In den USA ist Wahlkampfzeit - daran ändert auch Corona nichts. Joe Biden tritt im November für die Demokraten gegen den amtierenden US-Präsidenten Donald Trump an. Wie stehen seine Chancen? Und wie wirkt sich die Coronakrise auf den Wahlkampf aus?
Nach dem Ausstieg von Bernie Sanders Anfang April ist klar, dass
Ob er gegen
US-Wahlkampf wird von Corona bestimmt
Entscheidend für den Wahlkampf wird vor allem der Ausgang der Coronakrise sein. "Corona überschattet alles. Anfang des Jahres sind wir noch davon ausgegangen, dass die konfrontative Politik gegen den Iran und das Impeachment wichtige Themen im Wahlkampf sein werden. Das ist alles verschwunden. Der Massstab hat sich durch Corona völlig verschoben. Trump wird derzeit nur an der Coronakrise beurteilt", so der Politologe.
Für den US-Präsidenten werden dabei zwei Faktoren die grösste Rolle spielen. Zum einen wird er daran bewertet, wie viele Opfer zu beklagen sind und zum anderen daran, ob die Wirtschaft schnell wieder ins Rollen kommt und die Arbeitslosenzahlen sinken. Gelingt beides, hat Trump laut Jäger gute Karten.
"Biden hört man aktuell nicht. Die Exekutive ist gefragt und überstrahlt derzeit alles. Es wird genau beäugt, wie sie in der Krise reagiert und diese meistert. Man spricht vom sogenannten 'Rally 'round the flag effect'. Solange die Krise anhält, sammelt sich die Masse für eine kurzfristige Unterstützung hinter der Führung. Da wird nicht kritisiert."
Demokraten sind tief gespalten
Ein weiterer Vorteil für Trump: Amtsinhaber werden in den USA meist wiedergewählt - und er hat eine geeinte Partei hinter sich. Unter den Republikanern hat er eine Zustimmung von rund 90 Prozent. Anders ist das bei Biden und den Demokraten.
"Die Demokraten sind tief gespalten. Das war auch schon vor vier Jahren so. Die linken Demokraten haben damals Hillary Clinton nicht unterstützt. Da wird es auch für Biden schwierig, der bei den linken Demokraten mit seiner Politik ebenfalls nicht unbedingt punkten kann. Bei ihm hängt es nun davon ab, wen er als Vize nominiert und wie er sich weiterhin präsentiert. Dass
US-Wirtschaft kann entscheidend sein
Die Wirtschaft ist bei US-Wahlen oftmals das Zünglein an der Waage. Bisher lief diesbezüglich für Trump alles glatt. Durch Corona hat sich jedoch die Zahl der Arbeitslosen innerhalb weniger Wochen dramatisch erhöht. Davor hatte er den riesigen Vorteil, Arbeitsmarktzahlen vorweisen zu können, die so gut waren wie nie zuvor.
Geht die Zahl der Arbeitslosen nach der Krise wieder schnell zurück, ist das zu Trumps Vorteil. "Derzeit wird viel Geld in die Wirtschaft gepumpt, damit die Nachfrage schnell ansteigt. Auch so etwas wie Kurzarbeitergeld oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall - eigentlich Teufelszeug für die Republikaner - wurde nun beschlossen", so Jäger.
"Sieht man sich Umfragen in der Bevölkerung an, so haben über 70 Prozent der US-Amerikaner Angst vor Corona. Über 80 Prozent sogar haben Angst vor den wirtschaftlichen Folgen." Wirtschaft und Corona - es sind die beiden Themen, die den Wahlkampf bestimmen und am Ende vermutlich auch über Sieg oder Niederlage der Kandidaten entscheiden werden.
Zustimmung für Trump auf hohem Niveau
Auch wenn viele deutsche Medien Trump ein miserables Zeugnis im Umgang mit der Coronakrise ausstellen, erzielt er in den USA hohe Werte bei der Zustimmung. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das laut "realclearpolitics.com" derzeit 46 Prozent Zustimmung im Umfragedurchschnitt. "Angesichts der tiefen Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft ist dies ein Wert, den auch der nächste demokratische Präsident vermutlich nicht übersteigen kann", kommentiert Jäger die Zahl.
Und auch wenn die meisten Wahlkampfveranstaltungen im Land aufgrund von Corona derzeit ausfallen, macht Trump mit seinem Wahlkampf munter weiter: "Er hat die tägliche Pressekonferenz zur Plattform für seinen Wahlkampf gemacht. Dazu tritt er regelmässig mit seinem Immunologie-Experten Anthony Fauci auf, der in der amerikanischen Bevölkerung eine hohe Glaubwürdigkeit geniesst. Das gibt ihm noch mehr Rückhalt."
Biden hingegen könne momentan nur reagieren und nicht agieren. "Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als Kommentare zu schreiben, Geld zu sammeln, seine Wählerschaft zu mobilisieren und Interviews zu geben", erklärt Politologe Jäger.
Noch ist also alles offen im Rennen um das Amt des US-Präsidenten.
Verwendete Quellen:
- Interview Prof. Dr. Thomas Jäger, Uni Köln
- Realclearpolitics.com: Job Approval Ratings Trump
- nbcnews.com: Presidential Election
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