In Washington sieht man sie nicht sehr häufig. First Lady Melania Trump macht sich oft rar. Sie scheint es aber genau darauf anzulegen.

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Melania Trump sitzt minutenlang ohne grössere Regung da. Die Hände liegen gefaltet auf den überschlagenen Beinen. Auf dem Gesicht ein neutraler Gesichtsausdruck. Dann, nur einen Moment lang, wirkt es, als würde sie gedanklich abdriften – der Blick geht kurz ins Leere. Doch schnell fängt sich die First Lady, korrigiert auffallend ihre Mimik, öffnet leicht die Lippen für eine Pose und schaut wieder direkt in die Kameras, die vor ihr aufgereiht sind.

Die Frau von US-Präsident Donald Trump ist Ex-Model und sehr auf die eigene Bildsprache bedacht. Auch bei diesem Termin im US-Aussenministerium in Washington, bei dem acht Frauen aus aller Welt für besondere Verdienste gewürdigt werden, scheint sie vor allem darauf konzentriert, makellose Bilder zu produzieren. Während die 54-Jährige dort in einem festlichen Saal auf der Bühne sitzt und auf ihren Auftritt wartet, richtet sie ein paar Mal eine Haarsträhne oder den Knoten am Gürtel ihres Outfits im Leopardenmuster.

Als sie an der Reihe mit ihrer Ansprache ist, hält sie sich stoisch an den Teleprompter. Melania Trump redet da über grosse Gefühle – über die "Kraft der Liebe", über Vergebung und Empathie, ohne dass sich jedoch nach aussen hin irgendwelche Emotionen bemerkbar machen. Bei der Übergabe der Preise posiert sie schliesslich mit jeder der acht Frauen nach dem immer gleichen Muster: Ihr Blick wandert von links nach rechts die Kameras entlang. Ein Lächeln mit geschlossenem Mund, dann eines mit halb geöffnetem Mund und schliesslich ein volles Lächeln mit allen Zähnen. Und von vorn. Nach den Fotos verlässt sie den Saal zügig, ohne am anschliessenden Empfang teilzunehmen.

First Lady als Teilzeitjob

Es ist einer der seltenen öffentlichen Auftritte der neuen und alten First Lady. Seit dem Amtsantritt ihres Mannes im Januar war sie nur ein paar Tage mit ihm in der Hauptstadt Washington oder an seiner Seite im Land unterwegs. Melania Trump betreibt ihre Rolle als eine Art Teilzeitjob. Sie tritt jeweils ein paar Tage hintereinander öffentlich in Erscheinung und taucht dann wieder für mehrere Wochen ab. Ihrem Team zufolge pendelt sie in dieser Zeit zwischen New York, wo der gemeinsame Sohn Barron studiert, und dem Trump-Anwesen Mar-a-Lago in Palm Beach im Bundesstaat Florida.

Kurz vor der Vereidigung ihres Mannes formulierte sie es in einem – ebenfalls raren – Interview mit dem Fernsehsender Fox News so: "Wenn ich in New York sein muss, werde ich in New York sein. Wenn ich in Palm Beach sein muss, werde ich in Palm Beach sein." Melania Trump macht keinen Hehl daraus, dass sie sich – ähnlich wie ihr Mann – nicht an übliche Konventionen gebunden fühlt. Und dass sie Dinge anders machen will als in der ersten Amtszeit ihres Mannes.

Sie macht sich rar

Schon damals setzte sich Melania Trump von anderen First Ladies ab, trat weit weniger öffentlich in Erscheinung als andere Präsidentengattinnen und setzte inhaltlich wenig eigene Akzente. Sie startete damals eine Initiative namens "Be Best", die sich um das Wohl von Kindern und Jugendlichen dreht. Die will sie in den kommenden Jahren weiterführen. Andere grössere inhaltliche Projekte hat sie vorerst nicht geplant. Anfang März nahm sie an einem Runden Tisch im Kongress teil, um für eine Gesetzesinitiative zu werben. Ein paar Mal begleitete sie ihren Mann bei Terminen. Doch in der zweiten Runde ist sie noch seltener öffentlich zu sehen als in ihren ersten Jahren als First Lady.

Dass sie nicht durchgehend im Weissen Haus lebt und dort nur alle paar Wochen auftaucht, ist höchst ungewöhnlich. Nachdem Melania Trump im Wahlkampf ihres Mannes so gut wie gar keine Rolle gespielt hatte, kommt dies aber auch nicht ganz überraschend. Seit Jahren wird darüber spekuliert, wie eng oder fern sich die Trumps als Ehepaar sind. Sie stehe auf eigenen Beinen und sei unabhängig, sagte sie in dem Fox-News-Interview weiter. "Ich habe meine eigenen Gedanken. Ich habe mein eigenes Ja und Nein. Ich bin nicht immer damit einverstanden, was mein Mann sagt oder tut. Und das ist in Ordnung."

Aus dem Umfeld der First Lady heisst es, auch ihr Team im Weissen Haus sei diesmal deutlich kleiner. Melania Trump suche sich genauer aus, mit wem sie sich umgebe. Damals habe sie sich hintergangen gefühlt von manchen Mitarbeitern. Heute kenne sie sich mit allem besser aus.

Der neue Look

Melania Trump sendet Botschaften gerne mithilfe von Kleidung und machte damit bereits in ihren ersten Jahren als First Lady Schlagzeilen. Diesmal setzt sie sich mit einem komplett anderen Look in Szene: strenger, forscher, moderner – im grossen Kontrast zum Aussehen vieler anderer Frauen in Trumps Welt, die oft eng anliegende Kleider in knalligen Farben tragen, dazu lange, gewellte Haare und üppiges Make-up.

First Lady Melania Trump setzt jetzt eher modische statt politische Akzente in Washington. (Archiv) © picture alliance/Sipa USA

Auf ihrem offiziellen Profilfoto für das Weisse Haus steht Melania Trump in weissem Hemd und dunklem Hosenanzug an einem Schreibtisch, die Hände auf der Tischplatte aufgelegt, der Blick fest nach vorn gerichtet.

Bei einem Gala-Abendessen im Weissen Haus Ende Februar erschien sie im schwarzen Smoking – quasi im Partnerlook mit ihrem Mann. Auch für den Solo-Termin im Kongress wählte die First Lady einen Hosenanzug, mit Weste und Krawatte. Es ist fast so, als wollte sie einen Kontrapunkt setzen zu jenem traditionellen Frauenbild, das Donald Trump und viele Republikaner vertreten.

Schon bei der Vereidigung des Präsidenten trug Melania Trump ein aufsehenerregendes Outfit: einen dunkelblauen Mantel, darunter eine hochgeschlossene Bluse, und dazu ein Hut, der eine derart ausladende Krempe hatte, dass ihre Augen die meiste Zeit nicht zu sehen waren und auch ihr Mann es schwer hatte, für einen Kuss nur in die Nähe ihrer Wange zu kommen. Das Outfit erinnerte an eine strenge – und zugleich sehr elegante – Gouvernante.

Mode-Fotos statt Interview

Interviews hat die First Lady seit dem Amtsantritt ihres Mannes nicht gegeben. Veröffentlicht wurde nur eine lange Bilderstrecke im britischen "Hello Magazine" - quasi ein Mode-Foto-Shooting mit durchchoreografierten Bildern ihrer eigenen Fotografin: Melania Trump beim Arbeiten in einem Privatjet. Melania Trump beim Aussteigen aus einer Limousine. Melania Trump beim Einsteigen in eine Limousine. Melania Trump beim Warten auf einem Flugfeld.

Die First Lady meldet sich im Text dazu nicht selbst zu Wort, sondern nur ihre Fotografin und ihr Stylist, die Melania Trump in höchsten Tönen preisen. Dass die First Lady bestrebt ist, zu steuern, was über sie nach aussen dringt, zeigt sich auch an anderer Stelle. Derzeit ist beim Streaming-Dienst Amazon Prime Video eine Dokumentation über sie in Arbeit. Als Produzentin an Bord: Melania Trump. Makellose Bilder dürften damit gesichert sein. (dpa/bearbeitet von the)