Die vielversprechenden und zupackenden Slogans auf den Werbeplakaten gehören in Wahljahren dazu und prägen das Stadtbild. Häufig wäre alleine an der wohlklingenden Phrase nicht einmal zu erkennen, welche Partei hinter dem Spruch steht. Ohne Parteilogo und Prominenten-Foto könnte man da sehr irren.

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Die Wahlslogans sollen Sympathie für den Kandidaten und die Partei wecken, die Wähler emotional ansprechen, Vertrauen schaffen und nicht zuletzt auch zeigen, welche Themen eine Partei in den Mittelpunkt gestellt hat. Es geht darum, dem Betrachter die Wahlentscheidung zu erleichtern und mit einem Lächeln den Weg zum richtigen Kreuz zu weisen.

Wie gross der Einfluss der Werbung auf das Wahlergebnis tatsächlich ist, kann nur schwer gemessen werden. Generell hat aber jede zugelassene Partei das Recht, sich öffentlich zu präsentieren - vom Flyer über die Plakatwerbung bis zum TV-Spot. Der Gesetzgeber will so eine gewisse Chancengleichheit garantieren. Schliesslich geht es bei der Werbebotschaft um politische Kern-Aussagen, nicht um Kosmetika oder Hundefutter.

Wir haben einige Slogans der Bundestagsparteien aus den vergangenen Jahren zusammengetragen. Der eine oder andere ist vielleicht im Gedächtnis geblieben, gerade im Zusammenhang mit dem gewählten Bildmotiv. Denn schon lange stehen meist Personen im Blickpunkt, weniger die Sachthemen. Und wie formulierte Loriot so trefflich? "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen."

SPD - 150 Jahre Geschichte

Die SPD, gegründet vor 150 Jahren, ist die mit Abstand älteste Partei im Bundestag. Sicher tritt man ihr nicht zu nahe, wenn man feststellt: Es hat bessere Zeiten für die deutsche Sozialdemokratie gegeben. Zum Dauerdilemma um den Spitzenkandidaten und die schlechten Umfragewerte gesellte sich 2013 schliesslich noch ein Slogan-Eklat. Denn der markige Spruch "Das Wir entscheidet" wird bereits seit 2007 von einer Leiharbeitsfirma aus Baden-Württemberg benutzt - ein Thema, dem SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück nicht gerade huldigt.

1969 war es der SPD mit dem Slogan "Wir schaffen das moderne Deutschland" das erste Mal gelungen, an die Macht zu kommen und den Bundeskanzler zu stellen. 1965 hatte es noch geheissen: "Die Zeit ist reif für eine Wachablösung". Drei Jahre später dann gab man sich stürmisch "Wer morgen sicher leben will, muss heute für Reformen kämpfen".

Viel Wert wird auf die Tradition als Arbeiterpartei gelegt, es geht zentral um Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Solidarität. Schon 2002 plakatierte man "Anpacken statt Schlechtreden". 2009 lautete der Schlachtruf "Anpacken. Für unser Land." und "Deutschland hat eine Alternative!" Dem ist schwer etwas entgegenzusetzen.

CDU - meistgewählte Partei Deutschlands

Die CDU, 1950 als Bundespartei gegründet, konnte die meisten deutschen Wahlen für sich entscheiden. Ein berühmter Slogan im Bundestagswahlkampf 1957 unter Konrad Adenauer war "Keine Experimente", ein Aufruf an die Wählerschaft, für die in der Nachkriegszeit so erfolgreiche Partei des Wirtschaftswunders zu stimmen. Ein Votum für die SPD, die mit dem Austritt aus NATO und Warschauer Pakt die Wiedervereinigung von BRD und DDR voranbringen wollte, hätte damals möglicherweise ein anderes Deutschland gebracht.

Das Wahlergebnis war sehr überzeugend, CDU und CSU erreichten die absolute Mehrheit. 1961 wurde dann mit "Auch morgen keine Experimente" nachgelegt. Reichlich 50 Jahre später erlebte der Slogan eine ironische Wiedergeburt, als 2011 ein Berliner Direktkandidat der Piratenpartei ihn auf seinem Plakat verwendete.

1972, in der Zeit von Kanzler Willy Brandt, schrieb man "Wir bauen den Fortschritt auf Stabilität" und vier Jahre später wurde der wertkonservative Standpunkt kämpferischer: "Komm aus Deiner linken Ecke - CDU: sicher, sozial und frei".

Wiederum dreissig Jahre danach, 2002 während der Schröder-Regierung, gab man sich aufgeschlossen: "Im Osten was Neues" stand neben "Ein menschliches Deutschland gestalten" oder "Arbeit und Wohlstand für alle".

Von 2009 ist das Plakat der tiefdekolletierten Vera Lengsfeld, frühere DDR-Bürgerrechtlerin und Direktkandidatin im Berliner Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg neben der ebenfalls offenherzigen Kanzlerin. Lengsfeld verwendete dabei ein Foto Angela Merkels von der Eröffnung der Osloer Oper, wo diese mit ihrer Garderobe für Aufsehen gesorgt hatte.

CSU - nicht nur in Bayern ein Schwergewicht

Die bayerische Schwesterpartei CSU bildet mit der CDU eine gemeinsame Bundestagsfraktion. Die grosse historische Figur der seit 1945 bestehenden Partei ist Franz Josef Strauss, der sich im vielen Wahlslogans findet: "Auf Strauss vertrauen - Strauss wählen" (1976) oder "Damit ein Bayer Kanzler wird" und "Franz Josef Strauss - Kanzler für Frieden und Freiheit" (1980).

Getreu dem Deutschlandlied und wenig kreativ hatte man sich 1987 "Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland - CSU. Konsequent für Deutschland" als Spruch gewählt. 1990 nach der Wiedervereinigung hiess es "Deutschland braucht Freiheit statt Sozialismus", und vier Jahre später wird ordentlich ausgeteilt: "Karl Marx: Ich komme wieder! Über Sachsen-Anhalt. Dank SPD & PDS", "Keine Macht den PDS-Kommunisten. Beide Stimmen für die CSU" oder "Leistung statt roter Sprüche".

Die CSU-Slogans zeigen häufig die Tendenz, damit zu kokettieren und zu werben, dass die politischen Gegner schlechtgemacht werden. Wie bei dem roten Plakat von 2002 "Schröder gibt mit ruhiger Hand die Richtung vor" (im Bild), das nur nur als Diffamierung verstanden werden kann.

FDP - am längsten mit an der Regierung

Die FDP sieht ihre politischen Anfänge im deutschen Vormärz von 1848 - einhundert Jahre später wurde sie als Partei gegründet. Die in der DDR agierenden sogenannten Blockparteien LDPD, NDPD, die Deutsche Forumpartei und die ostdeutsche FDP-Variante gingen 1990 in ihr auf.

Die Liberalen waren in ihrer bundesdeutschen Geschichte so oft der kleinere Koalitionspartner, dass sie damit länger als alle anderen Parteien Regierungsgewalt besassen.

1949 begann es mit dem Wahlslogan "Deutschland darf nicht sozialistisch werden", 1953 wurde mit "Wählt die FDP, dann wählt ihr Deutschland" und "Für Deutschland in Liebe und Treue" darauf aufgebaut. "Lasst Euch nicht auf den Arm nehmen! Deshalb FDP - Auf die kommt's an." - so sprach man den Bürgern vier Jahre später ins Gewissen und packte 1965 noch eins drauf: "Neue Wege wagen, darum FDP." Mit dem Spruch "Nie wieder Alleinherrschaft einer Partei! FDP - nötiger denn je.", wird nicht nur warnend an die deutsche Historie erinnert, man hat sich mit der Rolle als kleiner Partner auch bestens arrangiert.

1969 postulierte man "Wir schaffen die alten Zöpfe ab" - und die FDP rutsche in ihre erste sozialliberale Koalition. Einprägsame FDP-Parolen waren auch "Deutschland braucht eine starke Mitte" oder "Vorfahrt für die Vernunft - FDP". Das Plakat mit den drei starken FDP-Köpfen Möllemann, Lambsdorff und Genscher ist von 1994.

Vor elf Jahren hiess es 2002 etwa "Mehr Netto. Mehr Bildung. Mehr Arbeit", "Es ist ihr Land, es ist ihre Wahl" oder "Unentbehrlich ehrlich". 2009, den Mittelstands-Wähler im Blick, gab man wieder das Motto "Die Mitte stärken" aus und formulierte "Deutschland kann es besser".

Die Grünen - ihren Kernthemen treu

Bündnis 90/Die Grünen haben sich 1980 als ein Ergebnis der Antiatomkraft- und der Umweltbewegung gegründet. Zuerst nur in der damaligen BRD aktiv, kam es 1993 zur Fusion mit dem "Bündnis 90" der DDR-Bürgerbewegung. Als Umweltpartei bleiben sie ihren grundlegenden Themen treu und haben für 2013 den Wahlspruch "Zeit für den grünen Wandel" gesetzt.

1987 hiess es beispielsweise "Farbe bekennen" und 1990 "Alle reden von Deutschland. Wir reden vom Wetter. Für ein besseres Klima". Grüne Themen wie Atomausstieg, Klimawandel, Umweltpolitik im weitesten Sinne, ein Nein zur Gen-Landwirtschaft, daneben Frauen- und Arbeitsmarktpolitik kehren immer wieder. Eines der Schlüsselwörter, das stets mitschwingt, lautet Nachhaltigkeit.

1987 hatte man gejubelt "Grün bricht durch" und 1994 mit leicht erhobenem Zeigefinger das gesellschaftliche Ideal erklärt: "Solidarität statt Ellenbogen - Nur mit uns".

2009 war man sich sicher gewesen, "Aus der Krise hilft nur Grün", dazu wurden zündende Sprüche wie "Bio, Baby", "Es geht ums Ganze" oder "Frauen nach oben" gestellt. Andere grüne Parolen lauteten "Brüder durch Sonne zur Arbeit", "Die Hälfte der Macht den Männern!", "Bunte Republik Deutschland" oder "Wähle grün und Du musst nicht zum Bund."

Joschka Fischer, oben auf einem Plakat von 2002, war von 1998 bis 2005 grüner Aussenminister und Vizekanzler unter Gerhard Schröder. Nach 16 Jahren hatte man Helmut Kohl entthront und die erste rot-grüne Koalition auf Bundesebene geschaffen.

Die Linke - 2009 überraschend erfolgreich

Die Linke - jüngste der vorgestellten Parteien - erlebte bei der Bundestagswahl 2009 einen überraschenden Erfolg. Sie konnte knapp 12 Prozent der Zweitstimmen und dazu in fünf Ländern 16 Direktmandate gewinnen. Nicht schlecht für eine Partei, die sich erst am 16. Juni 2007 als Zusammenschluss von WASG (Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit) unter Oskar Lafontaine und Linkspartei. PDS unter Gregor Gysi gegründet hatte.

Bei der Wahl ihrer Slogans war sie nicht immer ganz glücklich. Man hatte "Reichtum für alle" plakatiert, zum Teil hing aber in unmittelbarer Nähe "Reichtum besteuern", ebenfalls ein Linken-Statement. Jede Parole für sich genommen funktioniert bestens, in direkter Nachbarschaft werfen sie Fragen auf.

"Gleicher Lohn für Frauen" und "Millionäre zur Kasse" sind sehr konsensfähige Forderungen. 2013 gehen die Linken mit dem erklärten Bekenntnis zum Euro in den Wahlkampf. Mit dem klaren Statement gegen die Abschaffung der Gemeinschaftswährung positionieren sie sich gegen den Vorschlag des ehemaligen Partei- und Fraktionsvorsitzenden Oscar Lafontaine, der sich 2009 das Wahlplakat mit Gregor Gysi geteilt hatte. Lafontaine hatte die Auflösung der Eurozone empfohlen. Beim Motto hat sich wenig geändert, es lautet "100 Prozent sozial.".

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