Etwas Entspannung für die GroKo in Berlin nach dem Rücktritt von Kemmerich: Doch auch wenn Thüringen wieder in ruhigere Bahnen kommt - der "Flurschaden" wird noch lange nachwirken.
Thüringens Ministerpräsident
Der Rücktritt Kemmerichs verschafft derweil CDU-Chefin
Kemmerich war am Mittwoch zum Ministerpräsidenten des Freistaats gewählt worden - auch von der AfD, deren Landtagsfraktion von Partei-Rechtsaussen
Keine Gelder für Kemmerich
Am Samstag erklärte Kemmerich nun seinen Rücktritt. Sämtliche Bezüge aus dem Amt des Ministerpräsidenten und des geschäftsführenden Ministerpräsidenten werde er an die Staatskasse zurückgeben. Nach Kemmerichs Rücktrittserklärung zogen etwa 300 Menschen vor die Geschäftsstelle der Liberalen in Erfurt. Einige hielten Schilder mit der Aufschrift "Omas gegen Rechts" in die Höhe.
Kemmerich bleibt nach der Verfassung auch nach seinem Rückzug noch im Amt bis ein neuer Ministerpräsident gewählt ist - allerdings nur geschäftsführend. Ihm ist aber jetzt die Möglichkeit genommen, eine Vertrauensfrage im Landtag zu stellen. "Unbenommen ist dem Landtag aber die Möglichkeit, ganz regulär einen neuen Ministerpräsidenten zu wählen", sagte der Jenaer Verfassungsrechtler Michael Brenner der Deutschen Presse-Agentur.
Neuwahlen: Die Frage ist nicht ob, sondern wann
Der Vizechef der Thüringer Linken, Steffen Dittes, schloss Neuwahlen nicht aus. "Es ist nicht die Frage ob, sondern wann es Neuwahlen gibt", sagte Dittes der dpa. Darüber zu entscheiden sei der zweite Schritt, nachdem eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung mit Ministerpräsident
Die AfD denkt derweil über weitere Strategien zur Verhinderung einer rot-rot-grünen Landesregierung nach. "Die kopflose Reaktion von CDU und FDP bringt mich zu der Empfehlung an die thüringischen Freunde, das nächste Mal Herrn Ramelow zu wählen, um ihn sicher zu verhindern - denn er dürfte das Amt dann auch nicht annehmen", sagte AfD-Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland der dpa. Das Agieren der CDU in dieser Krise bewege sich auf einer Skala "von trostlos bis verheerend, offensichtlich haben sich die Beteiligten über die Folgen keine Gedanken gemacht", fügte er hinzu.
Lindners späte Einsicht
Die Spitzen der grossen Koalition hatten vor dem Rücktritt Kemmerichs Kontakt mit FDP-Chef
Walter-Borjans Co-Vorsitzende Saskia Esken sagte, die gemeinsame Stellungnahme der Koalition sei "in grosser Einigkeit" mit CDU und CSU zustande gekommen. Es sei wichtig, dass sich "drei Parteien des demokratischen Spektrums auch nochmals darauf geeinigt haben, dass es unter gar keinen Umständen eine Zusammenarbeit mit der AfD geben kann". Die FDP sei als weitere Partei des demokratischen Spektrums gut beraten, sich in dieser Frage auch einer Klärung zuzuwenden.
Keine Regierungsbildung mit Hilfe der AfD
"Regierungsbildung und politische Mehrheiten mit Stimmen der AfD schliessen wir aus. Das ist und bleibt die Beschlusslage der die Koalition tragenden Parteien für alle Ebenen", heisst es weiter in der Erklärung von CDU, CSU und SPD.
Nicht nur die Entwicklung in Thüringen dürfte etwas Spannung aus der grossen Koalition im Bund von CDU, CSU und SPD genommen haben, auch der Rücktritt des erheblich in die Kritik geratenen Ost-Beauftragten der Bundesregierung, Christian Hirte (CDU), auf Betreiben von Kanzlerin Angela Merkel dürfte dazu beigetragen haben. Hirte, der Thüringer CDU-Vize ist, hatte zur Wahl Kemmerichs gratuliert.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), der einer Jamaika-Koalition von CDU, FDP und Grünen vorsteht, rät der CDU, eine Regierung mit Beteiligung der Linkspartei unter Umständen zu tolerieren. Bisher hat die CDU-Spitze dies unter Verweis auf einen Parteitagsbeschluss von 2018 ausgeschlossen. (best/dpa)
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