Es war die einzige Europawahl-Debatte, zu der die sechs grössten Fraktionen im EU-Parlament ihre Topleute schickten. Eineinhalb Stunden hatten sie, um die Zuschauer von sich zu überzeugen. Für einen fundierten Einblick zu wenig - und dennoch hat es sich gelohnt.
Der Kampf gegen den Klimawandel entwickelt sich zum Topthema des Wahlkampfes der Europawahl. Auch beim Kandidatenduell am Mittwochabend in Brüssel wurde heftig darüber gestritten.
CSU-Politiker
Das Format
90 Minuten, 6 Kandidaten, 3 Journalisten. Es war die einzige Veranstaltung im Wahlkampf, bei der die Top-Kandidaten der sechs grössten Fraktionen im Europaparlament gegeneinander zum Rededuell antraten.
Je 60 Sekunden Zeit für eine Antwort hatten Weber,
Moderiert wurde die Debatte unter anderen vom deutschen ARD-Journalisten Markus Preiss.
Der Inhalt
Für die Auswahl der Themen war die Europäische Rundfunkunion zuständig, ein Zusammenschluss Dutzender Rundfunkanstalten aus 56 europäischen Staaten. Die Macher waren um ein möglichst breites Programm bemüht.
Unter anderem ging es um Arbeitslosigkeit, Migration, Klimawandel und Europas Rolle in der Welt. Das sind in etwa die Themen, die Europäern jüngsten Umfragen zufolge am meisten unter den Nägeln brennen.
Die Streitpunkte
Einmal mehr sorgte der Kampf gegen den Klimawandel für Streit. Timmermans und Keller warfen Weber vor, seine Partei trete bei dem Thema auf die Bremse.
Timmermans forderte abermals eine Steuer auf Flugbenzin sowie eine CO2-Steuer für alle Unternehmen. Zugleich versuchte er bei dem Thema eine Allianz mit den Grünen und den Linken zu schmieden.
Sein Appell: "Lasst uns dafür sorgen, dass die nächste EU-Kommission das Thema an die Spitze der Agenda setzt." Weber lehnt die verpflichtende Abgabe auf den Ausstoss von klimaschädlichem Kohlendioxid ab und setzt auf Innovation.
Auch ansonsten wurden Unterschiede zwischen den Kandidaten deutlich. Jan Zahradil von den Liberal-Konservativen Reformern forderte etwa, die EU-Kommission solle sich weniger in die Angelegenheiten der Mitgliedstaaten einmischen. Zudem lehnte er es ab, dass jeder EU-Staat Asylbewerber aufnehmen sollte. Timmermans, Keller, Vestager und Cué sprachen sich hingegen dafür aus.
Wie die Kandidaten sich geschlagen haben
Innerhalb der 90 Minuten hatte jeder Einzelne nur wenig Zeit. Vor allem für weniger informierte Zuschauer lieferte der Abend aber einen guten Überblick.
Die meisten Verbalangriffe musste Weber parieren - was ihm meist gelang. Eigene Akzente konnte er aber kaum setzen.
Dies gelang eher Timmermans, der für Vorschläge wie das Wahlrecht ab 16 Jahren lauten Applaus bekam. Zudem drückte er sich griffig aus - etwa bei seinem Kommentar zum britischen EU-Austritt: "Schaut euch an, was der Zwist über den Brexit dem Vereinigten Königreich angetan hat. Heute sieht Grossbritannien aus wie 'Game of Thrones' auf Steroiden."
Prägnante Wortmeldungen gelangen zwar auch Vestager ("Für mich ist ein Steuerparadies ein Ort, wo Unternehmen ihre Steuern zahlen"), insgesamt blieb die sonst so schlagfertige Dänin aber eher blass. Eigene Ideen brachte sie kaum unter.
Wer hat Chancen, nächster Präsident der EU-Kommission zu werden?
Als Kandidaten der wohl grössten Fraktionen haben Weber und Timmermans eigentlich die besten Aussichten. Webers EVP dürfte den Vorhersagen zufolge wieder vor den Sozialdemokraten landen.
Die Staats- und Regierungschefs wollen sich allerdings nicht darauf festlegen, dass der Spitzenkandidat der stärksten Fraktion auch Kommissionschef wird. Etliche von ihnen haben sich schon skeptisch gegen dieses Prinzip geäussert, und letztlich haben sie das Vorschlagsrecht für den Posten.
Deshalb könnten Weber andere in die Quere kommen - etwa der Franzose Michel Barnier, der sich als Brexit-Chefunterhändler viel Respekt erarbeitet hat.
Nach dem Duell ist vor dem Duell
Weber und Timmermans haben vergangene Woche bereits in der ARD-"Wahlarena" miteinander diskutiert. An diesem Donnerstag (20.15 Uhr) präsentieren das ZDF sowie der österreichische ORF das Rückspiel.
Ab 22:15 Uhr diskutieren im ZDF dann die deutschen Spitzenkandidaten von FDP, Linken, Grünen und AfD.
(dpa/ank)
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