Im US-Staat Wisconsin werden nach der knappen Niederlage der Demokratin Hillary Clinton bei der Präsidentschaftswahl die Stimmen auf Initiative der Grünen-Politikerin Jill Stein neu ausgezählt. Sie will ausserdem Neuauszählungen in Pennsylvania und Michigan beantragen. Was sind die Gründe für die Initiative? Wie reagieren Trump und Clinton? Was sind die Folgen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Mehr aktuelle News

Warum will Jill Stein die Stimmen neu auszählen lassen?

  • Computer-Experten hatten darauf hingewiesen, dass die in Wisconsin benutzten Wahlautomaten anfällig für Hackerangriffe seien und deswegen in anderen Bundesstaaten, etwa Kalifornien, nicht benutzt werden dürfen.
  • Über 100 Wissenschaftler und Sicherheitsexperten hatten am Sonntag in einem Schreiben an den US-Kongress ihre Bedenken zum Ausdruck gebracht, dass bei der US-Wahl 2016 russische Hacker ihre Finger im Spiel gehabt haben könnten. Dies soll auch bei Wahlautomaten möglich sein, die nicht mit dem Internet verbunden sind.Dennoch schrieben sie: "Wir betonen, dass nichts an unserem kollektiven Aufruf für eine Untersuchung darauf abzielt, das Ergebnis der November-Wahl in Frage zu stellen." Allerdings wäre genau dies das Ergebnis, sollten sich die Befürchtungen bewahrheiten.
  • Die favorisierte Clinton hatte in Stimmbezirken, in denen diese Wahlmaschinen benutzt worden waren, deutlich schlechter abgeschnitten als in Wahllokalen, in denen auf handgeschriebene Stimmzettel gesetzt worden war.
  • "Wir wollen ein Wahlsystem, dem wir auch trauen können", begründete Jill Stein ihre Motivation. "Wir verdienen Stimmen, die auch glaubwürdig sind."

Wie knapp waren die Ergebnisse in Wisconsin, Pennsylvania und Michigan?

  • In Wisconsin hatte Donald Trump nur mit 0,7 Prozent Vorsprung, also rund 27.000 Stimmen, gewonnen. In Michigan war der Abstand mit 0,3 Prozent (11.600 Stimmen) sogar noch geringer. In Pennsylvania hatte Trump 1,2 Prozent (68.200) mehr Stimmen geholt als Hillary Clinton.

Könnte Donald Trump die Wahl doch noch verlieren?

  • Klare Antwort: Ja, aber ... Falls eine Untersuchung zeigt, dass die Wahlmaschinen tatsächlich gehackt wurden und eine Neuauszählung ergeben würde, dass eigentlich Hillary Clinton die betroffenen Staaten allesamt gewonnen hat, dann würde sie und nicht Donald Trump am 20. Januar 2017 ins Weisse Haus einziehen. Aber ...

... wie stehen die Chancen für dieses Szenario?

  • Schlecht. Es geht schliesslich immer noch um rund 100.000 Stimmen, die Clinton bei der Neuauszählung hinzugewinnen müsste. Nach übereinstimmender Einschätzung von Experten ist es sehr unwahrscheinlich, dass dies gelingt.
  • Dass das Clinton-Team diese Einschätzung teilt, zeigt sich darin, dass es nicht selber die Initiative für Neuauszählungen ergriff, sondern jetzt lediglich die Vorstösse unterstützt.
  • Der Rechtsberater des Clinton-Teams, Marc Elias, erklärte am Samstag, eigene Nachprüfungen hätten keine Beweise für Unstimmigkeiten erbracht. Im Wesentlichen wird sich das Engagement des Clinton-Lagers somit auf die Entsendung von Beobachtern bei der Neuauszählung beschränken.
  • Ein hoher Regierungsbeamter meinte gegenüber CNN, es hätte während der Wahl "keinen Anstieg von schädlichen Cyber-Aktivitäten" gegeben.
  • "Es basiert alles auf Vermutungen", meint mit Chris Thomas der Wahlbeauftrage von Michigan. "Ich denke, diese Untersuchungen gereichen niemandem zum Vorteil."
  • Der ehemalige demokratische Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders bezeichnete die Initiative als "keine grosse Sache". Die Neuauszählungen seien gesetzlich zulässig. "Ich denke, dass niemand, weder Clinton noch irgendwer anders, ernsthaft an tiefgreifende Veränderungen glaubt", sagte Sanders dem Sender ABC.

Wie reagiert Donald Trump auf die Neuauszählung?

  • Trump warf der Initiatorin der Neuauszählung "Schwindel" vor. In einer schriftlichen Erklärung unterstellte er Jill Stein, lediglich ihre Kasse füllen zu wollen. Er bezog sich dabei darauf, dass die bei der US-Wahl hoffnungslos unterlegene Grüne in den vergangenen Tagen mehr als fünf Millionen Dollar an Spenden zur Finanzierung der Neuauszählung gesammelt hatte.
  • Als Retourkutsche zweifelt der designierte US-Präsident zudem nun plötzlich selbst die Rechtmässigkeit der Wahl an, zielt dabei aber auf mutmasslichen Wahlbetrug zugunsten Clintons. "Millionen Menschen" hätten am 8. November "illegal" ihre Stimme abgegeben, erklärte Trump auf Twitter.
  • In den von Clinton gewonnenen Bundesstaaten Virginia, New Hampshire und Kalifornien habe es "ernsthaften Wahlbetrug" gegeben, schrieb Trump weiter. Belege für seine Vorwürfe lieferte er allerdings nicht.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.