Nach aktuellem Stand fährt die CSU ihr historisch schlechtestes Ergebnis ein, aber kann trotzdem weiter regieren. Gewinner sind populistische Parteien wie die AfD und die Freien Wähler. Für die Ampel und Friedrich Merz ist die Wahl ein Denkzettel.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Lukas Weyell sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Laut vorläufigem amtlichen Ergebnis hat die CSU bei der Landtagswahl in Bayern die relative Mehrheit verteidigen können. Trotz historisch schlechtestem Ergebnis bei einer Landtagswahl kommt sie demnach auf 37,0 Prozent und kann rein rechnerisch mit den Freien Wählern, die sich auf 15,8 Prozent verbessern konnten, weiter regieren.

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Die AfD holt ihr bislang bestes Ergebnis in Bayern mit 14,6 Prozent und die Regierungsparteien der Ampel wurden abgestraft mit 14,4 Prozent (Grüne), 8,4 Prozent (SPD) und 3,0 Prozent (FDP). Die FDP ist damit nach einer Legislaturperiode nicht mehr im Bayerischen Landtag vertreten.

Bayern: CSU und Freie Wähler wollen weiter regieren

Nach der Landtagswahl in Bayern hat CSU-Chef Markus Söder angekündigt, weiterhin mit den Freien Wählern regieren zu wollen. Die ersten Gespräche sollen noch in dieser Woche stattfinden.

Was bedeutet das Ergebnis für die Politik in Bayern und im Bund?

Geschwächter Ministerpräsident Markus Söder?

Für Markus Söder ist das Ergebnis laut Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki von der Uni Marburg "erst einmal eine Bestätigung". Allerdings sei das historisch schlechteste Ergebnis für die CSU auch ein Weckruf. Söder "muss sich jetzt bewähren. Es wird sehr genau geschaut werden, ob Wahlversprechen eingehalten werden oder nicht."

Im Verhältnis zum gewünschten Koalitionspartner, den Freien Wählern, haben die CSU und Söder nun einen Nachteil: Die Freien Wähler haben zugelegt und wollen ein Ministerium mehr. Parteichef Hubert Aiwanger geht trotz Flugblatt-Affäre gestärkt aus der Wahl hervor und kann selbstbewusst gegenüber dem grösseren Koalitionspartner fordern.

Hinzu kommt, dass – sollte die geplante Wahlrechtsreform umgesetzt werden – die CSU bei der kommenden Bundestagswahl über die Fünf-Prozent-Hürde kommen muss, um im Bundestag vertreten zu sein. Das könnte dem aktuellen Landtagswahlergebnis zufolge knapp werden.

Denkzettel für die Ampel

Es ist Halbzeit in der Ampel-Regierung. Die Landtagswahlen in Hessen und Bayern seien daher auch ein Stimmungstest für die Koalition gewesen und die Stimmung sei erkennbar schlecht, erklärt Isabelle Borucki. Dazu komme, dass es bei den Landtagswahlen kaum um Landespolitik ging, "da wurde Wahlkampf mit bundespolitischen Themen gemacht." Insbesondere für die SPD und FDP sei das Ergebnis daher ein klares Votum gegen den aktuellen Kurs, wie auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki bereits öffentlich erklärte.

Expertin: "Friedrich Merz' Strategie ist ein Bumerang"

Im Vorfeld der Wahl war CDU-Chef Friedrich Merz mit Äusserungen über Asylbewerber aufgefallen, die viele Beobachter als AfD-Rhetorik wahrnahmen. Dieses Manöver hat sich laut Politikwissenschaftlerin Borucki nicht rentiert: "Das 'Nach-Rechts-Blinken' hilft nur der AfD."

So war es auch schon zuvor bei Wahlen so gewesen, dass rechte Rhetorik der AfD Auftrieb gegeben habe. Merz' Ziel, die AfD zu halbieren, sei daher zunehmend ins Gegenteil verkehrt: "Friedrich Merz' Strategie ist ein Bumerang", so Borucki.

Gewinner des Abends: Die AfD und die Freien Wähler

Die klaren Gewinner des Abends in Bayern und in Hessen sind die (Rechts-)Populisten. In Bayern konnten AfD und Freie Wähler zusammen über 30 Prozent holen. Das lasse sich nicht mehr mit Protestwahlen erklären, so Borucki, sondern habe inhaltliche Gründe: "Es ist jetzt salonfähig zu sagen, 'Ich wähle die AfD oder die Freien Wähler, weil ich deren Programm gut finde'."

Diese Entwicklung folge einem allgemeinen Trend, sagt die Politikwissenschaftlerin: "Die Menschen wählen die AfD und die Freien Wähler, weil sie genau diese Parteien wählen wollen. Das zeigen auch die Umfragen." Die AfD ist damit nicht mehr nur ein ostdeutsches Phänomen, sondern auch in den westdeutschen Landtagen zur festen Grösse geworden

verwendete Quellen:

  • Telefonat mit Isabelle Borucki
  • Vorläufiges Wahlergebnis
Über die Gesprächspartnerin: Isabelle Borucki ist eine deutsche Politikwissenschaftlerin und seit 2022 Professorin an der Philipps-Universität Marburg.
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