- Auch in internationalen Medien war der Ausgang der Bundestagswahl ein gosses Thema.
- Kommentiert werden unter anderem die Nachfolgefrage Merkels und die voraussichtlich schwierige Regierungsbildung.
- Aber auch das schlechte Abschneiden der AfD ist ein Thema.
England
"Times": FDP würde für Ampel-Koalition hohen Preis verlangen
"Die Herausforderung für Olaf Scholz besteht darin, die wirtschaftsfreundliche FDP zu einem Pakt mit seiner SPD und den Grünen zu bewegen, die bereits signalisiert haben, dass sie gemeinsam regieren wollen. Dies würde zu einer "Ampel"-Koalition führen, benannt nach den roten, grünen und gelben Farben der drei Parteien.
Allerdings würde die FDP einen hohen Preis für diesen Deal verlangen. Es wird erwartet, dass ihr Vorsitzender Christian Lindner darauf bestehen wird, das Finanzministerium zu kontrollieren und einige der Steuererhöhungen zu blockieren, die im Mittelpunkt der Wahlwerbung von SPD und Grünen standen. (...)
Frankreich
"Le Figaro": Verlängerung des 16-jährigen Merkelismus
Die schwierige Suche nach Kompromissen zwischen ideologisch entfernten Positionen verspricht Deutschland eine moderate Koalition in Verlängerung des 16-jährigen "Merkelismus" - einer Methode, die Wogen zu glätten und die wirtschaftlichen Interessen des Landes weitestgehend vor Erschütterungen in der Welt zu beschützen.
"Le Parisien": Kein radikaler Politikwechsel
Der Sozialdemokrat
"Libération": Moralische Aufrichtigkeit der Deutschen
Die schallende Ohrfeige war aber für die Erben (der Bundeskanzlerin) Angela Merkels reserviert. (...) Wer in Frankreich versucht ist, darin einen Fehler der Kanzlerin zu sehen, sei eingeladen, das jämmerliche Ergebnis der extremen Rechten zu bedenken, die trotz des populistischen und xenophoben Schubs überall im Westen nur auf zehn Prozent kommt. Das ist ein Zeichen politischer, sozialer und moralischer Aufrichtigkeit der Deutschen, und unsere politische Klasse täte gut daran, das mit grosser Demut zur Kenntnis zu nehmen.
"DNA": Lindner spielt den Schiedsrichter
Letztendlich sind die Grünen die grossen Sieger, die trotz ihres durchwachsenen Ergebnisses die dritte Kraft des Landes darstellen, aber vor allem auch die FDP von
Italien
"La Repubblica": Wie soll man eine Mutter austauschen?
Wie soll man bloss eine Mutter austauschen? Die deutschen Wähler wissen es nicht und haben deshalb keinen Hinweis gegeben, wer sich auf Angela Merkels Stuhl setzen soll. Und Deutschland steht am Ende eines Wahlsonntags ohne Kanzler da.
"La Stampa": Jetzt geht es auf den Polit-Basar
Die Deutschen haben entschieden, sich nicht für einen Nachfolger von Angela Merkel festzulegen. (...) Nach den Wahlen geht es jetzt auf den politischen Basar. Im stabilen Deutschland wird das noch eine Lernstunde der Demokratie.
"Corriere della Sera": Mühlstein Laschet
Mehr noch als eine Wahl war das eine Revolution. Deutschland hat gewählt und die Ära Merkel mit dem aussergewöhnlichsten und problematischsten Wahlergebnis seiner demokratischen Geschichte hinter sich gelassen. (...)
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Spanien
"El País": Neue Parteienlandschaft
Deutschland steht vor einer neuen Parteienlandschaft. Die Ära der Parteien, die 30 oder 35 Prozent der Stimmen erhielten und es sich leisten konnten, mit einem einzigen Partner zu regieren, ist vorbei. Die Auffächerung der Stimmen bei dieser Wahl hat eine ungewöhnliche Situation geschaffen, in der zwei Parteien bei 25 Prozent liegen und drei weitere sich zwischen 10 und 15 Prozent bewegen. Lässt man die rechtsextreme AfD, mit der sich niemand einlassen will, aus der Gleichung heraus, dann sind zwei gar nicht mehr so kleine Parteien entscheidend für die Bildung der nächsten Regierung. Die Grünen und die Liberalen der FDP halten den Schlüssel bei der Entscheidung, ob der nächste Kanzler Olaf Scholz oder Armin Laschet heisst.
"El Mundo": Grüne und Liberale entscheiden
Die erste Regierung der Ära nach Angela Merkel wird von den Parteien bestimmt werden, die bei der gestrigen Parlamentswahl in Deutschland den dritten und vierten Platz belegt haben. Das Recht auf Regierungsbildung kann niemand beanspruchen, aber es werden die Grünen und die Liberalen der FDP sein, die entscheiden, wer ins Kanzleramt einzieht: entweder die SPD mit ihrem knappen Sieg oder der konservative Block der Christlich-Demokratischen Union. Die Zeiten der grossen Koalition sind vorbei, jetzt wird der Tango zu dritt getanzt.
"La Vanguardia": Komplizierte Verhandlungen
Die Wahlen haben eine komplizierte politische Landschaft geschaffen und es ist unklar, wer und mit welchen Partnern das Land regieren wird, obwohl die SPD am besten aufgestellt ist. Die Koalitionsverhandlungen könnten langwierig und kompliziert werden. (...) Die Union (...) ist zweifellos der grosse Verlierer. Auch ihr Kandidat Armin Laschet will Kanzler werden. Auch das geht nur mit den Grünen und den Liberalen. Von der Zusammensetzung einer künftigen Dreierkoalition wird abhängen, ob Deutschland weiter auf eine Politik der Mitte setzt oder sich nach links bewegt.
Österreich
"Der Standard": Europa braucht starken Bundeskanzler
In der Theorie ist der nächste deutsche Kanzler so schwach wie kein anderer vor ihm, da seine Macht von nun gleich zwei Partnern abhängt. In der Praxis kommt es daher auf sein Geschick an, sich eine starke Position zu sichern. Gerade jetzt, da die USA alte Allianzen überdenken und die EU feststellt, dass die Amerikaner nicht mehr für Europas Interessen in die Bresche springen, braucht Europa einen starken deutschen Kanzler.
"Kronen Zeitung": Scholz als neue Merkel
Olaf Scholz hat sich als "neue Merkel" gegeben, als jener Kandidat, der den Deutschen am ehesten das erhalten kann, was sie jetzt fast 16 Jahre lang hatten: keine grossen Aufregungen und vor allem Stabilität.
"Die Presse": Konsensfähigkeit gesucht
Neue Impulse wären am ehesten von den Grünen und der FDP zu erwarten. Doch inhaltlich ziehen die beiden bisherigen Oppositionsparteien in unterschiedliche Richtungen. Spannt man sie zusammen, kann Energie entstehen - oder auch Chaos. Von ihrer Konsensfähigkeit könnte abhängen, ob Deutschland vorankommt.
"Kurier": Scholz mit Regierungsbonus
Die Deutschen wünschen einen Wechsel - und gleichzeitig auch nicht. Denn Olaf Scholz hatte als einziger der wenig glamourösen Kandidaten einen bundespolitischen "Regierungsbonus".
Schweiz
"Neue Zürcher Zeitung": Union "wundregiert"
Schon vor vier Jahren war klar, dass sich die Union "wundregiert" hatte. Ein Reformprozess, der mit dem Rücktritt von Angela Merkel als CDU-Vorsitzender im Frühjahr 2018 eingeleitet wurde, blieb zwischen Institutionen und innerparteilichen Interessen stecken.
"Blick": Der Fels Merkel bewegt sich nicht
Die diesjährige Wahl wird unter einem anderen Titel in die Geschichte eingehen: als Schlappe für Angela Merkel. (...) Sie regierte zwar als Fels in der Brandung und konnte auch international immer wieder die Wogen glätten. Aber: Ein Fels bewegt sich nicht. Viele Projekte blieben unter Merkel auf der Strecke.
"Tages-Anzeiger": Neue Unübersichtlichkeit
Einfach wird es nicht, aber dem exzellenten Verhandler Scholz ist es zuzutrauen, FDP und Grüne von einer neuartigen Mitte-Koalition zu überzeugen. (...) Deutschland nähert sich der parlamentarischen Realität in anderen europäischen Demokratien an: Siege mit 25 Prozent der Stimmen, dahinter mehrere mittelgrosse Parteien, die immer buntere Koalitionen bilden. Deutschland muss sich an diese Unübersichtlichkeit erst gewöhnen.
Russland
"Rossijskaja": Politisches Ringen ist nicht vorbei
Zwei Kanzlerkandidaten auf einmal – Olaf Scholz von der SPD und Armin Laschet von der CDU – traten triumphierend vor ihre Anhänger und bekundeten ihre Bereitschaft, die künftige Regierung zu führen. Bisher gibt es kaum Zweifel an einem Punkt: Deutschland wird eine Dreier-Koalition auf Bundesebene erhalten. Tatsächlich steht der wichtigste politische Kampf erst noch bevor. (...) Und viele Experten glauben, dass es wirklich früh ist, Laschet abzuschreiben. Zugleich erklärte der sozialdemokratische Kandidat selbstbewusst: "Die Bürger wollen, dass der neue Kanzler Olaf Scholz heisst."
Belgien
"De Standaard": Der Kanzler muss besser sein als Merkel
Der nächste Bundeskanzler muss (...) noch besser sein als Angela Merkel - aus dem einfachen Grund, dass an seinem ersten Arbeitstag jede Menge drängende und vernachlässigte Aufgaben auf dem Schreibtisch liegen werden. Dabei wird auch eine weniger schöne Seite Merkels sichtbar: Zwar hat "Mutti" mit ihren grossen Qualitäten viele Probleme gelöst, doch Fragen, die ihr zu knifflig erschienen, hat sie geräuschlos ihrem Nachfolger und künftigen Generationen zugeschoben.
"De Tijd": Deutschland gerät in eine instabile Phase
Da Angela Merkel jetzt nicht mehr dabei ist, gerät auch Deutschland in eine instabile Phase. Es wird ein Neustart gebraucht, der eine neue Stabilität ermöglicht. Das ist eine schwierige Aufgabe, denn die Wähler in Deutschland scheinen ebenso launenhaft geworden zu sein wie jene im Rest Europas. Eine baldige Koalitionsbildung in Deutschland - mit welchen Farben auch immer - wäre für Europa das beste Zeichen für Sicherheit. Doch für die angestrebte Stabilität gibt es keine Garantie. Auch in Deutschland scheint der Konsens verloren gegangen zu sein. Und das ist keine gute Nachricht - weder für Deutschland, noch für den Rest Europas.
Ungarn
"444.hu": Demokratieleugner in Ex-DDR
Jene Parteien, die die liberale Demokratie systematisch verleugnen, sind auf dem Gebiet der ehemaligen DDR sehr beliebt. Die Linke und die AfD sammeln dort die meisten Stimmen ein, und in den betreffenden Ländern bleiben diese Parteien weiterhin bestimmende Kräfte. Dies zeigt sehr gut, dass die ehemalige DDR jener Welt mehr ähnelt, die einst hinter dem Eisernen Vorhang lag, als der westdeutschen.
Niederlande
"De Telegraaf": Nächster Kanzler wird schwächer sein
Der nächste Regierungschef in Berlin wird ein schwächerer Kanzler sein. Dies ist eine schlechte Nachricht für die Europäische Union, in der Deutschland mit Blick auf Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft führend in einer unruhigen Welt sein muss. Der neue deutsche Bundeskanzler wird wohl eher ein "primus inter pares" sein - der Erste unter Gleichen, wie das beim Ministerpräsidenten in den Niederlanden der Fall ist. Dem steht jemand wie Emmanuel Macron gegenüber, der als französischer Präsident über weitreichende Macht verfügt.
Slowakei
"Sme": Deutschland bleibt stabil, und das ist gut
Egal ob ein Sozial- oder Christdemokrat nächster deutscher Kanzler wird (...): Deutschland wird weiterhin eine stabile Demokratie sein, in der der gesunde Menschenverstand die Hauptrolle in der Politik spielen wird und populistische Parteien am Rand bleiben und wo man pragmatische Lösungen suchen wird. Es lässt sich darüber diskutieren, wie sich das Land nach 16-jähriger Kanzlerschaft Merkels entwickeln wird. Die Vorstellung kann uns mehr oder weniger gefallen, aber das Ergebnis wird immer sein, dass Deutschland das schafft und ein stabiler, konstruktiver Teil der Europäischen Union sein wird. (...) Das ist vielleicht langweilig, aber es ist gut.
Tschechien
"Hospodarske noviny": Merkel könnte Kohl-Rekord brechen
Das Wahlergebnis gibt keine klar definierte Koalition vor, sondern deutet auf monatelange Gespräche hin. Zuallererst dürfte davon die scheidende Kanzlerin Angela Merkel profitieren. Wenn sie bis Jahresende im Amt bleibt, kann sie den bisherigen Rekord
Norwegen
"Verdens Gang": Absturz der Christdemokraten
Es ist eine historisch schlechte Wahl für die Christdemokraten. Angela Merkel ist viele Jahre lang deutlich beliebter als ihre eigene Partei gewesen. Als sie keine erneute Wiederwahl als Kanzlerin anstrebte, fanden viele ihrer Wähler andere Alternativen als die Christdemokraten.
Australien
"The Age": Wenig Begeisterung für die Kanzlerkandidaten
Deutschland steht vor wochenlangen, wenn nicht monatelangen Verhandlungen über die Nachfolge von Angela Merkel als Kanzlerin. Es war eine knappe Wahl, bei der die Wähler wenig Begeisterung für die Kandidaten gezeigt haben, die um die Führung der grössten Volkswirtschaft Europas kämpfen. Merkel, die in ihrer 16-jährigen Amtszeit als Königin von Europa und mächtigste Frau der Welt bezeichnet wurde, wird bis zur Bildung einer neuen Koalition an der Macht bleiben. (...) Aber letztlich wird keine der grossen Parteien mit ihrem Ergebnis zufrieden sein.
Dänemark
"Politiken": Deutschland muss beim Klima Ernst machen
Die mit Abstand grösste Aufgabe der nächsten Regierung ist es, Deutschland viel weiter in den Klimakampf hineinzubringen, als es jetzt ist. Das ist nicht nur für Deutschland entscheidend, sondern für die ganze EU. Als grösstes Land und dominierende Wirtschaft der Union ist Deutschland entscheidend dafür, dass die EU bei ihrer grünen Umstellung in den kommenden Jahren ins Ziel kommt - nicht nur direkt durch seine eigenen Emissionen, sondern grossteils auch als tonabgebendes politisches Machtzentrum. Die Grünen haben nicht die Wahl bekommen, von der sie geträumt haben. Aber die Wahl ist zu einer Klimawahl geworden. (mm/szu/dpa)
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