Das Europäische Parlament hat einen grossen Einfluss auf die Politik innerhalb der Europäischen Union (EU) und deren Mitgliedstaaten. Zudem ist es das einzige EU-Organ, dessen Abgeordnete von den Bürgerinnen und Bürgern der EU-Mitgliedstaaten gewählt werden. Dadurch hat das Europaparlament eine besondere demokratische Legitimation.
Wie setzt sich das Europaparlament zusammen?
Das Europäische Parlament – oder Europaparlament – setzt sich aus insgesamt 751 Abgeordneten aus den 28 EU-Mitgliedstaaten (Stand: Januar 2019; mit dem Vereinigten Königreich) zusammen. Eines der Mitglieder übernimmt die Funktion des Parlamentspräsidenten oder der Parlamentspräsidentin. Der offizielle Sitz ist in Strassburg. Die Ausschüsse und Fraktionen des Europäischen Parlaments tagen hingegen in Brüssel und das Generalsekretariat befindet sich in Luxemburg.
Die Zusammensetzung des Europaparlaments nach Fraktionen (nicht nach Staatsangehörigkeit) soll sicherstellen, dass Entscheidungen der Abgeordneten möglichst der eigenen politischen Richtung und Zielvorstellung folgen und so nationale Interessen in den Hintergrund rücken. Da sich die Anzahl der entsandten Abgeordneten eines Mitgliedstaates in etwa an der Bevölkerungszahl des jeweiligen Landes orientiert, könnte es andernfalls zu einem erheblichen Stimmenübergewicht einzelner grosser Staaten kommen, während kleinere Staaten unterrepräsentiert wären. Folgende Europaparteien sitzen seit der Europawahl 2014 in Fraktionen im Europaparlament:
- EVP: Christdemokraten und Konservative mit 217 Sitzen
- S&D: Sozialisten und Sozialdemokraten mit 187 Sitzen
- EKR: Konservative und Reformisten mit 75 Sitzen
- ALDE: Liberale und Zentristen mit 68 Sitzen
- Grüne/EFA: Grüne und Regionalparteien mit 52 Sitzen
- GUE/NGL: Linke und Kommunisten mit 52 Sitzen
- EFDD: EU-Skeptiker und Rechtspopulisten mit 41 Sitzen
- ENF: Rechtspopulisten und Rechtsextreme mit 37 Sitzen
- Abgeordnete ohne Fraktion mit 22 Sitzen
Wie viele Abgeordnete ein Mitgliedstaat in das Europaparlament entsendet, wird nach dem Grundsatz der degressiven Proportionalität ermittelt. Das bedeutet: Die Anzahl der Abgeordneten wird einerseits im Verhältnis zur Bevölkerungszahl eines Staates festgelegt, wodurch bevölkerungsreiche Staaten wie Deutschland mehr Sitze im Europaparlament haben als bevölkerungsarme Staaten wie Malta oder Luxemburg. Dabei nimmt die Proportionalität mit steigender Bevölkerungszahl ab (degressiv). Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass alle Mitgliedstaaten im Europaparlament in ausreichendem Masse repräsentiert sind, das Organ aber gleichzeitig nicht zu gross wird, damit es arbeitsfähig bleibt.
Diesem Umstand ist es geschuldet, dass die Wahlen zum Europaparlament laut Artikel 14 des EU-Vertrages „allgemein, unmittelbar, frei und geheim“ sind, aber nicht „gleich“. Gleiche Wahlen würden implizieren, dass jede Stimme den gleichen Stimmwert hat. Das trifft aufgrund der degressiven Proportionalität nicht zu. Während Deutschland einen Abgeordneten für rund 850.000 deutsche Bürger in das Europaparlament entsendet, kommen auf einen Abgeordneten aus Malta rund 68.000 Einwohner.
Um auch die vielfältige Parteienlandschaft kleinerer Mitgliedstaaten im Europaparlament zu berücksichtigen, ist die Mindestanzahl an entsandten Abgeordneten auf 6 pro Land festgeschrieben (Malta, Luxemburg, Estland, Zypern). Die maximale Anzahl liegt bei 96 EU-Abgeordneten (Deutschland).
Welche Funktionen hat das Europaparlament?
Das Europaparlament ist eines der Gesetzgebungsorgane der EU und hat damit eine grosse Bedeutung für die europäische Demokratie. Grundsätzlich erfüllt das Europaparlament drei Funktionen.
1. Das Europaparlament als Teil der Gesetzgebung
Gemeinsam mit dem Rat der Europäischen Union ist das Europaparlament zuständig dafür, die Gesetzesentwürfe der Europäischen Kommission zu verabschieden. Anders als der deutsche Bundestag kann das Europaparlament keine eigenen Gesetzesinitiativen einbringen. Dieses Recht obliegt allein der Europäischen Kommission. Auch Entscheidungen über internationale Abkommen mit anderen Staaten oder Staatengemeinschaften sowie Vorhaben betreffend der EU-Erweiterung benötigen zwingend die Zustimmung des Europäischen Parlaments. Darüber hinaus kann das Europaparlament – genau wie der Rat – die Kommission dazu auffordern, Gesetzesentwürfe zu erarbeiten und zur Abstimmung vorzulegen.
2. Die Kontrollfunktion des Europaparlament
Die zweite grosse Aufgabe des Europaparlaments liegt in der Kontrolle anderer EU-Organe. So muss das Parlament der Wahl des EU-Kommissionspräsidenten sowie der Zusammensetzung der Kommission zustimmen, damit diese tätig werden kann. Auch kann das Parlament einen Misstrauensantrag gegen die EU-Kommission stellen, jedoch nicht gegen einzelne Mitglieder des Gremiums. Zu den weiteren Kontrollfunktionen des Europaparlaments gehören folgende Aufgaben:
- Ausgaben der EU-Organe aus dem EU-Haushalt genehmigen
- Bericht der Kommission, des Europäischen Rates und der EZB einfordern
- Petitionen von EU-Bürgern prüfen und bearbeiten
- Untersuchungsausschüsse einrichten
- Wahlbeobachtung
3. Planung und Genehmigung des EU-Haushalts
Gemeinsam mit dem Rat der Europäischen Union entscheidet das Europaparlament über den EU-Haushaltsentwurf der Kommission und kann entsprechende Änderungen einbringen. Auch die langfristigen Ausgaben aus den europäischen Finanzmitteln – der sogenannte „mehrjährige Finanzrahmen“ – müssen vom Parlament genehmigt werden.
Woran arbeiten die Abgeordneten im Europaparlament?
Ein wesentlicher Teil der Arbeit eines Abgeordneten im Europaparlament besteht in der Vorbereitung der Gesetzesvorschläge der EU-Kommission in den Ausschüssen und der anschliessenden Abstimmung im Plenarsaal.
Arbeit in Ausschüssen
Die Abgeordneten des Europaparlaments sind auf 20 ständige Fachausschüsse und zwei Unterausschüsse verteilt. Auch nichtständige Sonderausschüsse können bei Bedarf eingerichtet werden. Jeder Ausschuss zählt zwischen 25 und 73 Abgeordnete und ist auf einen Politikbereich spezialisiert, zum Beispiel Auswärtige Angelegenheiten, Entwicklung, Wirtschaft oder Menschenrechte.
In den Ausschüssen werden die Gesetzesentwürfe der EU-Kommission geprüft, Änderungsvorschläge eingebracht oder vollständig abgelehnt. Um sich fachlich genau mit den Entwürfen auseinanderzusetzen, holen die Abgeordneten den Rat von Spezialisten wie Initiativen, Organisationen, Verbänden oder Wissenschaftlern ein. Etwaige Änderungsvorschläge werden zudem noch einmal mit den Fraktionen des Europaparlaments diskutiert. Sobald der Entwurf abstimmungsfähig ist, wird er in der Plenarsitzung vorgelegt.
Abstimmung in den Plenarsitzungen
Einmal im Monat findet eine viertägige Plenarsitzung aller Abgeordneten des Europaparlaments statt. Während die Ausschüsse generell in Brüssel tagen, werden die Plenarsitzungen des Europaparlaments in Strassburg abgehalten. Nach Bedarf finden zusätzliche Plenartagungen in Brüssel statt. Im Plenum werden die Gesetzesvorschläge erörtert, anschliessend wird über diese abgestimmt. Stimmt der Europäische Rat dem Gesetzesvorschlag ebenfalls zu, wird dieser geltendes EU-Recht.
Europawahl 2019: Mit dem Wahl-O-Mat zur treffenden Entscheidung
Zwischen dem 23. und 26. Mai 2019 sind rund 500 Millionen EU-Bürger dazu aufgerufen, ihre Kreuze auf den Stimmzetteln zu machen und über die Zusammensetzung des Europaparlaments zu entscheiden. Da EU-Vorschriften eine nicht zu verkennende Relevanz für die nationalen Belange der EU-Mitgliedstaaten haben, sollte der Urnengang für jeden Wahlberechtigten den gleichen Stellenwert einnehmen wie die Wahl des nationalen Parlaments. Wo man das Kreuz macht, will gut überlegt sein.
Alle Unentschlossenen können den Wahl-O-Mat nutzen. Aufgrund eines Gerichtsurteils darf der Wahl-O-Mat zur Europawahl vorerst nicht weiter genutzt werden.
Verwendete Quellen:
- Webseite des Europäischen Parlaments, europarl.europa.eu
- Themenseite zum Europäischen Parlament, bundesregierung.de
- Befugnisse des Europäischen Parlaments, strassburg.eu
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