Im UN-Sicherheitsrat zeigt sich, dass die Stimmung zwischen den USA und dem Iran zum Zerreissen gespannt ist. Während die Europäer ihre tiefe Sorge vor einer Eskalation am Golf zum Ausdruck bringen, überziehen sich die beiden Länder mit Kritik, Schuldzuweisungen und Drohungen.
Im Konflikt zwischen den USA und dem Iran haben sich beide Seiten bei den Vereinten Nationen mit Schuldzuweisungen überzogen. Der iranische UN-Botschafter verurteilte die neuen Sanktionen der USA am Montag am Rande einer Sondersitzung des Sicherheitsrates scharf. Die Vereinigten Staaten hätten einen "Wirtschaftskrieg" und "wirtschaftlichen Terrorismus" gegen die Bevölkerung des Irans begonnen, sagte Majid Takht Ravanchi vor Journalisten in New York.
US-Präsident
Europäer zutiefst besorgt
Die USA legten dem Sicherheitsrat am Montag Informationen zu mehreren Tanker-Angriffen im Mai und Juni vor. Diese zeigten nach Angaben des stellvertretenden amerikanischen UN-Botschafters Jonathan Cohen, dass der Iran an den Attacken Schuld sei.
Den Vereinigten Staaten lägen Hinweise vor, dass Schiffe der iranischen Küstenwache sich zwei Tankern bei dem letzten Angriff Mitte Juni vor der Explosion von Haftminen genähert hätten, erklärte Cohen. Als einer der Sprengsätze nicht hochgegangen sei, habe sich ein Boot mit Höchstgeschwindigkeit dem Punkt am Tanker genähert, wo dieser angebracht gewesen sei. "Es ist auffällig, dass das Boot genau wusste, wo es nach der nicht explodierten Mine suchen musste". So nähere man sich keinem unbekannten Sprengsatz.
Deutschland, Frankreich und Grossbritannien riefen bei der UN in einer gemeinsamen Erklärung dazu auf, den Dialog zu suchen. Man sei zutiefst besorgt über die Spannungen im Golf, die zu einer weiteren Eskalation führen könnten, hiess es in der Erklärung, die von Deutschlands UN-Botschafter Christoph Heusgen vorgelesen wurde. Die Angriffe auf die Öltanker verurteilten die drei Regierungen, ohne einen Schuldigen zu nennen.
USA wollen iranischen Politikern Geldhahn zudrehen
"Wir haben keine eindeutigen Angaben im Hinblick auf die genaue Verortung (des Drohnenabschusses) und auch was die Angriffe auf die Schiffe anbelangt", sagte Heusgen in der ARD. Eine eindeutige Zuordnung der Schuld könne momentan nicht vorgenommen werden.
US-Präsident Trump hatte zuvor eine Verfügung unterzeichnet, die Irans obersten Führer, Ajatollah Ali Chamenei, und dessen Büro Zugang zu "zentralen Finanzressourcen" verwehren soll. Ausserdem verhängte das Finanzministerium Sanktionen gegen acht Kommandeure der Revolutionsgarden.
Finanzminister Steven Mnuchin kündigte zudem Sanktionen gegen Irans Aussenminister Jawad Sarif im Laufe der Woche an. Sarif gehört zum moderaten Flügel der iranischen Führung.
"Wir rufen das Regime auf, seine nuklearen Ambitionen aufzugeben, sein destruktives Verhalten zu ändern, die Rechte seiner Bevölkerung zu respektieren und in guter Absicht an den Verhandlungstisch zurückzukehren", wurde Trump in einer Mitteilung des Weissen Hauses zitiert.
Die Betroffenen würden vom US-Finanzsystem ausgeschlossen, etwaiges Eigentum in den USA werde eingefroren. Wer mit ihnen Geschäfte mache, könne ebenfalls mit Sanktionen belegt werden.
Trump wirft Iran "aggressives Verhalten" vor
Trump kritisierte das "aggressive Verhalten" des Irans. Er erwähnte dabei die Angriffe auf Öltanker im Golf von Oman und den Abschuss einer US-Drohne in der Region am Donnerstag. Für diese und andere Taten sei Chamenei verantwortlich, dem die iranischen Revolutionsgarden unterstehen, eine Elitetruppe der Armee. "Ich denke, von uns wurde viel Zurückhaltung gezeigt, und das bedeutet nicht, dass wir sie in Zukunft zeigen werden", sagte Trump.
Die USA waren im Mai 2018 einseitig aus dem Wiener Atomabkommen von 2015 ausgestiegen. Mit harten Sanktionen gegen den iranischen Öl- und Bankensektor wollen sie die Führung in Teheran zwingen, einem neuen Atomabkommen mit härteren Auflagen zuzustimmen.
Der Ölsektor ist die Haupteinnahmequelle des Landes. Nach Angaben von US-Aussenminister Pompeo waren bereits vor den neuen Strafmassnahmen mehr als 80 Prozent der iranischen Wirtschaft von US-Sanktionen betroffen.
Angst vor neuem Krieg am Golf
Die seit Monaten andauernden Spannungen zwischen dem Iran und den USA hatten sich Ende vergangener Woche gefährlich zugespitzt. Der Iran schoss am Donnerstag eine Aufklärungsdrohne ab, die nach Angaben aus Teheran den Luftraum des Landes verletzt hatte. Nach US-Angaben flog das unbemannte Flugzeug dagegen in internationalem Luftraum.
Die USA bereiteten danach einen Gegenschlag vor, den Trump nach seinen Worten nur kurz zuvor stoppte. Die jüngste Eskalation im Iran-Konflikt hatte international Sorge über einen neuen Golfkrieg ausgelöst.
Trumps erklärtes Ziel ist es, dass der Iran dauerhaft über keine Atomwaffen verfügt. Das derzeitige Atomabkommen mit dem Iran gewährleistet das aus seiner Sicht nicht. Dagegen wollen die anderen Unterzeichnerstaaten - die vier UN-Vetomächte Russland, China, Frankreich und Grossbritannien sowie Deutschland - an der internationalen Vereinbarung festhalten.
Die Führung in Teheran bestreitet, dass sie Atomwaffen entwickeln wolle. Trump will den Iran unter anderem dazu zwingen, mit einem erweiterten Atomvertrag auch Beschränkungen bei seinem Raketenprogramm zu akzeptieren.
Iranische Raketen können derzeit Israel und arabische Verbündete der USA treffen. Der Iran lehnt eine Neuverhandlung des Atomabkommens und Verhandlungen mit Trump ab. (dpa/mcf)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.