Wenige Fehler in den eigenen Reihen fanden Norbert Hofer und seine Unterstützer was den Wahlkampf betrifft. Vor allem bei ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner suchte man die Schuld für die Niederlage. Dieser wehrte sich im ORF-Report: "Die FPÖ sucht die Fehler immer bei den anderen."
Ein Report Spezial zur Hofburg-Wahl hat sich am Montagabend auf die Suche nach Gründen für den Wahlerfolg
Schuld der ÖVP?
Wie die Politiker aller Parteien taten sich auch die FPÖ-Mitglieder schwer mit der Ursachenforschung zur Wahl-Niederlage. Das "Establishment", also eine grosse einflussreiche Milieugruppierung trage die Schuld am Misserfolg Hofers. "Es ist wie im Fussball, wenn fünf gegen einen spielen", meinte ein enttäuschter FPÖ-Anhänger aus Simmering. Als Schuldiger wurde auch die ÖVP ausgemacht, nachdem Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bekannt gegeben hatte, er werde Van der Bellen wählen. "Wie soll man mit so einer ÖVP auf Bundesebene zusammenarbeiten?", räumte Manfred Haimbuchner, FPÖ-Politiker und Landeshauptmann-Stellvertreter in Oberösterreich ein.
Über die Stränge in seiner Analyse schlug der Arzt und Hofer-Unterstützer Thomas Unden, der Van der Bellen-Wähler mit "Volltrotteln" gleichsetzte. Lediglich das FPÖ-Urgestein Andreas Mölzer fand im Report kritische Worte zur eigenen Partei: "Ich weiss nicht, ob man gegen Ende des Wahlkampfes so scharfe Töne anschlagen hätte müssen", bezog er sich wohl auf den letzten Fernsehauftritt Hofers vor der Wahl, bei dem es zu einer heftigen Diskussion mit Van der Bellen gekommen war.
Norbert Hofer selbst hingegen meinte selbstbewusst auf die Frage einer Redakteurin, welchen Fehler er selbst gemacht habe: "Gar keinen." Und eingespielt wurde auch die Aussage des Wahlverlierers, der das Bekenntnis des Vizekanzlers zu Van der Bellen für seinen Misserfolg verantwortlich machte. "Das war ein Selbstmordattentat von
Reinhold Mitterlehner kontert
Mitterlehner, der im Report zum Interview geladen war, liess seine Replik folgen: "Es ist schön, aber zu viel der Ehre, die man mir antut, indem man mir solche Macht zumisst. Die FPÖ sieht die Fehler immer bei den anderen. Ein Blick in den Spiegel würde Norbert Hofer sehr helfen", so der Vizekanzler, der seinerseits mögliche Gründe für die Wahlniederlage Hofers anführte: die antieuropäische Stimmung, welche die FPÖ verbreitet habe; die Aussagen der FPÖ-Politikerin Ursula Stenzel über Van der Bellens Eltern, indem sie diesen eine Nazi-Vergangenheit unterstellte; und die "zwei Gesichter" Norbert Hofers. Mitterlehner erwähnte beispielsweise den an ihn gerichteten Vorwurf von Hofer, er begehe politischen Selbstmord, indem er öffentlich verkündet habe, Van der Bellen zu wählen. Eine "Entgleisung", wie der Vizekanzler befand.
Das Klima zwischen ÖVP und FPÖ scheint nach der Hofburg-Wahl offensichtlich angeschlagen zu sein. "Die Bürger wollen Normalität, nicht jemanden der die Regierung abberuft oder sagt man werde sich noch wundern müssen, was alles möglich sei", so Reinhold Mitterlehner in Richtung Hofer.
Gespaltene Nation?
Im Report behandelt wurde auch die Frage, wie polarisierend der Wahlkampf für die österreichische Bevölkerung gewesen sei. Oft war von Spaltung die Rede gewesen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigte jedoch, dass es auch schon bei anderen Wahlkämpfen zur Bundespräsidentenwahl heiss herging. Als Franz Jonas, der keine höhere Schule abgeschlossen hatte, gegen Alfons Gorbach angetreten war, gab es Witze unter der Gürtellinie über dessen Bildungsstand. Als der Katholik Kirchschläger für die SPÖ angetreten war, gab es heftige Attacken aus dem katholischen Umfeld. Und als Kurt Waldheim sich 1986 der Wahl stellte, wurde seine Vergangenheit in der Nazi-Wehrmacht bekannt gemacht. Damit vom Zaun gebrochen wurde eine Grundsatzdebatte über den Umgang der Österreicher mit der Nazizeit. Diese wurde teilweise äusserst heftig geführt. Eine Diskussion, die bis hin zur Gegenwart kein wirkliches Ende gefunden hat.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.