Frankreich hat seinen Botschafter in Ankara abgezogen. Grund dafür ist ein verbaler Angriff des türkischen Präsidenten auf den französischen Staatschef.
Nach einem verbalen Angriff des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf den französischen Staatschef Emmanuel Macron, hat Frankreich seinen Botschafter in Ankara zu Konsultationen zurückgerufen. "Die Worte von Präsident Erdogan sind inakzeptabel", zitierte die französische Nachrichtenagentur AFP am Samstagabend die Begründung aus dem Élyséepalast. "Wir lassen uns nicht auf unnütze Auseinandersetzungen ein und akzeptieren keine Beleidigungen", hiess es demnach weiter. Man fordere den türkischen Präsidenten auf, den Kurs seiner gefährlichen Politik zu ändern.
Erdogan hatte zuvor am Samstag auf einem Kongress seiner Partei AKP in Kayseri in Zentralanatolien gegen "besorgniserregende Anzeichen einer wachsenden Islamfeindlichkeit in Europa" gewettert. Als Beispiel nannte er unter anderem Macron, der nach der Enthauptung des Lehrers Samuel Paty vor gut einer Woche dem radikalen Islamismus in Frankreich den Kampf angesagt hatte. Paty war von einem 18-Jährigen mit russisch-tschetschenischen Wurzeln getötet worden, nachdem er im Unterricht Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt hatte.
Erdogan: "Macron gehört in psychologische Behandlung"
Der Élysée merkte dem Bericht zufolge an, dass nach der Ermordung Patys keine "Botschaft des Beileids und der Unterstützung" vonseiten Erdogans erfolgt sei.
Macron wirbt für einen Islam, der "mit den Werten der Republik" vereinbar ist. Die strikte Trennung von Staat und Kirche gilt als ein Grundprinzip der französischen Verfassung.
"Was für ein Problem hat diese Person namens Macron mit dem Islam und Muslimen?", fragte Erdogan bei der Veranstaltung am Samstag. Macron gehöre in psychologische Behandlung, fügte der türkische Präsident hinzu. Sein französischer Amtskollege verstehe die Glaubensfreiheit nicht.
Bei derselben Veranstaltung hatte sich Erdogan auch kritisch zu der Polizeirazzia in einer Berliner Moschee geäussert. Am Mittwoch hatten etwa 150 Polizisten in der deutschen Hauptstadt mehrere Firmen und eine Moschee wegen des Verdachts auf Corona-Subventionsbetrug durchsucht. Erdogan hatte den Vorgang zuvor auf Twitter als rassistisch und islamfeindlich bezeichnet.
Liste der Streitpunkte zwischen Paris und Ankara ist lang
Verbalattacken Erdogans gegen Macron sind nicht unbedingt neu. Im vergangenen November hatte der türkische Präsident bereits die psychische Gesundheit des Franzosen in Frage gestellt. Damals hatte Macron dem Verteidigungsbündnis Nato den "Hirntod" attestiert. Erdogan sagte anschliessend, Macron solle besser seinen eigenen Hirntod untersuchen lassen.
Beleidigungen und Provokationen von Erdogan habe es im Laufe des Sommers fast jede Woche gegeben, zitierte AFP den Élyséepalast. Diesmal gehe es aber auch um "den Kontext".
Die Liste der aktuellen Streitpunkte zwischen Paris und Ankara ist lang: Unter anderem hatte Macron im Seegebietsstreit zwischen den EU-Ländern Griechenland und Zypern auf der einen Seite und der Türkei auf der anderen zur symbolischen Unterstützung Griechenlands zusätzliche Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer geschickt und sich offen für zusätzliche Türkei-Sanktionen gezeigt.
Frankreich hatte ausserdem die Einmischung der Türkei in den Konflikt in Bergkarabach scharf kritisiert. Aserbaidschan kann sich in dem Konflikt mit Armenien um die seit Jahrzehnten zwischen beiden Ländern umstrittene Südkaukasusregion auf seinen "Bruderstaat" Türkei berufen.
(pak/dpa)
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