• Um eine erneute Präsidentschaftskandidatur von Donald Trump zu verhindern, riskiert die Republikanerin Liz Cheney ihr eigenes politisches Mandat.
  • Obwohl sie inhaltlich in vielen Punkten mit Trump auf einer Linie liegt, wird sie nun zum Gesicht der Wahrheitsfindung im Untersuchungsausschuss.
  • Wieso? Und wer ist die Tochter eines berühmten Politikers?
Ein Porträt
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen der Autorin einfliessen. Hier finden Sie Informationen über die verschiedenen journalistischen Textarten.

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Ihr Familienname ist in den USA kein unbekannter: Die Republikanerin Liz Cheney ist die Tochter des früheren Vizepräsidenten Dick Cheney, der unter George W. Bush die Reaktion der USA auf die islamistischen Terroranschläge vom 11. September 2001 massgeblich beeinflusste – samt erweiterten Verhörtechniken und dem Einmarsch in den Irak 2003.

Nun aber macht sich seine Tochter in einem ganz anderen Zusammenhang einen Namen: als die hartnäckigste Gegnerin von Ex-Präsident Donald Trump. Die 55-jährige Republikanerin ist stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zum Sturm auf das Kapitol im Januar 2021. Als Nummer zwei eigentlich kein Posten, der unmittelbar zu nationaler Aufmerksamkeit führt. Doch die Vehemenz, mit der Cheney verhindern will, dass Trump noch einmal Präsidentschaftskandidat wird, ist in den republikanischen Reihen beispiellos.

"Ich denke, es steht ausser Frage, dass so ein gefährlicher Mann wie Donald Trump auf keinen Fall jemals wieder in die Nähe des Oval Office kommen darf", sagte die fünffache Mutter über eine mögliche Wiederwahl. Bei der Abstimmung über eine Amtsenthebung hatte Cheney als eine von nur zehn Republikanern und als einzige Frau dafür gestimmt.

Cheney findet deutliche Worte

Die Frau mit blauer Brille, grau-blonden schulterlangen Haaren und glitzernden Ohrringen strahlt innere Ruhe aus, findet aber stets deutliche Worte. "Es wird der Tag kommen, an dem es Trump nicht mehr gibt. Aber eure Schande wird bleiben", sagte sie zum Beispiel in Richtung derjenigen Republikaner, die immer noch an eine "gestohlene Wahl" glauben.

Die Aussage von Cassidy Hutchinson, einer ehemaligen Mitarbeiterin im Weissen Haus, vor dem Ausschuss bezeichnete Cheney als "unglaubliches Beispiel für Tapferkeit, Mut und Patriotismus". Die Untersuchungen des Ausschusses belasten Trump schwer: Er soll sich im Vorfeld der Kapitol-Attacke über mögliche Gewalt am 6. Januar 2021 im Klaren gewesen sein. So soll er beispielsweise gewusst haben, dass die Demonstranten bewaffnet waren.

Sie ist das Gesicht der Wahrheitsfindung

Cheney wird nun also zum Gesicht der Wahrheitsfindung, zur Widersacherin Trumps. Dabei liegt sie inhaltlich mit ihm auf einer ähnlichen Linie: Sie ist Abtreibungsgegnerin, befürwortet eine äusserst liberale Waffengesetzgebung und hat in der Vergangenheit bereits Kritik an der gleichgeschlechtlichen Ehe geübt.

Die 55-jährige Republikanerin wurde 2017 für den Bundesstaat Wyoming ins Repräsentantenhaus gewählt, zuvor arbeitete sie im Aussenministerium als Abteilungsleiterin für den Nahen Osten sowie als Expertin für Aussen- und Sicherheitspolitik. Ihr Heimatstaat ist dünn besiedelt und fest in republikanischer Hand. 2020 holte Trump hier 70 Prozent der Stimmen.

Ihre Kritik an Trump hat für Cheney einen hohen Preis: Sie kostete Cheney bereits ihren Posten in der republikanischen Fraktionsführung in Washington, nun muss sie um ihr Mandat als Abgeordnete zittern. Denn im November stehen in den USA Zwischenwahlen an – aktuell liegt die von Trump unterstützte Gegenkandidatin Harriet Hageman in den Umfragen vorn.

Dabei hatte Cheney die republikanischen Vorwahlen 2016, 2018 und 2020 noch deutlich gewonnen. In Washington kletterte sie in der Partei schnell die Karriereleiter nach oben und wurde vor zwei Jahren sogar als mögliche Präsidentschaftskandidatin der Republikaner für 2024 gehandelt. Zu einer Kandidatur sagte sie zuletzt: "Ich habe noch keine Entscheidung darüber getroffen."

Hoffnung für Liz Cheneys Wiederwahl

Nun steht für Cheney ohnehin die Wiederwahl in den Kongress an. Weniger als auf republikanische Wähler dürfte die Politikerin dabei auf demokratische Unterstützer setzen. Wenn diese sich als neue republikanische Wählerinnen und Wähler registrieren, könnte Cheney eine Chance haben, ihren Sitz zu halten.

Aktuelle Registrierungsdaten zeigen, dass Republikaner (197.868) gegenüber den Demokraten (44.643) eine deutliche Übermacht haben. Trump scheint Cheney als Widersacherin zumindest ernst zu nehmen – er beschrieb sie bei einem öffentlichen Auftritt als treibende Kraft hinter einer gesetzlosen und gefährlichen "Hexenjagd".

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Verwendete Quellen:

  • Bloomberg: Liz Cheney Is Paying the Price in Her Home State for Crossing Trump. 21.06.2022
  • NPR.org: These Are The 10 Republicans Who Voted To Impeach Trump. 14.01.2022
  • Newsweek.com: Liz Cheney's Chances of Beating Trump-Backed Harriet Hageman in Wyoming. 28.05.2022

Sturm aufs Kapitol: Trump setzte Pence unter Druck

Bei den öffentlichen Anhörungen des Untersuchungsausschusses zur Erstürmung des Kapitols am 6. Januar 2021 standen erstmals die Versuche des früheren US-Präsidenten Donald Trump im Mittelpunkt, seinen Vizepräsidenten Mike Pence unter Druck zu setzen. Trump hatte seinen Stellvertreter dazu bringen wollen, eine Zertifizierung des Wahlsiegs des Demokraten Joe Biden zu blockieren. (Vorschaubild: picture alliance / Dennis Van Tine)
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