Die CSU hat bei der Landtagswahl in Bayern Rekordverluste eingefahren, die AfD zieht erstmals in das bayerische Parlament ein. Bei Anne Will riet ein SPD-Politiker dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer zum Rücktritt. AfD-Chef Jörg Meuthen musste viel Kritik einstecken und eine Journalistin griff zu einem Drogen-Vergleich.
Die bayerische Landtagswahl hat ein Ergebnis geliefert, das eine Menge Diskussionsstoff in sich birgt. Das schlechte Wahlergebnis der CSU zwingt die Partei von Ministerpräsident
Die SPD fuhr ihr niedrigstes Ergebnis aller Zeiten in einem Bundesland ein, die Grünen waren so stark wie noch nie in Bayern. Anne Will versuchte mit ihren Gästen, die Verluste der Volksparteien CSU und SPD und die Zugewinne für die kleinen Parteien zu erklären.
Die Ergebnisse der Landtagswahl in Bayern finden Sie unter diesem Link.
Was war das Thema bei Anne Will?
Welche Folgen hat die Landtagswahl für Bayern und was sind die Konsequenzen für die Grosse Koalition in Berlin? Neben diesen Fragen nahm sich
Wer waren die Gäste?
Dorothee Bär : Die stellvertretende Parteivorsitzende der CSU warf die Frage auf, ob die Wahl ein oder zwei blaue Augen für die CSU bedeutet. Vorsichtig kritisierte sie die Differenzen zwischen CDU und CSU im Wahlkampf: "Es ist immer besser mit einer Sprache zu sprechen." Der Frage, ob Horst Seehofer Parteivorsitzender- und Innenminister bleiben könne, wich sie aus. "Der Wahlabend ist nicht der Tag, um eine Personaldiskussion aufzumachen." In Richtung AfD sagte Bär: "Gott sei Dank hat Bayern nicht so extremistisch gewählt wie andere Bundesländer."Annalena Baerbock : Die Grünen-Chefin freute sich, dass "ein Kurs, der Rechtsextremisten und Rechtspopulisten hinterher läuft", nicht belohnt wurde. Das war ein Fingerzeig auf die flüchtlingskritischen Töne, die im Wahlkampf von der CSU zu hören waren.Meuthen warf sie vor, seine Partei wolle "die Demokratie angreifen". Auf dessen Vorwurf, die Grünen würden mit linksextremen Organisationen wie der Antifa gemeinsam demonstrieren – wie zuletzt in Berlin – ging Baerbock nicht ein.Boris Pistorius : Der SPD-Innenminister von Niedersachsen tat sich mit einer Analyse des miesen SPD-Wahlergebnisses schwer. Die Partei sei Leidtragende der Grossen Koalition im Bund, eigene Fehler benannte Pistorius nicht. Personale Konsequenzen für die SPD-Spitze lehnte er mit Verweis auf den HSV ab: Der Fussballclub spiele trotz 17 Trainerwechseln in den letzten elf Jahren in der zweiten Liga. Auf Wills Frage, obHorst Seehofer zurücktreten solle, sagte er: "Ich bin dafür, weil er jede Chance hat verstreichen lassen, zu einer ruhigen vertrauensvollen Zusammenarbeit zurückzukehren."- Jörg Meuthen: Der AfD-Chef sprach angesichts des miesen CSU- und SPD-Resultate von "Regierungsparteien im Niedergang". Er griff Grünen-Chefin Baerbock an, weil auf der grossen "Unteilbar"-Demonstration in Berlin auch Antifa-Mitglieder mitgelaufen seien, die dort Angela Merkel und Seehofer als "Schweine" beschimpft und ihren Sturz gefordert hätten. Meuthen forderte die Grünen auf, sich von linker Gewalt zu distanzieren.
- Melanie Amann: Die "Spiegel"-Journalistin bezeichnete das Festhalten der CSU-Oberen an der Macht trotz des schlechten Ergebnisses als "schon ein bisschen erbärmlich". Die CSU habe sich im Wahlkampf auf einen "desaströsen Wettlauf mit der AfD eingelassen". Um das zu illustrieren, wählte sie einen gewagten Vergleich. "Es hilft doch nichts, wenn ich sage: Der Islam gehört nicht zu Deutschland – und die anderen gehen ja immer noch weiter. Das ist wie bei Drogensüchtigen. Die AfD gibt den Wählern Crack und dann kommt die CSU und bietet Cannabis an. Das funktioniert einfach nicht."
- Michael Koss: Der Politikwissenschaftler sorgte mit diesem Satz für besonders viele Lacher: "Das AfD-Wahlergebnis war das Ergebnis harter Arbeit. Und zwar von Horst Seehofer." In der deutschen Politik gebe es zwei grosse Racheengel: Horst Seehofer und Oskar Lafontaine. Der frühere SPD-Chef ballere "aus seinem Darth-Vader-Raumschiff einmal die Woche auf die SPD". Bei der AfD erkannte der Experte seit ihrer Gründung einen "beträchtlichen Rechtsdrall".
Was war das Rede-Duell des Abends?
Als Jörg Meuthen die Grünen für ihre jüngste Demonstrationsteilnahme an der Seite der Antifa kritisierte, reagierte "Spiegel"-Journalistin Amann verblüfft. "Herr Meuthen, dass Sie jetzt ausgerechnet anderen Parteien Ratschläge erteilen wollen, wen die bei ihren Demonstrationen mitnehmen, das finde ich wirklich amüsant." Die Zuschauer johlten.
Amann spielte damit auf die Demonstration in Chemnitz an, bei der AfD-Politiker Björn Höcke mit Neonazis und Hooligans marschierte. Meuthen bügelte Amanns Vorwurf ab. "Da sehen Sie mal, dass das anderen Parteien auch passiert und noch viel schlimmer. Dagegen sind die rechten Gewalt-Aufforderungen 'ne völlig anderen Geschichte."
Was war der Moment des Abends?
Der Moment des Abends war eine kleine Schelte von Dorothee Bär am Spitzenpersonal der CSU. Anne Will fragte, wo sie sich positioniere zwischen dem Vorwurf Markus Söders, die Berliner Politik sei schuld gewesen an den schlechten Umfragewerten der CSU und dem Vorwurf Horst Seehofers, der Ministerpräsident sei für die Wahlkampfstrategie und damit auch für die Umfragewerte selbst verantwortlich. Bär antwortete: "Jetzt hätt' ich fast flapsig gesagt: Männer!"
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Wie hat sich Anne Will geschlagen?
Anne Will fragte wie immer sehr kritisch nach, besonders bei AfD-Chef Meuthen. Etwa ob sich ein bayerischer AfD-Kandidat, der bei einer Rede das Wort "Neger" benutzt hat, rassistisch geäussert habe. Oder warum die AfD Rassisten in der Partei dulde.
Was ist das Ergebnis?
"Spiegel"-Journalistin Amann sagte, sie rechne damit, dass die Grosse Koalition weiter geschwächt werde. Es werde "weitere Erschütterungen" geben, die Instabilität der CSU durch die Pole Seehofer und Söder werde sich weiter als Instabilität auf Bundesebene ummünzen. Bei kommenden Landtagswahlen, so ihre Prognose, dürften die Volksparteien weitere deutliche Klatschen kassieren. In Bezug auf die AfD prognostizierte Amann eine weitere Stärkung des rechten Flügels: "Sobald Sie sich gegen die stellen würden, dann wären Sie weg vom Fenster wie Frauke Petry", sagte sie zu Meuthen.
Für Boris Pistorius kommt trotz des miesen SPD-Ergebnisses eine Aufkündigung der Grossen Koalition nicht in Frage. "Die Alternative, jetzt aus einer Grossen Koalition rauszugehen, ist gar keine", sagte er. Und Annalena Baerbock konnte der Wahl abseits des guten grünen Abschneidens noch etwas Gutes abgewinnen, was sie vor allem an der deutlich gestiegenen Wahlbeteiligung festmachte. Bayern habe sich durch diesen Wahlkampf verändert. "Die Menschen haben Lust auf Demokratie und Politik bekommen." Ein versöhnliches Fazit einer hitzigen Wahl-Debatte.
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