Auf den ersten Wahlsieg seit 20 Jahren folgt für die Sozialdemokraten die Suche nach einer mehrheitsfähigen Regierung. Parteichef Rinne dürfte auf die Hilfe von einer anderen grossen Partei angewiesen sein - ein rein linksgerichtetes Bündnis hat keine Mehrheit.
Nach dem knappen Sieg der Sozialdemokraten bei der Parlamentswahl in Finnland steht im hohen Norden eine schwierige Regierungsbildung an. Da der sozialdemokratische Parteichef Antti Rinne aller Voraussicht nach mit der Regierungsbildung beauftragt werden dürfte, liegt der Ball zunächst in seinem Feld.
Er sagte am späten Sonntagabend, die Sozialdemokraten wollten den anderen Parteien eine Reihe von Fragen und Wertevorstellungen vorlegen. "Wenn wir die Antworten bekommen, werden wir entsprechende Entscheidungen treffen", kündigte er an.
Bis Ende Mai wolle er eine Regierung auf die Beine stellen, sagte er dem finnischen Rundfunksender Yle.
SDP hat nur einen Sitz mehr als Rechtspopulisten
Nach vorläufigen Zahlen nach Auszählung aller Stimmen lagen die Sozialdemokraten mit 17,7 Prozent hauchdünn vor der rechtspopulistischen Partei Die Finnen mit 17,5 und der konservativen Nationale Sammlungspartei von Petteri Orpo mit 17,0 Prozent.
Rinnes Partei erhält demnach 40 Sitze und damit ein Mandat mehr als die Rechtspopulisten und zwei mehr als die Konservativen. Die Zentrumspartei des bisherigen Ministerpräsidenten Juha Sipilä war der grosse Verlierer der Wahl und kam mit 31 Sitzen nur auf Rang vier.
Der 56-jährige Rinne gilt als Vertreter des linken Flügels seiner Partei und hat sich in den vergangenen Jahren mit Kritik an den Sparprogrammen von Sipilä profiliert. Nun verspricht er einen entschiedeneren Kampf gegen den Klimawandel, ausserdem will er den Ärmeren unter den Rentnern in Finnland mehr Geld geben.
Am Abend sagte er, die Arbeitslosigkeit, Bildung und Steuern stünden ganz oben auf der Agenda einer sozialdemokratisch geführten Regierung.
Bündnis mit Grünen wahrscheinlich
Rinne stehen nun mehrere Optionen offen. Dass er ein Bündnis mit den Grünen eingeht, gilt als wahrscheinlich. Er dürfte auch auf die Linken und die Schwedische Volkspartei zugehen.
Für eine Parlamentsmehrheit dürfte er aber auf eine der grösseren Parteien als weiteren Juniorpartner angewiesen sein, womöglich die Liberalen von Sipilä oder die Konservativen von Orpo.
Mit den Rechtspopulisten gibt es politische Schnittmengen bei manchen Sozialthemen, unter anderem aufgrund der einwanderungsfeindlichen Standpunkte der Finnen-Partei wäre eine solche Zusammenarbeit aber eine dicke Überraschung.
Orpo sagte am späten Wahlabend, es sei durchaus möglich, eine Arbeitsgrundlage für eine Koalition mit den Sozialdemokraten zu finden. "Aber lassen Sie mich meinen Freunden versichern, dass die Konservativen nicht in eine Regierung eintreten werden, die nicht unsere Werte unterstützen", erklärte er.
Sipilä wollte am Abend nicht sagen, ob er sein Zentrum nun lieber in der Opposition sehen wolle.
Auch der sichtlich zufriedene rechtspopulistische Parteichef Jussi Halla-aho wollte zunächst nicht ausschliessen, dass man sich an Verhandlungen beteiligen werde. "Wir sind bereit, mit jedem zusammenzuarbeiten, aber nicht um jeden Preis", sagte er.
Finnen-Partei Teil der neuen EU-Allianz der Rechtspopulisten
Das Abschneiden der Rechtspopulisten in Finnland ist auch hinsichtlich der Europawahl am 26. Mai interessant: Die Finnen-Partei gehört neben der deutschen AfD und der italienischen Lega zu den Parteien, die im EU-Parlament eine neue Allianz der Rechtspopulisten bilden wollen.
Italiens Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini frohlockte am Wahlabend auf Twitter, seine populistischen Freunde seien in Finnland auf Rang zwei gelandet. "Am 26. Mai werden wir Europa letztendlich verändern", schrieb er.
Um zu sehen, wie zäh Regierungsverhandlungen sein können, reicht den Finnen ein Blick zum Nachbarn Schweden: Dort war Ministerpräsident Stefan Löfven - ebenfalls ein Sozialdemokrat - erst nach turbulenten Monaten Anfang des Jahres erneut zum Regierungschef gewählt worden.
Seine rot-grüne Minderheitsregierung arbeitet nun bei bestimmten Sachthemen mit bisherigen politischen Gegnern zusammen. Wegen des guten Abschneidens der rechtspopulistischen Schwedendemokraten hatten die schwedischen Parteienblöcke keine Mehrheit mehr zusammenbekommen. (jwo/dpa) © dpa
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