Die US-Regierung steigt aus dem INF-Vertrag mit Russland zum Verzicht auf atomare Mittelstreckenwaffen aus. Das gab das Weisse Haus am Freitag in Washington bekannt.

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US-Aussenminister Mike Pompeo kündigte am 1. Februar in Washington an: Die US-Regierung steigt aus dem INF-Vertrag mit Russland zum Verzicht auf atomare Mittelstreckenwaffen aus.

Demnach fühlen sich die USA ab diesem Samstag nicht mehr an die Vertragsbedingungen gebunden. Sie verwiesen aber darauf, dass der Vertrag erst in sechs Monaten endgültig auslaufe. Bis dahin habe Russland weiter die Möglichkeit, zu den Bedingungen des Abkommens zurückzukehren.

Die Mitteilung der Amerikaner kam einen Tag vor dem Ablauf der gesetzten 60-Tages-Frist in dem Streit. Die USA werfen Russland seit langem vor, Vereinbarungen in dem Vertrag zu brechen. Sie hatten der Regierung in Moskau Anfang Dezember ein Ultimatum bis zu diesem Samstag gesetzt, um sich wieder an die Vertragsbedingungen zu halten. Die Frist ist nach Ansicht der USA aber ergebnislos verstrichen.

Nato-Partner der USA stellen sich geschlossen hinter Entscheidung

Die Nato-Partner der USA haben sich geschlossen hinter deren Entscheidung zum Ausstieg aus dem INF-Vertrag zum Verzicht auf landgestützte atomare Mittelstreckenwaffen gestellt. In einer am Freitag veröffentlichten Erklärung der Militärallianz heisst es, die Verbündeten unterstützten den Schritt uneingeschränkt. Es sei Russland, das den Vertrag mit seinem Marschflugkörpersystem vom Typ 9M729 verletze. Dieses stelle eine signifikante Gefahr für die euroatlantische Sicherheit dar.
Die Nato-Staaten forderten Russland auf, die noch verbleibende sechsmonatige Kündigungsfrist zu nutzen, um alle Systeme vom Typ 9M729 zu vernichten. Wenn das Land dies nicht tue, trage es die alleinige Verantwortung für das Ende des INF-Vertrags.

Ob die Nato im Fall des endgültigen Endes des Abkommens selbst neue Mittelstreckensysteme in Europa aufbauen könnte, geht aus der vom Nordatlantikrat verabschiedeten Erklärung nicht hervor. Dort heisst es lediglich, die Nato werde weiter die notwendigen Schritte unternehmen, um die "Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit der Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeiten" sicherzustellen.

Zugleich machen die 29 Bündnisstaaten deutlich, dass sie sich weiterhin für Abrüstung und Rüstungskontrolle einsetzen und eine konstruktive Beziehung zu Russland anstreben. Letzteres hänge aber vom Handeln Moskaus ab, heisst es in der Erklärung.

INF-Abkommen wird offiziell erst in sechs Monaten aufgelöst

Offiziell aufgelöst wird das INF-Abkommen laut Vertragstext erst sechs Monate nach der Aufkündigung. Damit bleibt noch etwas Verhandlungsspielraum, um den Vertrag womöglich noch zu retten. Allerdings blieben alle bisherigen Versuche dazu ohne Erfolg. Bei einem endgültigen Aus des Vertrags befürchten Experten einen neuen und hochgefährlichen Rüstungswettlauf.

Der INF-Vertrag verbietet Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5.500 Kilometern. Zugleich untersagt er auch die Produktion und Tests solcher Systeme. Die Abkürzung INF steht für "Intermediate Range Nuclear Forces", auf Deutsch: nukleare Mittelstreckensysteme. Die USA und die damalige Sowjetunion hatten den Vertrag 1987 geschlossen.

Die Amerikaner und die Nato werfen den Russen vor, mit ihren Raketen vom Typ 9M729 (Nato-Code: SSC-8) gegen das mehr als 30 Jahre alte Verbot bodengestützter atomarer Mittelstreckenwaffen zu verstossen. Die Raketen sollen nach Angaben aus den USA mindestens 2.600 Kilometer weit fliegen können und wären damit in der Lage, nahezu alle Hauptstädte in Europa zu treffen. Die russische Regierung weist die Vorwürfe zurück und versichert, die Reichweite der 9M729 liege knapp unter 500 Kilometern, was vertragskonform wäre.

Dass Russland einlenkt, gilt als unwahrscheinlich

Russland hatte in den vergangenen Wochen mehrfach deutlich gemacht, dass es die US-Vorwürfe als haltlos erachtet und nicht daran denkt, seine Marschflugkörper zu vernichten. Dass Russland in der Auseinandersetzung noch einlenkt, gilt daher als äusserst unwahrscheinlich.

Zudem wird auch den USA von Kritikern unterstellt, kein besonders grosses Interesse an dem INF-Vertrag in seiner derzeitigen Form zu haben. Das liegt vor allem daran, dass der aus der Zeit des Kalten Krieges stammende Deal nur Amerikaner und Russen bindet, nicht aber aufstrebende Militärmächte wie China. China soll mittlerweile über knapp 2.000 ballistische Raketen und Marschflugkörper verfügen, die unter das Abkommen fallen würden.

Für Europa ist die Aufkündigung des Vertrags hochbrisant, weil diese aller Voraussicht nach eine Diskussion über atomare Aufrüstung in Europa nach sich ziehen wird. Nach Auffassung von Militärs liessen sich nämlich nur so langfristig ein strategisches Gleichgewicht und Abschreckung sichern.

(pak/dpa/AFP)

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