Die Kommunalwahlen galten als erster Stimmungstest für Polens proeuropäische Regierung. Das Ergebnis zeigt: Das Land bleibt tief gespalten. In den ländlichen Regionen dominiert weiterhin die PiS.
Bei den Kommunalwahlen in Polen ist es dem neuen Regierungschef Donald Tusk nicht gelungen, die Machtbasis für seine liberalkonservative Bürgerkoalition auszubauen. Die nationalkonservative Oppositionspartei PiS, die das Land von 2015 bis 2023 regierte, wurde stärkste politische Kraft. Tusks Bürgerkoalition konnte sich aber erneut den wichtigen Posten des Warschauer Oberbürgermeisters sichern und punktete auch in anderen Grossstädten. Die Wahlen galten als ein erster Stimmungstest für Tusks Mitte-Links-Bündnis, das Polen seit vier Monaten regiert.
Der Ministerpräsident zog am Tag nach der Wahl ein gemischtes Fazit. "Was freut? Ein Rekordsieg in den Städten, Vorsprung bei den Regionalversammlungen", schrieb Tusk am Montag auf der Plattform X (vormals Twitter). Ärgerlich sei für die Bürgerkoalition die fehlende Mobilisierung junger Wähler sowie das schlechte Abschneiden in den ländlichen Gebieten und im Osten des Landes. "Die Schlussfolgerung für uns? Nicht jammern, an die Arbeit!"
Bei der Wahl der 16 Regionalverwaltungen entfielen 34,27 Prozent der Stimmen auf die oppositionelle PiS, wie die staatliche Wahlkommission nach Auszählung aller Stimmen am Montagabend mitteilte. Das amtliche Endergebnis wird voraussichtlich erst am Mittwoch bekannt gegeben.
Tusks Bürgerkoalition auf dem zweiten Platz
Tusks Bürgerkoalition landete demnach mit 30,59 Prozent auf dem zweiten Platz. Ihr gelang ein grosser Erfolg in der Hauptstadt Warschau: Der amtierende Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski wurde im ersten Wahlgang mit 57,41 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Der 52-jährige Trzaskowski war bei der Präsidentenwahl 2020 nur knapp gegen Amtsinhaber Andrzej Duda unterlegen. Er hat Ambitionen, bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr erneut anzutreten.
Auch in der Hafenstadt Danzig und in der viertgrössten Stadt Lodz lief es gut für Tusks Partei. In Danzig setzte sich Oberbürgermeisterin Aleksandra Dulkiewicz im ersten Wahlgang durch, in Lodz schaffte Amtsinhaberin Hanna Zdanowska ebenfalls die Wiederwahl.
Die PiS punktete im katholisch geprägten Osten und Süden des Landes. "Wie Mark Twain einmal sagte: Die Nachricht von meinem Tod ist stark übertrieben", witzelte Parteichef Jaroslaw Kaczynski am Wahlabend. "Dieses Ergebnis zeigt, dass wir heute bei den Parlamentswahlen vielleicht deutlich besser abschneiden würden, vielleicht könnten wir sogar an die Macht kommen."
Umfragewerte der PiS zurückgegangen
Das Ergebnis der Kommunalwahlen unterscheide sich verblüffend wenig von dem der Parlamentswahl im vergangenen Oktober, sagte der Soziologe Jaroslaw Flis der Zeitung "Rzeczpospolita". Die PiS, deren Umfragewerte seit ihrer Abwahl im Herbst zurückgegangen waren, habe gegen den Trend ihre Besitzstände in den Regionen bewahrt. "Wer glaubte, die PiS würde komplett in den Boden gestampft, hat jetzt keinen Grund zur Zufriedenheit."
In dem Lager von Tusk hatte sich vor den Kommunalwahlen die Hoffnung breit gemacht, die PiS werde eine krachende Niederlage erleiden. Dass es anders kam, liegt auch daran, dass Tusks Koalitionsregierung derzeit an vielen Baustellen werkelt und nicht überall gut vorankommt. Zwar hat die EU-Kommission inzwischen Milliardenhilfen freigegeben, die sie wegen der umstrittenen Justizreformen der PiS zuvor eingefroren hatte. Doch das Zurückdrehen dieser Reformen und die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit erweisen sich als langwieriger und komplizierter Prozess.
Die Parlamentswahl hatte Tusk unter anderem auch mit dem Versprechen gewonnen, Polens striktes Abtreibungsrecht zu lockern. Doch dieses Projekt stösst auf Widerstand bei Tusks Koalitionspartner, dem christlich-konservativen Dritten Weg. Die Partei bekam bei den Wahlen zu den Regionalverwaltungen 14,25 Prozent der Stimmen. Das Linksbündnis Lewica landete bei 6,32 Prozent. Die rechtsextreme Konfederacja bekam 7,23 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag nach vorläufigen Angaben der Wahlkommission bei 51,33 Prozent. (dpa/tas)
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