• Mit dem Jahr 2021 wurde der Sprit an den Tankstellen deutlich teurer.
  • Unter anderem liegt das am CO2-Preis - aber wie stark soll er für mehr Klimaschutz steigen und welche Folgen hat das?
  • Millionen Autofahrer sind auch Millionen Wähler.

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Wenige Monate vor der Bundestagswahl ist im "Autoland" Deutschland ein heftiger Streit um die künftigen Preise an der Zapfsäule ausgebrochen.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sprach sich gegen weiter steigende Benzinpreise aus. "Wer jetzt einfach immer weiter an der Spritpreisschraube dreht, der zeigt, wie egal ihm die Nöte der Bürgerinnen und Bürger sind", sagte Scholz der "Bild" (Donnerstag). Ein immer höherer CO2-Preis sorge "nicht für mehr Klimaschutz, sondern nur für mehr Frust".

Baerbock für Benzinpreis-Erhöhung von insgesamt 16 Cent

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock war zuvor für eine Benzinpreis-Erhöhung von insgesamt 16 Cent eingetreten - gemäss dem Programmentwurf ihrer Partei. Ein Teil davon sei schon erfolgt: "6 Cent Preiserhöhung gab es jetzt zum Jahresbeginn, weil erstmalig auch ein CO2-Preis auf Benzin eingeführt worden ist. Wir sagen, dass das schrittweise weiter angehoben werden muss auf die 16 Cent, die (ihr Co-Vorsitzender) Robert Habeck erwähnt hat", hatte die designierte Kanzlerkandidatin am Sonntagabend "Bild" gesagt.

Dafür wurde sie bereits von mehreren Seiten kritisiert, unter anderem von den Linken. CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sagte der "Bild": "Es geht nicht, dass die Preise immer weiter nach oben gehen."

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter konterte: "Union und SPD haben gerade ein höheres Klimaziel beschlossen, verweigern aber die Umsetzung ihrer Beschlüsse. Jetzt zünden Scholz, Scheuer und Co. die nächste Stufe der Unredlichkeit. Obwohl sie selber einen ansteigenden CO2-Preis beschlossen haben, starten sie eine populistische Benzinwutkampagne."

Antje von Broock, Geschäftsführerin des Umweltverbandes BUND, kommentierte: "Teile der Bundesregierung argumentieren gerade gegen ihre eigenen Beschlüsse, die sie erst kürzlich mit einer Neuauflage des Klimaschutzgesetzes bekräftigt haben."

Kampf gegen den Klimawandel mit CO2-Bepreisung

Hintergrund: Die schwarz-rote Bundesregierung mit den Ministern Scholz und Scheuer hatte als zentrale Massnahme im Kampf gegen den Klimawandel eine CO2-Bepreisung auch im Verkehr und bei Gebäuden eingeführt. Zu Jahresbeginn startete ein fixer CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne.

Das Ziel ist es, fossile Brenn- und Kraftstoffe weniger attraktiv zu machen und zum Umstieg auf klimafreundlichere Alternativen anzuregen. Der CO2-Preis bedeutet: Sprit, Heizöl und Erdgas werden teurer - auch um die Frage, ob Mieter oder Vermieter den Heizkostenaufschlag zahlen, gibt es gerade Streit.

Die Bundesregierung hat den Aufschlag auch konkret benannt. Wie es etwa im Januar in der Antwort der Bundesregierung auf eine FDP-Anfrage hiess, bedeutet ein CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne einen Aufschlag von 7 Cent pro Liter Benzin und von 7,9 Cent pro Liter Diesel.

Nach den bisherigen Planungen soll der CO2-Preis bis zum Jahr 2025 auf 55 Euro steigen. Laut den Berechnungen würde das einen Aufschlag bedeuten beim Liter Benzin von mindestens 15,5 Cent und beim Liter Diesel von mindestens 17,4 Cent.

Bundesregierung will Klimaziele anheben - aber wie sollen die erreicht werden?

Hier setzt nun aber die aktuelle Debatte an. Als Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, einschneidende Schritte zur Senkung des CO2-Austosses nicht zu Lasten der jungen Generation auf die lange Bank zu schieben, will die Bundesregierung die Klimaziele anheben.

Nur: Wie soll das konkret erreicht werden? Soll der CO2-Preise schneller stärker steigen? Dafür gibt es etwa in der Union viele Sympathisanten, weil der Emissionshandel ein marktwirtschaftliches Instrument sei - richtig greifen soll dieses ab 2026.

Das Thema CO2-Preis spielt auch eine Rolle bei laufenden Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung um einen "Klimapakt" mit einem Sofortprogramm über acht Milliarden Euro. Das Finanzministerium von Scholz allerdings will an dem vereinbarten Pfad für den CO2-Preis festhalten. Das geht aus einem Entwurf hervor, der nun in die Ressortabstimmung ging.

Grüne: Jeder soll "Energiegeld" erhalten

Die Grünen haben ihre Karten offen auf den Tisch gelegt: Der CO2-Preis soll schneller steigen - und damit der Sprit schneller teurer werden. Im Entwurf des Grünen-Wahlprogramms heisst es, der CO2-Preis solle bereits im Jahr 2023 auf 60 Euro steigen.

Damit Klimaschutz sozial gerecht sei, sollten die staatlichen Einnahmen aus dem CO2-Preis an die Bürger zurückgeben werden. Dazu streben die Grünen neben der Senkung der EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms ein "Energiegeld" an, das jeder Bürger erhalten soll.

Auch die Bundesregierung hatte im Zuge der CO2-Bepreisung bereits Entlastungen beschlossen: die EEG-Umlage sank mit Milliardenmitteln aus dem Bundesetat, ausserdem gibt es Entlastungen bei der Pendlerpauschale für Arbeitnehmer mit längeren Fahrwegen.

Millionen Autofahrerinnen und -fahrer sind Wählerinnen und Wähler

Millionen von Autofahrern und Pendlern sind aber auch Wähler. Und seit Jahresbeginn sind die Kraftstoffpreise deutlich geklettert. Einer ADAC-Auflistung zufolge stieg der monatliche Durchschnittspreis für einen Liter Diesel von 123,3 Cent im Januar auf 133,1 Cent im Mai, beim Liter Super E10 ging es im selben Zeitraum von 135,1 Cent auf 148,3 Cent nach oben.

Das teuerste Jahr für Autofahrer war demnach aber 2012: Fast 1,60 Euro für einen Liter Benzin und rund 1,48 Euro für einen Liter Diesel musste im Jahresdurchschnitt gezahlt werden.

Wie viel Diesel und Benzin an den Tankstellen kosten, das hängt auch stark von den Rohölpreisen ab. Und obwohl zwischen den Lagerstätten der Ölförderländer wie Russland, Norwegen, den USA und Saudi-Arabien und der heimischen Tankstelle noch ein langer Verarbeitungsprozess steht, schlagen steigende Rohölpreise relativ schnell auf die Spritpreise durch - aktuell liegen die Ölpreise auf dem höchsten Stand seit mehreren Jahren.  © dpa

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