Die US-Regierung schockt mit einer radikalen Verfügung nach der nächsten. Öffentlichkeit, Justiz, Opposition und Zivilbevölkerung kommen kaum hinterher. Doch manche Interventionen zeigen Wirkung, andere haben zumindest Potential.
Donald Trump hat die ersten knapp zwei Monate als US-Präsident nach der Devise "shock and awe" regiert. Es geht darum, Schrecken und Ehrfurcht zu verbreiten.
Jeden Tag werden neue radikale Vorstösse präsentiert. Jeden Tag kommen neue Details ans Licht, wie die Regierung den rechtsautoritären Umbau des Staates vorantreibt.
Die innenpolitischen Veränderungen sind bereits massiv: Zehntausende Staatsbeamte wurden gefeuert, ganze Behörden demontiert. Die Kürzungen in der Gesundheitsversorgung, Wissenschaft, Entwicklungshilfe und Bildung bedrohen die Existenz von Millionen von Menschen. Trumps aggressive Zollpolitik wird nach Einschätzung vieler Ökonomen zu einer Rezession führen, Armut dadurch enorm steigen.
Nicht nur Amerikaner sind betroffen. Durch die Abriegelung der Grenze zu Mexiko und gleichzeitige Abschaltung der Asyltermin-App "CBP One" hat die Regierung es quasi unmöglich gemacht, Asylanträge zu stellen. Ausserdem hat Trump die Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland gestoppt. Richtung Kanada, Grönland und Gaza hat der US-Präsident imperialistische Ansprüche angemeldet.
Wer kann Trump noch stoppen?
Angesichts dieser Flut fataler Entwicklungen stellt sich die Frage: Wer kann Trump überhaupt noch aufhalten? Und von wem sollten sich Trump-Kritiker eher keine Hilfe erwarten?
1. Justiz: Trumps Agenda stösst auf Kritik
Am wichtigsten ist derzeit die Justiz. Unzählige Klagen wurden in den vergangenen Wochen im ganzen Land eingereicht, über 40 Urteile gegen Trumps Agenda bereits gefällt. Ein grosser Teil der Entscheidungen bezieht sich auf die von
Trump kann also nicht grenzenlos machen, was er will. Offen ist allerdings, wie viele der juristischen Aktionen am Ende Bestand haben. Die Anwälte des Weissen Hauses haben in fast allen Fällen Berufung eingelegt.
Vieles wird am Ende auf das Oberste Gericht ankommen, das zwar erzkonservativ besetzt ist, aber nicht vollständig Trump-hörig ist. Der Supreme Court entschied etwa, dass die Entwicklungsbehörde USAID Zahlungen an ausländische Hilfsorganisationen für bereits erbrachte Leistungen nicht zurückhalten darf. Daran muss sich die Regierung nun halten.
Dazu sollte man allerdings wissen, dass die Regierung bereits eine der Entscheidungen des Obersten Gerichtes ignoriert hat: Über das Verbot der chinesischen Social-Media-Plattform TikTok hat sich Trump einfach hinweggesetzt. Sollte das zum System werden, wären die USA tief in einer Verfassungskrise.
2. Kongress: Wenig Hoffnung auf Gegenwehr
Die Republikaner haben sowohl im US-Senat als auch im Repräsentantenhaus die Mehrheit. Und unter den Kongressabgeordneten scheint es keine einzige Person zu geben, die sich am Regierungsprogramm stört oder Widerspruch wagt. Trump hat diese Partei vollständig im Griff. Von den Republikanern sollte man die nächsten Jahre also absolut gar nichts erwarten.
Die Demokraten wiederum befinden sich, positiv formuliert, auf Sinnsuche. Manche Politiker zeigen zwar kämpferische Pose, zuletzt beispielsweise Al Green aus Texas, der Trumps Rede im Kongress störte.
Auch die linke Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez aus New York und Senator Chris Murphy aus Connecticut machen über Pressekonferenzen und Social Media deutlich, dass es parlamentarische Opposition gibt. Unter dem Strich aber fehlt der Demokratischen Partei immer noch ein Plan für die kommenden Monate und Jahre.
Der auffälligste aller hochrangigen progressiven Politiker ist der parteilose Senator
3. Bundesstaaten und Städte: Es regt sich Widerstand
Viele demokratisch regierte Bundesstaaten und Städte versuchen, der Trump-Regierung etwas entgegenzusetzen.
Die Gouverneurin von Maine beispielsweise, Janet Mills, legte sich bei einem Treffen im Weissen Haus Ende Februar mit Trump persönlich an. Es ging um trans Menschen in sportlichen Wettbewerben, ein Thema, das von Trump und der US-Rechten generell seit Jahren obsessiv bearbeitet wird.
Nachdem die Regierung entschieden hatte, dass trans Mädchen und Frauen nicht mehr an Wettkämpfen teilnehmen dürfen, hatte Mills klargemacht, dass sich der Präsident nicht über Menschenrechtsgesetze hinwegsetzen dürfe. Trump drohte ihr daraufhin, dem Bundesstaat Maine keine Bundesmittel mehr auszuzahlen. "Wir sehen uns vor Gericht", antwortete Mills.
Auch gegen Trumps extreme Anti-Immigrationspolitik gibt es Widerstand. Mehr als 20 Bundesstaaten haben Klage gegen das Ende des Rechts auf die US-Staatsbürgerschaft per Geburt eingelegt. Viele Städte verstehen sich als "Sanctuary Cities", also als Schutzräume für undokumentierte Immigranten. Lokale Behörden sollen hier nicht mit dem Department of Homeland Security, das Abschiebungen durchführt, zusammenarbeiten.
4. Zivilgesellschaft: Gegenwind für Trump
Die Proteste gegen Trump sind insgesamt kleiner als 2017. Doch er wächst, der Widerstand aus der Bevölkerung.
Am vergangenen Freitag beispielsweise gab es eine landesweite Aktion zum Schutz der Wissenschaft. "Stand Up for Science" lautete das Motto. In über 30 Städten kamen Tausende zusammen, um gegen die Kürzungen und massiven Restriktionen zu protestieren.
Am selben Tag versammelten sich Hunderte Menschen vor dem Showroom des Autoherstellers Tesla in Manhattan, New York, um gegen Unternehmenschef Musk und dessen zentrale Rolle im Staatsumbau zu demonstrieren. Ähnliche, auch gewalttätige Aktionen fanden auch in anderen Städten unter dem Slogan "Tesla Takedown" statt. Ladestationen wurden angezündet, Autos beschädigt. Die Polizei nahm zahlreiche Leute fest.
Auch viele Gewerkschaften versuchen, gegen Trump zu mobilisieren. Die Gewerkschaft der beim Staat Angestellten etwa, die National Federation of Federal Employees, hat zu Protesten aufgerufen. Keine andere Arbeitnehmergruppe ist von den Entlassungen so stark betroffen wie diese.
In vielen Communitys gibt es Netzwerke, um undokumentierte Migranten vor einer Abschiebung zu schützen. In Washington, D.C. fand etwa eine Demonstration von Kirchenvertretern statt.