Kurz nach offizieller Verkündung seines Wahlsiegs war Österreichs neuer designierter Bundespräsident Alexander van der Bellen als Gast im "Report"-Studio. Er sprach dort mit Susanne Schnabl über den knappen Sieg und die dadurch suggerierte Spaltung Österreichs, über geplante Schritte und seine Prioritäten.
Es war die engste Wahlentscheidung der zweiten Republik: Am Montag, den 23. Mai 2016, wurde Alexander van der Bellen mit 50,3 Prozent der Stimmen zum Bundespräsidenten gewählt. Er hat damit nur 31.026 Stimmen Vorsprung gegenüber seinem Gegner, dem freiheitlichen Kandidaten
Gräben sollen zugeschüttet werden
"Ich werde alles tun, damit diese – wie manche Zeitungen geschrieben haben – 'Gräben' wieder zugeschüttet werden", erklärt Van der Bellen über dieses gespaltene Ergebnis. Die Menschen würden unterschiedliche Positionen vertreten, aber "alle zusammen machen Österreich aus".
Die vielen Stimmen für FPÖ-Kandidat Norbert Hofer will Van der Bellen aber nicht als "Rechtsruck" interpretieren – ebenso wie seine Stimmenanzahl nicht bedeute, dass jeder Wähler mit allem übereinstimmt, was er vertritt oder früher als Parteichef der Grünen vertreten hat. "Viele Menschen haben einen Zorn, weil etwas nicht passiert ist, das sie aber für richtig halten. Sie haben Angst um ihre Arbeitsplätze und wenden sich dann einer grossen Oppositionspartei zu, wie es die freiheitliche Partei ist."
Die Bürger, die ihn "noch nicht gewählt" haben, will Van der Bellen noch von sich überzeugen: "Manche halten mich vielleicht ein bisschen für abgehoben, und diesen Menschen möchte ich sagen: Ich weiss, was es heisst, hart zu arbeiten. Und ich weiss, was es heisst, jeden Euro zweimal umdrehen zu müssen, bevor man ihn ausgibt", erklärt er. "Ich bin ja auch nicht als Professor zur Welt gekommen."
Er meint, er habe Norbert Hofer schon angerufen und ihm zu seinem mit viel Elan geführten Wahlkampf gratuliert. Gleichermassen erklärt er, er werde
Das Amt des Bundespräsidenten
"Der Bundespräsident ist weder der Oberlehrer noch der Zuchtmeister der Regierung, geschweige denn des Parlaments", erklärt Van der Bellen zur Funktion seines Amtes. "Aber er kann durch seine Kontakte, seine Persönlichkeit, seine Erfahrung dazu beitragen, dass die richtigen Leute auch zusammenkommen."
"Unmittelbar hat der Bundespräsident eine sehr beschränkte Machtfülle, denn er handelt ja, wenn er von Amts wegen handelt, auf Vorschlag der Bundesregierung". Es sei also wichtig, dass auch Parlament und Bundesregierung aus der Wahl ihre Schlüsse ziehen.
"Meines Erachtens ist die Wirtschaftspolitik und die Arbeitsmarktpolitik prioritär", meint Van der Bellen. "Wir brauchen eine neue Wachstumsdynamik in diesem Land, sonst werden wir von der hohen Arbeitslosigkeit nicht herunterkommen". Die Regierung könne viel tun, um entsprechend einzuwirken – zum Beispiel junge Firmen ("Start-Ups") zu unterstützen, bei denen viele Arbeitsplätze entstehen, oder Räume für diese Firmen zu schaffen, die auch leistbar sind.
"Wir haben nicht ewig Zeit", resümiert Van der Bellen. "Es sind jetzt Monate und Jahre vergangen, ohne dass wichtige Schritte gesetzt wurden. Das muss ein Ende haben – und wenn ich den neuen Bundeskanzler Christian Kern richtig verstanden habe, ist das genau sein Programm."
Eine konkrete Reform hat Van der Bellen noch im Auge: Nachdem im Wahlkampf oft davon gesprochen wurde, dass der Bundespräsident die Regierung entlassen könne, will er ein Komitee zusammenstellen, das über zweckmässige Reformen dieser Befugnisse nachdenkt. "Viele Menschen, darunter Clemens Jabloner, ein berühmter Verfassungs- und Verwaltungsjurist, sind der Meinung, dass die Bundeserfassung von 1929 dem Bundespräsidenten Rechte einräumt, die unter ganz bestimmten Umständen problematisch sein können. Sie wurden halt noch nie ausgenützt seit Bestehen der zweiten Republik."
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