Im Rahmen der Bundestagswahl schleichen sich in die Berichterstattung gerne Begriffe ein, die eher in den Bereich der Fachsprache fallen. Erläutert werden sie jedoch nicht mehr, denn wer täglich mit Ihnen umgeht, hält sie nach und nach für selbsterklärend.
Wir haben die wichtigsten Begriffe rund um das Wahlgeschehen am 22. September daher noch einmal alphabetisch zusammengestellt. Denn an der Verständlichkeit der Sprache sollte sie nicht scheitern, die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag.
Abgeordnete
Die Mitglieder des Deutschen Bundestages werden auch (Bundestags-)Abgeordnete genannt. Im Vierjahres-Rhythmus werden sie in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl als Vertreter des Volkes bestimmt. Nach Artikel 38 Absatz 1 des Grundgesetzes sind sie keiner Partei, sondern nur ihrem Gewissen verpflichtet. Abgeordnete derselben Partei schliessen sich zu Fraktionen zusammen.
Absolute Mehrheit
Für Wahlergebnisse spielen Mehrheiten eine wichtige Rolle. Von einer absoluten Mehrheit wird gesprochen, wenn mehr als die Hälfte aller möglichen Stimmen gewonnen wurden. Im Unterschied dazu besteht eine einfache Mehrheit, wenn mehr als die Hälfte aller gültigen abgegebenen Stimmen erzielt wurde, eine relative Mehrheit, wenn eine Partei mehr hat als jede andere.
Bundeswahlleiter
Der Bundeswahlleiter ist üblicherweise der Präsident des Statistischen Bundesamtes und wird vom Bundesinnenministerium berufen. Er organisiert und managt den kompletten Vorgang von Bundestags- oder Europawahlen, von den Wahllisten der Parteien bis hin zur Stimmauszählung. Er stellt auch das offizielle Wahlergebnis fest. Seit August 2008 liegt das Amt bei Roderich Egeler.
Erststimme
Mit der Erststimme wird bei einer Bundestagswahl der Direktkandidat eines Wahlkreises bestimmt. Im Mehrheitswahlrecht setzt sich derjenige Wahlkreiskandidat durch, der die höchste Stimmzahl erzielt. Er kommt in den Bundestag, die anderen Kandidaten haben das Nachsehen.
Fünf-Prozent-Hürde
Gelingt es einer Partei nicht, mindestens fünf Prozent der Wählerstimmen für sich zu gewinnen, kann sie nicht in den Bundestag einziehen. Die Ausnahme: Wenn es dieser Partei gelingt, drei oder mehr Direktmandate zu bekommen, wird die Fünf-Prozent-Hürde unwichtig.
Hochrechnung
Sie wird schon vor Abschluss der kompletten Auszählung mit Spannung erwartet: Bei der Hochrechnung werden stichprobenartig Wahlkreise ausgesucht, um damit Rückschlüsse auf das endgültige Wahlergebnis ziehen zu können. Es handelt sich um eine von Meinungsforschungsinstituten erhobene Schätzung des Wahlausgangs.
Immunität
Deutsche Bundestagsabgeordnete geniessen Immunität und sind so vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt. Liegen schwerwiegende Gründe vor, kann diese Immunität vom Bundestag aufgehoben werden.
Kandidat
Ein Kandidat bewirbt sich bei der Wahl um ein Amt oder Mandat. Die zuerst auf der Wahlliste der Partei genannte Person ist der Spitzenkandidat, der das betreffende Amt ausführen wird, sollte die Wahl gewonnen werden.
Der Kandidat für den Bundeskanzler wird längere Zeit vor der Wahl von den grossen Parteien auf einem Bundesparteitag aufgestellt und im heissen Wahlkampf massiv als Aushängeschild der Partei beworben.
Koalition
Meistens schafft es eine Partei nicht, die absolute Mehrheit im Bundestag zu erreichen. Um diese zu erreichen, bildet sie mit einer Partei ihrer Wahl eine Koalition, die dann die Mehrheit hat und aus der die einzelnen Ministerposten besetzt werden. In den letzten Jahren koalieren auf Bundesebene die CDU/CSU bevorzugt mit der FDP und die SPD mit den Grünen.
Landesliste
Landeslisten werden in geheimen Abstimmungen von den Parteien aufgestellt und enthalten die Kandidaten, die einen Platz im Bundestag anstreben. Je nach Platzierung auf der Liste steigt oder sinkt die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich ins Parlament zu kommen. Dank der Landesliste können auch Parteimitglieder ein Mandat erhalten, die als Direktkandidat geringere Erfolgschancen gehabt hätten.
Legislaturperiode
Eine Legislaturperiode des Bundestages umfasst im Normalfall vier Jahre, während dieser Zeit regiert die Bundesregierung das Land. Danach wird eine neue Regierung bestimmt. Kommt es zu einer vorzeitigen Auflösung des Parlaments, beispielsweise durch ein konstruktives Misstrauensvotum gegenüber dem Kanzler, kann die Legislaturperiode verkürzt sein.
Mandat
"Mandat" steht für Amt und Aufgabe eines Abgeordneten. Dabei haben die Bundestagsabgeordneten ein sogenanntes freies Mandat, wodurch sie nur ihrem Gewissen verpflichtet und prinzipiell nicht an Richtlinien ihrer Partei gebunden sind. Vor allem wenn es sich um ethische Fragen handelt, wird normalerweise der Fraktionszwang aufgehoben. Ansonsten ist es üblich, mit der Fraktion zu stimmen.
Mehrheitswahlrecht
Es funktioniert, wie der Begriff vermuten lässt: Wer als Direktkandidat die meisten Stimmen in seinem Wahlkreis ergattern kann, ist gewählt.
Minister
Die Bundesminister sind die wichtigsten "Helfer" des Bundeskanzlers, gemeinsam bilden sie die Regierung. Minister werden vom Kanzler vorgeschlagen und vom Bundespräsidenten berufen. Bei ihrer Amtsübernahme schwören sie vor dem Bundestag den Amtseid auf das Grundgesetz. Derzeit gibt es fünfzehn Fachresorts, denen ein Minister vorsteht. Wer Minister ist oder wird, braucht kein Bundestagsmandat zu haben.
Parlament
Für das ganze Land ist das Parlament der Deutsche Bundestag. Dazu kommen auf Länderebene die jeweiligen Landesparlamente. In den Stadtstaaten ist die Rede vom Abgeordnetenhaus (Berlin) oder der Bürgerschaft (Hamburg und Bremen).
Prognose
Es ist üblich, gestützt auf Wählerbefragungen bereits mit Schliessung der Wahllokale die ersten Prognosen herauszugeben. Weil im Laufe des Tages regelmässig befragt wird und die ersten Prognosen so bereits vor Ablauf der Wahl vorliegen, besteht bei einer zu frühen Veröffentlichung die Gefahr der Wähler-Beeinflussung. Wer sich einer Vorab-Veröffentlichung schuldig macht, muss mit einer Strafe von 50.000 Euro rechnen.
Regierung
Der Bundeskanzler wird mit der absoluten Mehrheit der Bundestagsabgeordneten bestimmt. Gibt es nach der Wahl keine absolute Mehrheit einer Partei, wählen meist die Fraktionen, die eine Koalition eingehen, ein und denselben Kandidaten. Dann stellt dieser sein Kabinett, eben die Regierung, zusammen.
Schattenkabinett
Für den Fall der Fälle gibt es auch bei der Opposition eine komplett funktionsfähige Regierung, die Schattenkabinett genannt wird. Die Schattenminister, die im Wahlkampf vorgestellt wurden, könnten bei einem Sieg die Landesgeschäfte übernehmen.
Sitzverteilung
Die Sitzverteilung kommt in Deutschland durch eine Mischung aus Mehrheitswahl (Erststimme) und Verhältniswahl (Zweistimme) zustande. Wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnen konnte, als ihr anteilsmässig Sitze zustehen, wird es durch die Überhangmandate ausgeglichen. Gemäss der seit 2008 gültigen "Sainte-Laguë/Schepers"-Methode, einem Berechnungsverfahren der Sitzverteilung, soll eine Benachteiligung kleinerer Parteien vermieden werden. Dieses komplizierte mathematische Verfahren, das vorher schon in den Ausschüssen galt, hat die vorher gültige "Hare/ Niemeyer"-Methode abgelöst.
Termin
Den Termin der Bundestagswahl - es ist der 22. September 2013 - legt der Bundespräsident in Absprache mit der Bundesregierung und den Ländern fest. Dabei gibt das Grundgesetz strenge Vorgaben: Eine Neuwahl muss mindestens 46 und höchstens 48 Monate nach Start der Wahlperiode über die Bühne gehen. Die neue Wahlperiode beginnt, wenn der neugewählte Bundestag zum ersten Mal zusammenkommt, was am 27. Oktober 2009 der Fall war.
Überhangmandat
Von einem Überhangmandat ist die Rede, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate holen kann, als ihr nach der Anzahl der Zweitstimmen rein rechnerisch zustehen.
Im Oktober 2012 haben sich die Fraktionen des Bundestages mit Ausnahme der Linken auf ein neues Wahlrecht verständigt, nach dem Überhangmandate zukünftig durch sogenannte Ausgleichsmandate für die anderen Parteien neutralisiert werden sollen. Damit werden die ursprünglichen Mehrheitsverhältnisse wiederhergestellt. Die bisherige Verfahrensweise war im Juli 2012 für verfassungswidrig erklärt worden. Die Änderung bringt eine deutliche Vergrösserung des Parlaments und beträchtliche Mehrkosten mit sich.
Umfrage
Meinungsforschungsinstitute machen regelmässig Befragungen und veröffentlichen die Ergebnisse zum Stellenwert der einzelnen Parteien in der Gunst der Wähler. Erst eine Woche vor der Wahl ist damit Schluss, um nicht beeinflussend oder manipulativ in die Wahl einzugreifen.
Verhältniswahlrecht
Verhältniswahlrecht bedeutet, dass die Parteien nach ihrem Anteil an den Zweitstimmen in den Bundestag einziehen können, sprich Mandate für die Kandidaten auf der Parteiliste bekommen.
Wahlberechtigte
Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes werden 61,8 Millionen Deutsche wahlberechtigt sein, 31,8 Millionen Frauen und 30 Millionen Männer. Wahlberechtigt sind alle deutschen Staatsbürger, die mindestens 18 Jahre alt sind - mit kleineren Einschränkungen. So muss man mindestens ein Vierteljahr in Deutschland gelebt haben und darf nicht dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik eingewiesen sein. Richter können Verurteilten das Wahlrecht unter bestimmten Umständen aberkennen.
Wahlbeteiligung
In Bezug auf die Wahlbeteiligung wurde 2009 der niedrigste Wert seit 1949 ermittelt. Nur 70,8 Prozent der Wahlberechtigten machten von ihrem Recht auf Stimmabgabe Gebrauch, nochmals etwa sieben Prozent weniger als 2005.
Wahl-O-Mat
2002 hat die Bundeszentrale für politische Bildung den Wahl-O-Mat aufgebracht, der zu einer wichtigen Grösse im Vorfeld der Wahlen geworden ist. Er ist ein Webangebot für interaktive Online-Informationen zur Wahl. Als Entscheidungshilfe für Europa-, Landes- und Bundestagswahlen existiert der millionenfach angeklickte Wahl-O-Mat auch als Offline-Software und für Smartphones. Es gilt für den Nutzer, Stellung zu etwa 30 Thesen zu beziehen, wobei man den drei Antwortmöglichkeiten unterschiedliches Gewicht geben kann. Dann entscheidet man sich für eine Anzahl von bis zu acht Parteien und bekommt dargestellt, inwieweit die eigene Meinung sich mit den Thesen dieser Parteien deckt.
Voraussichtlich Ende August wird der Wahl-O-Mat für die diesjährige Bundestagswahl erscheinen.
Wählerverzeichnis
Das Verzeichnis gibt Auskunft über alle Personen, die wahlberechtigt sind. Wenn kein Wahlprüfungsverfahren angestrengt wird, muss das Wählerverzeichnis nach sechs Monaten vernichtet werden. Grund dafür ist der Datenschutz.
Zweitstimme
Auf die Zweitstimme kommt es an, wenn es um die Sitzverteilung im Bundestag geht. Hier wird kein konkreter Kandidat, sondern die Partei gewählt. Je nach Menge der Zweitstimmen berechnet sich die Zahl derer, die von der Landesliste der Partei für den Bundestag benannt werden.
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