Was ist der Bundesrat, was genau macht er? Hier finden Sie einen Überblick über Geschichte, Aufgaben und Zusammensetzung des Bundesrats.
Als eines der fünf ständigen Verfassungsorgane ist der Bundesrat ein wichtiges Element des demokratischen Gleichgewichts der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt die Interessen der Länder gegenüber dem Bund und der Europäischen Union und wirkt massgeblich bei der Gesetzesbildung mit.
Die Geschichte des Bundesrats
Der Bundesrat ist seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland mittels Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 eines der fünf ständigen Verfassungsorgane. Die anderen vier sind die Bundesregierung, der Bundestag, der Bundespräsident sowie das Bundesverfassungsgericht.
Die Absicht dahinter: Die Saatsmacht soll nicht, wie im Nationalsozialismus geschehen, in der Hand eines einzelnen Gremiums beziehungsweise sogar einer Person liegen, sondern gleichmässig auf mehrere Organe aufgeteilt sein.
Dies soll die Stabilität der demokratischen Grundordnung garantieren – eines ihrer wesentlichen Merkmale ist deshalb diese Gewaltenteilung.
Bis Ende 1952 trug der Bundesrat die offizielle Bezeichnung „Deutscher Bundesrat“.
Über die Verkürzung der Bezeichnung hinaus haben sich die Vorschriften des Bundesrats nur zweimal geändert: 1990 wurde die Sitzverteilung im Zuge der Deutschen Einheit neu geregelt.
1992 wurde das Aufgabengebiet des Bundesrats auf die Mitwirkung in der Europäischen Union ausgeweitet.
Die Aufgaben des Bundesrats
Der Bundesrat hat nach Artikel 70 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) die Aufgabe, die Interessen der Länder auf Bundesebene zu vertreten.
Dazu nimmt er Einfluss auf die vom Bundestag gestalteten Rechtsverordnungen und Gesetze, indem er ihnen zustimmt, sie ablehnt oder Nachbesserungen verlangt.
Bis auf wenige Ausnahmen obliegt die Gesetzgebung dem Bundestag. Die Landesparlamente haben nur in wenigen Bereichen wie zum Beispiel in der Bildung, Kultur und dem Polizei- und Ordnungsrecht die Befugnis zur Gesetzeserlassung.
Daher ist die Mitwirkung des Bundesrats beim Gesetzgebungsprozess so wichtig: Sie gewährleistet, dass die Gesetze nicht den Interessen der Länder zuwiderlaufen oder ihre Befugnisse aushöhlen.
Jedes Gesetz, das der Bundestag verabschiedet, passiert anschliessend den Bundesrat. Dabei sind zwei Arten von Gesetzen zu unterscheiden: Zustimmungsgesetze und Einspruchsgesetze.
Die Zustimmungsgesetze müssen vom Bundesrat abgesegnet werden, um in Kraft zu treten. Der Bundesrat hat die Befugnis, ein Gesetz abzulehnen.
Dann kommt dieses Gesetz in seiner bisherigen Ausformulierung nicht zustande. Entspricht das Gesetz in Teilen nicht den Vorstellungen des Bundesrats, kann dieser Nachbesserungen verlangen.
Meistens werden Kompromisse gefunden, die beide Seiten vertreten können.
Wird keine Einigung erzielt, wird ein Vermittlungsausschuss einberufen. Dieser Ausschuss aus jeweils 16 Mitgliedern aus Bundestag und Bundesrat tagt unter Ausschluss der Öffentlichkeit und handelt für beide Seiten tragbare Kompromisse aus.
Hingegen können Einspruchsgesetze auch dann zustande kommen, wenn der Bundesrat nicht zustimmt.
Er kann zwar Einspruch einlegen, indem er mit absoluter Mehrheit von 35 Stimmen gegen das Gesetz stimmt.
Die letzte Entscheidung liegt allerdings beim Bundestag: Stimmt die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten dem Gesetz zu, tritt es in Kraft.
Welche Gesetze Zustimmungs- und welche Einspruchsgesetze sind, ist in verschiedenen Artikeln des Grundgesetzes geregelt.
Zusammensetzung des Bundesrats
Der Bundesrat setzt sich aus Vertretern der Landesregierungen zusammen, zum Beispiel aus Ministerpräsidenten und Ministern (Flächenländer) oder Bürgermeistern und Senatoren (Stadtstaaten).
Sie werden nicht gewählt, sondern von den jeweiligen Landesregierungen bestellt bzw. abberufen. Die Anzahl der Mitglieder eines Bundeslands im Bundesrat ist abhängig von dessen Einwohnerzahl und staffelt sich wie folgt:
- Jedes Bundesland stellt grundsätzlich mindestens drei Mitglieder.
- Bundesländer mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier Stimmen.
- Bundesländer mit mehr als sechs Millionen Einwohnern haben fünf Stimmen.
- Bundesländer mit mehr als sieben Millionen Einwohnern haben sechs Stimmen.
Bei der Stimmenverteilung zeigt sich kein exaktes Abbild der Einwohnerzahl der Länder. Die kleineren Länder haben ein im Verhältnis stärkeres Stimmgewicht als die grösseren.
Das soll sicherstellen, dass die kleineren Länder nicht von den grossen übervorteilt werden.
Bei der Verteilung der Einwohner auf die Bundesländer (Stand: April 2017) ergeben sich 69 Sitze im Bundesrat.
Für einen Beschluss ist im Regelfall die absolute Mehrheit von 35 Stimmen notwendig. Geht es um Änderungen des Grundgesetzes, muss eine Zweidrittelmehrheit von 46 Stimmen erreicht werden.
Die Zusammensetzung der von einer Landesregierung entsandten Mitgliedergruppe ändert sich, wenn ein Landtag neu gewählt und anschliessend eine neue Landesregierung gebildet wird.
Den Mitgliedern des Bundesrats sitzen der Bundesratspräsident sowie zwei Vizepräsidenten vor. Das Präsidium wird für ein Jahr von der gesamten Länderkammer gewählt.
Allerdings haben sich die Ministerpräsidenten in der Königsteiner Vereinbarung aus dem Jahr 1950 darauf festgelegt, dass die Ministerpräsidenten der Länder immer in derselben Reihenfolge zum Bundesratspräsidenten gewählt werden.
Ausserdem einigten sie sich darauf, dass der Bundesratspräsident des Vorjahres sowie der des Folgejahres die beiden Vizepräsidentenämter bekleiden.
Auf diese Weise ist sichergestellt, dass das Amt des Bundesratspräsidenten (und seiner Stellvertreter) auch regelmässig von Ministerpräsidenten kleinerer Länder besetzt wird, die nur wenige Sitze im Bundesrat haben.
Zudem hängt der Vorsitz in der Länderkammer somit nicht von parteipolitischen Mehrheitsverhältnissen ab.
Wenn zufällig genau während der Amtszeit eines Bundesratspräsidenten in dessen Bundesland eine Landtagswahl stattfindet, bei welcher ein neuer Ministerpräsident bestimmt wird, so löst Letzterer Ersteren für den Rest der Zeit automatisch im Amt des Bundesratspräsidenten ab. © 1&1 Mail & Media
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