- Beim dritten und abschliessenden Triell vor der Bundestagswahl auf ProSieben, Sat.1 und Kabel1 diskutieren Annalena Baerbock, Armin Laschet und Olaf Scholz am Sonntagabend erneut über unterschiedliche Themen.
- Auffällig ist, dass sich die Grünen-Kandidatin Baerbock und der SPD-Kandidat Scholz gegen den CDU-Kandidaten Laschet verbünden.
- Themen wie der Pflegenotstand oder die Digitalisierung werden ausführlicher besprochen als zuletzt, Aussenpolitik wird wieder nicht thematisiert. Im Gegensatz zu den beiden ersten Triellen wird das Format immer wieder durch Einspielfilme aufgelockert, in denen Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen.
Erst RTL, dann die Öffentlich-Rechtlichen, nun ProSiebenSat.1. Am Sonntagabend fand das dritte Triell zur Bundestagswahl am 26. September statt. Die Frage, wer denn nun Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler wird, ist nach der Sendung genauso offen, wie die, ob tatsächlich drei Trielle nötig sind.
Schon im Vorfeld hatten angesichts des Überangebots von Politik-Talkshows viele Zuschauerinnen und Zuschauer eine gewisse Triell-Müdigkeit geäussert. Und auch
Vieles, was am Sonntag diskutiert und besprochen wurde, hatte man tatsächlich auch bereits in den ersten beiden Triellen gehört. Aber es gab auch ein einige neue Themen, Erkenntnisse und Elemente in der Show. Das Triell in der Analyse.
Letztes TV-Triell: Diese Themen waren neu
Ein kleines Studio, fünf Pulte, zwei Moderatorinnen. Vom Aufbau her glich das ProSiebenSat.1-Triell den anderen beiden exakt, der im Münchner Vorort Unterföhring beheimatete Sender setzte aber immer wieder auf Einspielfilme, die die 90minütige Show deutlich auflockerten. Hier kamen Bürgerinnen und Bürger zu Wort, von der Almbäuerin ohne funktionierendes Internet über eine Impfgegnerin bis hin zur alleinerziehenden Mutter mit zwei Jobs.
In einem dieser Einspieler wurde die Ansprache der Pflegekräfte Franziska Böhler und Alexander Jorde beim Deutschen Fernsehpreis gezeigt, die den Pflegenotstand in Deutschland angeprangert hatten. Dieses Thema wurde bislang noch nicht besprochen, im Anschluss wurde lebhaft über die Situation der Pflege in Deutschland diskutiert. Auch das Thema Digitalisierung wurde deutlich ausführlicher behandelt.
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So haben sich Baerbock, Laschet und Scholz geschlagen
Am Sonntagabend war Annalena Baerbock von Beginn an im Angriffsmodus. Die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen lieferte sich vor allem mit Laschet heftige Rededuelle. "Ich frage mich, was mit Ihnen los ist", sagte Baerbock in Richtung des Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, als dieser sich gegen ein Verbot von Verbrennungsmotoren starkmachte. Laschets Argumente seien "Jahrzehnte von der Realität entfernt", schob Baerbock hinter.
Die 40-Jährige konnte erneut ihre Stärken bei den Themen Familie, Klima und soziale Politik ausspielen, einmal sprach sie die Zuschauerinnen und Zuschauer direkt in die Kamera an.
Armin Laschet hingegen war deutlich ruhiger als beim letzten Triell und verzichtete weitgehend auf persönliche Angriffe. Der 60-Jährige war sehr bemüht, die Ziele der CDU zu verdeutlichen, die von der SPD und den Grünen abweichen.
Er wolle keinen Mindestlohn politisch festlegen, erklärte Laschet, sondern lieber die Gewerkschaften dazuholen. Auch beim Klimaschutz will der Spitzenkandidat der CDU nicht zu stark eingreifen, sondern lieber auf die Innovationskraft der Industrie und Unternehmen setzen. Seine Stärken konnte Laschet beim Thema innere Sicherheit ausspielen. "Bei denen, die den Staat missbrauchen, muss man konsequent abschieben", sagte er.
Glück hatte am Sonntagabend
Nur beim Thema Mindestlohn schaltete Scholz mal kurz in den Angriff und attackierte Laschet, der sich dem Zwölf-Euro-Ziel von Scholz und Baerbock nicht anschliessen wollte. "Mir geht es um die Würde der Bürgerinnen und Bürger. Das ist vielleicht der Unterschied zwischen Ihnen und mir", stichelte Scholz.
Das war auffällig
In der Bundesregierung sind CDU und SPD noch in der grossen Koalition gemeinsam an der Macht, am Sonntag bildete sich jedoch ein rot-grünes Bündnis gegen Laschet. Baerbock und Scholz vertraten häufig die gleichen Positionen, beispielsweise bei der Frage nach Mindestlohn oder Hartz IV. "Am liebsten würde ich mit den Grünen regieren", sagte Scholz dann auch am Ende.
Auch Baerbock erklärte, ein idealerweise von den Grünen geführtes Bündnis mit der SPD zu bevorzugen. Einig waren sich Baerbock und Scholz auch darin, was mit der Union nach der Wahl passieren solle. Man habe gesehen, dass die CDU für eine Politik von gestern stehe, sagte Baerbock. "Ich glaube, dass die meisten Wählerinnen und Wählern sich wünschen, dass die CDU/CSU in der Opposition ist", ergänzte Scholz.
Das war nicht gut beim dritten TV-Triell
Auch im dritten Triell wurde nicht über Aussenpolitik gesprochen, über die künftige Rolle Deutschlands in Europa und der Welt. Stattdessen gab es bei den Themen Corona und Steuern viele Wiederholungen. Die Einstiegsstatements von Baerbock, Laschet und Scholz glichen zu grossen Teilen den Abschlussstatements des letzten Triells.
Den Kandidierenden kann man dafür keinen Vorwurf machen, schliesslich können sie sich ja nicht jede Woche ein neues Wahlkampf-Programm überlegen. Wer sich tatsächlich alle drei Triells angeschaut hat, musste auf jeden Fall ziemlich viele Aussagen mehrfach hören. Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, dass sich die Sender künftig absprechen und Themenschwerpunkte aufteilen? Dann könnten diese Themen ausführlicher besprochen werden und jedes Rededuell hätte ein Alleinstellungsmerkmal.
So schlugen sich die Moderatorinnen bei ProSieben und Sat.1
Sat.1-Moderatorin Claudia von Brauchitsch unterlief zu Beginn ein Patzer, als Baerbock die deutlich kürzeste Redezeit hatte, aber von der Moderatorin aufgefordert wurde, sich kürzer zu fassen. Später bemerkte von Brauchitsch ihren Fehler und entschuldigte sich.
Für ein Highlight sorgte ProSieben-Moderatorin Linda Zervakis, die ein Micky-Maus-Heft von 1993 mitgebracht hatte, in dem bereits vor den Folgen des Klimawandels gewarnt wurde. Ansonsten hatten die beiden Talkmasterinnen einen recht entspannten Abend und konnten sich meist auf die Rolle der Stichwortgeberinnen beschränken.
Fazit
Am Sonntag wurde ruhiger und verbindlicher über Politik gesprochen, als das zuletzt bei ARD und ZDF der Fall war. Die Show war auch deshalb etwas kurzweiliger und entspannter, weil sie immer wieder von Einspielern aufgelockert wurde. Wie schon in den beiden Triellen zuvor gelang keinem Kandidaten ein echter Coup, genauso wie niemand entscheidend patzte.
Und so war das Umfrage-Ergebnis nach der Show auch ganz ähnlich zu den letzten beiden Triellen: 42 Prozent stimmten für Scholz, 27 Prozent für Laschet und 25 Prozent für Baerbock. Drei Trielle mit insgesamt 270 Minuten Redezeit liegen nun hinter uns, wenn man den Umfrageergebnissen glaubt, scheinen sie nicht wirklich Einfluss auf die Beliebtheit der Kandidierenden gehabt zu haben.
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