse im Wahlkampf "jede Woche mindestens fünfmal" öffentlich auftreten, um die Wähler von seiner Robustheit zu überzeugen. Da reichen keine selbstironischen Witze, er sei "800 Jahre" alt - oder sehe aus wie 30.
"Bidenomics" wird nicht genug wahrgenommen
Neben seinem hohen Alter macht Biden die wirtschaftliche Lage zu schaffen: Zwar geniessen die USA ein robustes Wirtschaftswachstum und eine niedrige Arbeitslosigkeit. Der starke Anstieg der Verbraucherpreise aber macht vielen Bürgern besonders zu schaffen und wird dem Präsidenten angelastet. Bidens vom Weissen Haus als "Bidenomics" beworbene Wirtschaftspolitik, die unter anderem massiv in Erneuerbare Energien investiert, beeindruckt die Wähler nicht.
Und so wird Biden, der Trump bei der umkämpften Präsidentschaftswahl 2020 besiegt hatte, von vielen Demokraten zunehmend als schwere Hypothek angesehen. Zuletzt sorgte in der Regierungspartei eine Umfrage für Aufregung, die Biden in fünf von sechs besonders umkämpften und womöglich wahlentscheidenden Bundesstaaten hinter Trump sah.
Gemurrt wird aber nur hinter vorgehaltener Hand: Die Demokraten wissen, dass sie den Republikanern in die Karten spielen, wenn sie die Kandidatur ihres greisen Präsidenten offen anzweifeln. Zumal sich die Frage nach den Alternativen stellt. Die mit grossen Erwartungen gestartete Vizepräsidentin
Gavin Newsom führt "Schatten-Wahlkampf"
Es fallen aber auch andere Namen - insbesondere jener von Kaliforniens Gouverneur
Newsom beteuert, er wolle lediglich Biden im Wahlkampf helfen und plane keine eigene Kandidatur. Aber dass der ehrgeizige Gouverneur grundsätzlich Ambitionen auf das Weisse Haus hat, mutmasslich mit Blick auf 2028, daran gibt es keine Zweifel.
Gegen viele Zweifel ankämpfen muss derweil Biden. Doch der Präsident und sein Umfeld geben sich gelassen. Sie verweisen darauf, dass auch frühere Präsidenten wie Barack Obama ein Jahr vor einer Wahl in Umfragen schlecht dastanden und trotzdem wiedergewählt wurden. Dass sein hohes Alter der entscheidende Unterschied und Nachteil sein könnte, will Biden zumindest nach aussen nicht eingestehen. (afp)
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