Die Europäische Union sucht beim Gipfel an diesem Donnerstag neue Brüsseler Spitzen - und dabei liegen ausgerechnet Deutschland und Frankreich über Kreuz. Aber immerhin in einem Punkt ist man sich einig.
Als Beziehungsstatus für
Nun streiten Deutschland und Frankreich auch beim Postengeschacher in der Europäischen Union auf offener Bühne.
Schon kurz nach der Europawahl Ende Mai gerieten die beiden aneinander. Merkel warb tapfer für ihren CSU-Kollegen
Merkel vs. Macron: Wer geht zu Boden?
Beim EU-Gipfel an diesem Donnerstag geht die Partie in die nächste Runde. Wer schafft den Punktsieg? Oder geht am Ende einer zu Boden?
Wahrscheinlicher ist, dass der viel beschworene deutsch-französische Motor doch wieder anspringt und die oft rumpelnde EU-Konsensmaschine am Ende einen Kompromiss gebiert.
So hiess es am Mittwoch aus dem Pariser Regierungssitz Élyséepalast: "In diesen Debatten wird nichts gemacht werden ohne eine deutsch-französische Vereinbarung." Auf deutscher Seite sieht man das ähnlich. Man strebe eine Entscheidung im Konsens an, sagten deutsche Regierungsvertreter.
Das klingt versöhnlich, sagt aber noch nichts darüber, wie der Streit über die neue Führung der EU wirklich beigelegt werden soll. EU-Vertreter betonten am Mittwoch, dass bisher tatsächlich nichts entschieden sei. "Noch sind alle Optionen auf dem Tisch", sagte ein hoher EU-Beamter.
Bis zur letzten Minute führe Ratschef Donald Tusk Gespräche in "atemberaubender" Taktung und erwarte erhebliche Dynamik.
Die Ausgangslage ist kompliziert
Die Ausgangslage ist ausserordentlich kompliziert. Ein Punkt: Die grossen Parteien im Europaparlament beharren darauf, dass nur einer ihrer Spitzenkandidaten Chef der EU-Kommission werden kann.
Nur sie hätten sich im Wahlkampf den Bürgern mit ihren Programmen präsentiert, für sie hätten die Wähler gestimmt, und nur das sei demokratisch, argumentieren Sozial- und Christdemokraten.
Dann kämen streng genommen nur Weber und der Sozialdemokrat Frans Timmermans infrage, wobei Weber sich als Favorit sieht, weil seine Europäische Volkspartei trotz Verlusten stärkste Fraktion im Europaparlament ist. Die dänische EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bewirbt sich für die Liberalen, obwohl sie nicht alleinige Spitzenkandidatin war.
Der Rat der Staats- und Regierungschefs, der das Vorschlagsrecht für den Kommissionsposten hat, erkennt das sogenannte Spitzenkandidaten-Prinzip aber ohnehin nicht an. Es gebe keinen Automatismus, hielt er mehrfach fest.
Einer der striktesten Gegner ist Macron, der das alte Parteiengefüge für überholt hält und es mit seiner Bewegung La République En Marche sprengt.
Es sei nicht möglich, über die Nominierung einer politischen Familie allen anderen einen Kandidaten vorzugeben, hiess es aus Macrons Umfeld. Im Europäischen Rat müsse ein Konsens gefunden werden, damit alle Länder sich vertreten fühlten. Das gelte nicht nur für den Kommissionsvorsitz, sondern auch für weitere EU-Topposten.
Das ist der zweite Punkt, der die Sache sehr unübersichtlich macht: Neu besetzt werden auch die Ämter von Ratschef Tusk, der EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini, des EU-Parlamentspräsidenten Antonio Tajani und des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. Und für alle Posten zusammen soll es ein ausgewogenes Personalpaket geben: zwischen Männer und Frauen, politischen Parteien und europäischen Regionen.
In einem Punkt herrscht Einigkeit zwischen Paris und Berlin
An dieser Gemengelage hat sich in den vergangenen drei Wochen äusserlich wenig geändert. Keiner der bekannten Kandidaten hat eine Mehrheit im Rat oder im Parlament, und die Beteiligten streiten weiter leidenschaftlich über das Verfahren.
Dennoch sprachen Eingeweihte kurz vor dem Gipfel plötzlich von Bewegung, von einer zweiten Phase, von möglichen Paketen. Tusk selbst schraubte die Erwartungen hoch. "Ich hoffe, wir können am Donnerstag entscheiden", schrieb er auf Twitter.
In Paris dämpfte man, es sei "nicht sicher", dass schon beim Gipfel entschieden werde. Zunächst sollten Namen "getestet" werden, und falls keine Mehrheit für Kandidaten deutlich werde, solle man Alternativen prüfen. Nötigenfalls werde es eben einen Sondergipfel geben.
In dem Punkt zumindest herrschte mit Berlin dann doch wieder traute Einigkeit. "Wenn man nicht zu einem Ergebnis kommt, dann geht die Welt nicht unter", erklärten deutsche Regierungsvertreter. Bis zur konstituierenden Sitzung des EU-Parlaments am 2. Juli müsse allerdings eine Lösung her. (dpa/jwo) © dpa
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