• Der EU-Haushalt der kommenden Jahre ist beschlossen, milliardenschwere Corona-Hilfen können fliessen.
  • Polen und Ungarn hatten diesen Beschluss im Streit um die Ahndung ihrer möglichen Rechtsstaatsverstösse blockiert.
  • Der unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft ausgehandelte Kompromiss aber hat einen entscheidenden Haken.

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Der Start des neuen Verfahrens zur Ahndung von Rechtsstaatsverstössen in der EU wird sich durch den von der Bundesregierung vorbereiteten Deal mit Ungarn und Polen deutlich verzögern.

Der Kompromiss beinhaltet nun eine erläuternde Erklärung zum Rechtsstaatsmechanismus. Darin wird klargestellt, dass er nur dem Schutz des EU-Haushaltes und der finanziellen Interessen der Union dient - nicht aber der Ahndung allgemeiner Missstände bei Rechtsstaat und Demokratie, wegen derer Polen und Ungarn seit Jahren in der EU am Pranger stehen.

Klage vor Europäischem Gerichtshof gewährt Polen und Ungarn Aufschub

Gleichzeitig wird Warschau und Budapest zugesichert, dass zunächst keine Kürzungen von EU-Geldern erfolgen, wenn sie Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Regelung einreichen. Dies könnte die Anwendung des Mechanismus bis ins Jahr 2022 verzögern, sofern er von den Richtern in Luxemburg bestätigt wird.

Dass der Mechanismus so lange nicht angewendet werden solle, wie eine mögliche Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof laufe, lasse den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban bis zur Parlamentswahl in seinem Land ungeschoren davonkommen, betonte Moritz Körner. Er sitzt für die FDP im Europäischen Parlament. Die Parlamentswahl in Ungarn soll turnusgemäss im Frühjahr 2022 stattfinden.

Zufrieden ist Körner hingegen damit, dass das Verfahren an sich unangetastet bleiben soll. Dies betonte auch der Chef der Konservativen im EU-Parlament, Manfred Weber auf Anfrage unserer Redaktion: "Die EVP-Fraktion hatte eine klare rote Linie: Wir werden keinen einzigen Buchstaben des Rechtsstaatlichkeitsmechanismus ändern. Die zwischen der deutschen Präsidentschaft und der polnischen und ungarischen Regierung vereinbarte Erklärung respektiert diese rote Linie", sagte Weber .

In der "Passauer Neuen Presse" fügte der CSU-Politiker hinzu: "Europa muss aus dieser Erfahrung lernen. Wir sollten stärker zu Mehrheitsentscheidungen kommen. In aussen- und sicherheitspolitischen Fragen muss die Einstimmigkeit dringend fallen." Es könne "nicht sein, dass sich Europa dauernd selbst blockiert und andere nutzen dies dann aus."

Ungarn und Polen feiern den erzielten Kompromiss als Sieg. Orban sagte auf Facebook: "Wir haben die Interessen Ungarns geschützt. Die Landung war erfolgreich."

Beschluss des EU-Haushalts und der Corona-Hilfen war blockiert

Der nach zähen Verhandlungen der EU-Mitgliedstaaten in Brüssel erzielte Deal mit der Zusatzerklärung wurde von der derzeitigen deutschen EU-Ratspräsidentschaft mit Ungarn und Polen ausgehandelt, um die beiden Länder dazu zu bewegen, ihr Veto gegen Entscheidungen zum langfristigen EU-Haushalt und zu den 750 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfen aufzuheben.

Ungarn und Polen hatte die Blockade begonnen, weil sie befürchteten, dass der neue Rechtsstaatsmechanismus darauf abzielt, ihnen wegen umstrittener politischer Projekte EU-Mittel kürzen zu können. "Die ungarische und polnische Regierung wollten den Rechtsstaatsmechanismus aufweichen und verändern", kommentierte Weber, doch "an diesem Gesetz wird jetzt kein Punkt und kein Komma verändert werden". (AFP/dpa/hau)

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