Am Wochenende haben Hunderttausende Menschen in Deutschland gegen den Kurs der CDU demonstriert. Auf dem Parteitag der CDU fehlt jedoch von Selbstkritik jede Spur.
CDU-Kanzlerkandidat
Eigentlich wollte die CDU am Montag nur in Ruhe ihr "Sofortprogramm" auf einem verkürzten Parteitag in Berlin beschliessen und ihren Kanzlerkandidaten gebührend feiern. Nun demonstrierten am Vorabend Hunderttausende Menschen gegen sie. Vor der Parteizentrale, dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin, bildeten die Teilnehmenden ein Lichtermeer mit ihren Handys. Es war eine der grössten Protestkundgebungen der vergangenen Jahre in der Bundeshauptstadt.
Statt Krönungszeremonie, ein paar Debatten und schöner Bilder hat die CDU mit Demonstrationen gegen sie zu tun. Merz wollte mit seinen Vorstössen in der Migrationspolitik mehr Wähler für die Union mobilisieren. Doch jetzt muss er sich fragen: Hat er stattdessen die Massen nicht viel mehr gegen sich aufgebracht?
Friedrich Merz: CDU stellt sich hinter Kanzlerkandidaten
Vergangene Woche lieferte sich die CDU gleich mehrfach einen politischen Schlagabtausch mit den anderen demokratischen Parteien. Die wiederum werfen Merz vor, der AfD die Hand gereicht zu haben und das "Tor zur Hölle" geöffnet zu haben, wie es etwa SPD-Fraktionschef
Als die CDU am Sonntagabend zu einem Presseempfang lud, war es wieder ruhig vor dem Konrad-Adenauer-Haus. Doch wie sieht es in der Partei aus? Hat Merz die nötige Rückendeckung? An diesem Abend stellen sich die Christdemokratinnen und -demokraten hinter ihren Kanzlerkandidaten.
Und auch auf dem Parteitag am Montag wird schnell klar: Die CDU/CSU ist weitestgehend geeint – zumindest nach aussen.
CDU beschliesst "Sofortprogramm" einstimmig
So wird auch das "Sofortprogramm" einstimmig von den 956 Delegierten beschlossen. Eine richtige Debatte, wie sonst bei der Einbringung von Anträgen auf Parteitagen üblich, gibt es nicht. Die 14 Wortmeldungen zum "Sofortprogramm" stammen allesamt von Parteiprominenten. Sie alle stellen sich hinter Merz.
Die Erzählung soll sich durchsetzen: CDU und CSU sind die Opfer, hintergangen von SPD und Grünen, zu Unrecht angegangen von Demonstrierenden. Vom CDU-Parteitag soll das Signal ausgehen: Die Partei steht hinter dem Kurs von Merz.
Von Selbstkritik fehlt jede Spur
Bei der Abstimmung am Freitag gab es in der Fraktion zwölf Abweichler von der Merz-Linie. Auf dem Parteitag wird am Montag darüber geschwiegen.
Friedrich Merz hätte auf diesem Parteitag auch den Weg der Selbstkritik wählen können. Angesichts der Demos hätte er sich fragen können: War zusammen mit der AfD zu stimmen wirklich der richtige Weg? Doch davon fehlt jede Spur.
Auf dem Parteitag klingen die Demonstrationen zwar an – SPD und Grüne werden trotzdem zum Hauptgegner erklärt. Sie seien es, die die extrem Rechten stärkten, sagt etwa Jens Spahn. Nicht die CDU.
Dem schliesst sich auch der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef
Söder macht nochmal klar, was auf dem Parteitag an vielen Stellen zu hören ist: "Nein, nein, nein zu jeglicher Zusammenarbeit mit der AfD", ruft er. "Wir helfen ihr nicht, wir werden sie bekämpfen."
Friedrich Merz vereint die Partei hinter sich
Auch in dieser Sache sind sich CDU und CSU einig. "Wir werden mit der AfD nicht zusammenarbeiten. Vorher nicht, nachher nicht. Niemals", stellt Merz unter minutenlangem lautem Applaus und Standing Ovations in seiner Rede klar. "Diese Partei steht gegen alles, was unsere Partei und unser Land in den letzten Jahren und Jahrzehnten aufgebaut hat". Die CDU wolle alles tun, um die Partei wieder kleinzumachen.
Die grösste Herausforderung Deutschlands sei die Bewahrung der Freiheit und der inneren Sicherheit. Gegen den herrschenden Hass und Antisemitismus hätte man schon längst stärker vorgehen müssen. "Wo ist dann dieser 'Aufstand der Anständigen'?", so Merz in einem Seitenhieb in Richtung der Proteste vom Wochenende. "Ihr habt euch im Datum und im Thema geirrt."
"Wir werden angegriffen, es regt sich Protest gegen unsere Politik". Gerade jetzt komme es darauf an, "Kurs zu halten", sagt Merz. Die Mehrheit der Bevölkerung sei der Meinung der CDU.
Friedrich Merz mobilisiert die Massen. Aber die richtigen? Offen bleibt, ob die gezielte Themensetzung im Wahlkampf den Unionsparteien den erhofften Aufschwung beschert, und ob etwa Grüne und SPD vor der Wahl nicht einen ähnlichen Aufschwung erleben.
Verwendete Quelle:
- Besuch des Bundesparteitags der CDU
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