Dass Donald Trump in dieser Woche von den Republikanern zum Präsidentschaftskandidaten gekürt werden würde, war klar. Doch was passiert sonst noch auf diesem Parteitag in Milwaukee?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Lukas Hermsmeier sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Am Dienstagabend wackelt plötzlich eine Bulldogge auf die Bühne. Im Fiserv Forum, einer Mehrzweckhalle in Milwaukee, wird es laut. Mehrere tausend erwachsene Menschen schreien und klatschen, während "Babydog", so heisst der Hund, schnell atmend Platz nimmt.

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"Sie bringt uns zum Lächeln. Und sie liebt jeden. Könnte die Botschaft noch einfacher sein?", fragt der Besitzer des Tieres, Jim Justice, republikanischer Gouverneur von West Virginia. Er sitzt hinter einem Podium und lacht.

Die Blicke beim Parteitag der Republikaner in Milwaukee zog die Bulldogge "Babydog" vom Gouverneur von West Virginia, Jim Justice, auf sich. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS/Jae C. Hong

Nur eine Minute später ist sein Ton aber ein ganz anderer. "Wir werden vollkommen durchdrehen, wenn Donald Trump im November nicht gewählt wird", ruft Justice ins Mikrofon und schaut dabei ernst. Schrille Show und Bürgerkriegsdrohung, das wird in dieser Szene wieder einmal deutlich, verschmelzen bei den Republikanern.

Alles spricht für Trump

Seit Montag und noch bis Donnerstagabend Ortszeit läuft der Parteitag der Republikanischen Partei in Milwaukee, der grössten Stadt Wisconsins. Gleich am ersten Tag gaben die Delegierten aus den einzelnen Bundesstaaten bekannt, was sowieso schon klar war: dass Trump für die Republikaner bei der Präsidentschaftswahl antritt. Trump teilte am selben Tag auf seiner Plattform Truth Social mit, dass US-Senator J.D. Vance aus Ohio sein Vize-Kandidat ist.

Doch Nominierungsparteitage sind nicht nur dazu da, um Personalien zu besiegeln. Sie sind der Ort, an dem sich die Partei in Szene setzt, oft auch ein neues Programm beschliesst, der Ort, an dem Politiker und Unterstützer zusammenkommen, um die Öffentlichkeit auf die Wahl einzuschwören.

Ein Stimmungsbarometer also. Und die Stimmung bei den Republikanern ist momentan prächtig. In den wichtigen Swing States führt Trump seit Monaten die Umfragen an. US-Präsident Joe Biden stolpert hingegen von einem desaströsen Auftritt zum anderen. Die Chancen, dass Biden dieses Rennen noch dreht, wirken klein. Alles spricht für Trump.

Personenkult auf und neben der Bühne

Als Trump am Montagabend zum ersten Mal die Halle betritt, wirkt er müde. Das Attentat auf ihn liegt gerade mal 48 Stunden zurück. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania am Samstag hatte ein 20-jähriger Mann auf ihn geschossen. Trump überlebte nur knapp und trat – am Kopf blutend – mit den Worten "Fight, fight, fight!" von der Bühne.

In Milwaukee nun trägt Trump einen weissen Verband am rechten Ohr und lässt sich vom tobenden Publikum feiern. "Fight, fight, fight!", skandieren sie. Trump hat diese Partei mit seiner "Make America Great Again" (MAGA)-Bewegung völlig im Griff. Er ist ihr Anführer und Messias, er trägt die Partei. Moderat-konservative Stimmen spielen jedenfalls keine Rolle mehr.

Der Personenkult zeigt sich in Milwaukee zum einen auf der Bühne: Kein einziger Redner wagt es auch nur im Ansatz, Trump zu kritisieren. Selbst Leute wie Floridas Gouverneur Ron De Santis, Nikki Haley, ehemalige Gouverneurin von South Carolina, und der texanische Senator Ted Cruz - also allesamt Politiker, mit denen sich Trump in den vergangenen Jahren schmutzigste Fehden geliefert hatte, huldigen ihm. Trump wiederum lächelt genüsslich und schläft zwischendurch fast mal ein.

Tanz-Videos und Dystopie

Und der Personenkult zeigt sich natürlich auch im Publikum. MAGA-T-Shirts, MAGA-Hüte, MAGA-Poster. An Ständen werden Büsten von Trump verkauft. Manche seiner Fans tragen sogar aus Solidarität ein Pflaster am Ohr. Auf den gigantischen Leinwänden läuft derweil ein Zusammenschnitt von Video-Aufnahmen, in denen Trump tanzt. Zwischendurch spielt eine Country-Band Pop-Lieder und patriotische Hymnen.

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Sobald es um politische Inhalte geht, weicht die gute Laune einer dystopischen Stimmung. Die Redner, eine Mischung aus republikanischen Politikern, Partei-Unterstützern und ausgewählten "Everyday Americans", beschwören den Untergang des Landes, der natürlich Biden, den Demokraten, Linken und Minderheiten zugeschrieben wird. Die zentralen Themen dabei: Immigration und Inflation.

Von einer "Invasion" durch Ausländer ist die Rede – was ein eindeutig rassistisches Narrativ ist. Von steigender Kriminalität ist die Rede – was faktisch falsch ist. Das "grösste Abschiebeprogramm in der amerikanischen Geschichte" wird versprochen. "Build the wall" hallt es durch den Saal: Baut die Mauer.

Ein Zeichen Gottes?

Viele der Redner sprechen zwar von der Notwendigkeit, das Land zu "einen". Im nächsten Atemzug werden dann aber Verschwörungstheorien und Lügen verbreitet. Ben Carson etwa, ehemaliger Wohnungsminister, fabuliert, dass Trumps politische Gegner erst versucht hätten, "seinen Ruf zu zerstören", ihn dann "finanziell zugrunde zu richten" und "ins Gefängnis zu stecken" und nun auch "zu ermorden".

Mehrere Redner sprechen davon, dass Gott persönlich interveniert habe, um Trump vor den Kugeln zu schützen. Sarah Huckabee Sanders, Gouverneurin von Arkansas und ehemalige Sprecherin des Weissen Haus, sagt, dass Trumps Überleben ein Zeichen sei, dass Gott mit Amerika noch nicht abgeschlossen habe. Lara Trump, Ehefrau von Trumps Sohn Eric, beschreibt Trumps als mutigen Löwen.

Man spürt es immer wieder: Die Republikanische Partei ist in den vergangenen Jahren zu einem Kult geworden.

Verwendete Quelle

  • Besuch des Parteitags der Republikaner
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