Die Sondierungsgespräche über eine mögliche Grosse Koalition aus CDU, CSU und SPD beginnen. Unsere Redaktion erklärt, auf wen es in den Gesprächen neben Kanzlerin Angela Merkel ankommt.

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Straff und zielführend sollen die Debatten sein. Ab Sonntag verhandeln CDU, CSU und SPD in den Sondierungsgesprächen über eine mögliche Grosse Koalition.

Die Parteispitzen verständigten sich bereits über die Grösse ihrer Verhandlungsmannschaften – jeweils 13 Personen. Macht 39 Teilnehmer.

Es ist ein erstes gegenseitiges Entgegenkommen. Zum Vergleich: An den Verhandlungen über eine Grosse Koalition 2013 waren noch sage und schreibe 77 Politiker beteiligt.

Kleine Runde, zweite Reihe, Arbeitsgruppen – unsere Redaktion erklärt die Schlüsselfiguren im Koalitionspoker.

Die erste Verhandlungsreihe: Merkel gegen Nahles

Eine Sechsergruppe steht an der Spitze der Gespräche über eine Regierungsbildung: die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Martin Schulz (SPD) und Horst Seehofer (CSU), daneben die Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder (CDU) und Andrea Nahles (SPD) sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Diese Sechser-Runde legte auch den Fahrplan für die Sondierung fest, die demnach bereits am 11. Januar abgeschlossen sein soll. Die Ergebnisse gehen dann an die Parteien zur internen Abstimmung, sodass laut Seehofer spätestens an Ostern eine Regierung gebildet sein soll.

Der (Noch-) Ministerpräsident von Bayern wird nach der Schlappe bei der Bundestagswahl 2017 und innerparteilichen Querelen entsprechend angriffslustig erwartet. Es könnte sein letztes bundespolitisches Hurra werden.

Im Vorfeld machte er bereits Druck auf die Sozialdemokraten. "Bei weiten Teilen der SPD wissen wir im Moment überhaupt nicht, ob auch sie regierungswillig sind. Ich hoffe, dass Martin Schulz und Andrea Nahles die Kraft aufbringen zur Führung", sagte der 68-Jährige. Und er machte Druck auf die eigenen Reihen: "Neuwahlen sind besser als eine Minderheitsregierung."

Kanzlerin Angela Merkel wird vor allem mit Andrea Nahles konfrontiert werden. "Frau Nahles ist aus ihrer Zeit als Juso-Vorsitzende in den Disziplinen Attacke und Zuspitzung geübt", erklärte Parteienforscher Prof. Dr. Werner J. Patzelt jüngst im Gespräch mit unserer Redaktion.

"Es geht ihr darum, den Wert der SPD gegenüber der Union für einen Eintritt in eine Grosse Koalition hochzuhalten." Schulz ist demnach bei der SPD nur die Nummer zwei.

Die zweite Reihe: Druck auf Merkel

Hier sind nicht zuletzt die selbstbewussten Spitzenpolitiker gefragt, die im Gegensatz zu Merkel, Seehofer und Schulz keinen Schaden durch die Bundestagswahl 2017 nahmen: Armin Laschet (CDU), Wahlsieger bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai; oder Stephan Weil (SPD), Wahlsieger in Niedersachsen im Oktober.

Im Mittelpunkt steht jedoch kein Ministerpräsident, sondern ein möglicher Merkel-Nachfolger in der CDU: Jens Spahn. Er wird als neuer starker Mann erwartet. Das "Hamburger Abendblatt" stellte exemplarisch kurz vor Silvester die Frage: "Wird Jens Spahn der neue Kanzler?"

Gemeint war freilich eine spätere Legislaturperiode.

Spahn erhöhte schon die Schlagzahl gegenüber den Sozialdemokraten. Neuwahlen seien die schlechteste Option, sagte der 37-Jährige dem "Stern".

Die SPD solle nicht versuchen, gleichzeitig Opposition und Regierung sein zu wollen. Es sei nicht seine Aufgabe, meinte Spahn harsch, "Therapieangebote zu machen".

Flüchtlinge, Umwelt, Soziales – Poker im Hinterzimmer

Finanzen, Wirtschaft, Bildung – alle wichtigen Themen kommen hier auf den Tisch. Zwölf Arbeitsgruppen gab es 2013. Die Ressort-Spezialisten sind gefragt.

Zum Beispiel die geschäftsführende Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen beim Thema Verteidigung, oder CSU-Spitzenpolitikerin Ilse Aigner, wenn es um die Wirtschaft geht.

In diesen Hinterzimmer-Gesprächen wird das ausgehandelt, was der ersten Verhandlungsreihe zum finalen Poker vorgelegt wird.

Wie Spahn erzählte, soll die Einwanderung ein zentrales Thema werden. Ob es eine eigene Arbeitsgruppe zu Flüchtlingen und Integration gibt, ist nicht kommuniziert. Gestritten wird in jedem Fall.

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