Die Schweizer Regierung will das Verbot von Waffenexporten in Kriegsländer lockern. Doch schon heute werden die Regeln grosszügig ausgelegt und teilweise umgangen. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht der Finanzkontrolle, der mitten in die hitzige Diskussion über Waffenausfuhren fällt.
Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) hat die Rüstungsexporte im Jahr 2016 unter die Lupe genommen. Diese seien zwar korrekt bewilligt worden, schreibt sie in einem am Montag veröffentlichten Bericht. Diverse Verordnungsanpassungen und die Auslegungspraxis hätten aber dazu geführt, dass das Kriegsmaterialgesetz "eher wirtschaftsfreundlich" umgesetzt werde.
"Alternativen Exportmöglichkeiten"
Die Rüstungsindustrie nutzt gemäss dem Bericht zudem Lücken, um Regeln zu umgehen. Die EFK spricht von "alternativen Exportmöglichkeiten", die geschaffen worden seien.
Die Rüstungsindustrie wisse ferner den Spielraum zwischen dem Kriegsmaterialgesetz und dem Güterkontrollgesetz zu nutzen. Könne ein Unternehmen plausibel machen, dass seine Rüstungsprodukte auch zivil eingesetzt würden, falle der Export unter das weniger strenge Güterkontrollgesetz.
Der Bericht platzt mitten in eine hitzige Debatte um Änderungen bei den Gesetzen über Schweizer Waffenexporte. Eine vom Bundesrat im Juni beschlossene und von den Sicherheitskommissionen des Parlaments unterstützte Lockerung der Kriegsmaterialverordnung sieht vor, dass neu Waffenexporte in Länder mit einem internen bewaffneten Konflikt bewilligt werden können, wenn kein Grund zur Annahme besteht, dass das betreffende Kriegsmaterial in diesem Konflikt eingesetzt wird.
IKRK-Präsident Peter Maurer sprach sich am Wochenende dezidiert gegen eine Erleichterung für Waffenexporte in Bürgerkriegsländer aus. Das IKRK wisse mit relativ grosser Zuverlässigkeit, dass Kriegsmaterial früher oder später in Kriegsgebieten eingesetzt werde.
Schweizer Handgranaten in Syrien
Und der "Sonntags-Blick" machte publik, dass möglicherweise erneut Schweizer Handgranaten des Industrie- und Rüstungskonzerns Ruag in Syrien aufgetaucht seien.
"Es ist an der Zeit, den Bundesrat bei Waffenexporten teilweise zu entwaffnen", kommentiert die Zeitung "Blick" die Ereignisse. Er habe beim Thema Rüstungsexporte den "moralischen Kompass" verloren. Die Regierung schrecke nicht davor zurück, einen Sektor, der 0,14% der Schweizer Exporte entspricht, dem Bild der Schweiz als Land, das sich für Frieden einsetzt, gegenüberzustellen, stellt die Westschweizer Zeitung "Le Temps" fest.
"Wer Panzer und Pistolen exportiert, kann in der Schweiz darauf zählen, vom Staat in Ruhe gelassen zu werden", schreiben "Tages-Anzeiger" und "Der Bund". Der Bundesrat habe seine Wahl getroffen, stellt die "Tribune de Genève" fest. Offen sei, wie das Schweizer Volk darüber denke.
2009 lehnte es eine Initiative ab, die ein Verbot aller Exporte von Kriegsmaterial forderte. Mit einer neuen Initiative will die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) nun Investitionen in Unternehmen, die Kriegsmaterial produzieren, verbieten. © swissinfo.ch
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