Die Nationalratswahl in Österreich ist zum historischen Erfolg für die FPÖ geworden. Die Freiheitlichen sind auf Bundesebene erstmals stärkste Kraft. ÖVP und SPÖ landen hingegen nur auf Platz zwei und drei. Für die Sozialdemokraten ist es ein besonders bitteres Ergebnis.
Die Parlamentswahl in Österreich hat die politischen Kräfteverhältnisse kräftig durchmischt. Die FPÖ feiert laut dem vorläufigem Endergebnis mit 28,8 Prozent einen historischen Sieg. Die Freiheitlichen rangieren deutlich vor der Macht verwöhnten ÖVP (26,3 Prozent) und vor der erneut enttäuschenden sozialdemokratischen SPÖ.
Die Sozialdemokraten liegen mit 21,1 Prozent erstmals nur auf Platz drei, wie aus Daten des Instituts Foresight im Auftrag von ORF und Austria Presse Agentur hervorgeht.
FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht im Wahlsieg ein Signal für einen Richtungswechsel in Österreich. "Der Wähler hat heute ein Machtwort gesprochen", sagte er in einer ersten Reaktion. Die Wähler hätten "ein klares Bekenntnis dafür abgegeben, dass es so nicht weitergehen kann in diesem Land."
Bundespräsident
"Dabei werde ich versuchen, auszuloten, welche tragfähigen Kompromisse es geben könnte. Wer mit wem kann und wer was will für Österreich." An politischen Grundpfeilern wie dem Minderheitenschutz, Medienfreiheit und auch der EU-Mitgliedschaft sei jedenfalls nicht zu rütteln.
Wahlforscher: FPÖ profitiert von Unzufriedenheit im Land
Das Wahlergebnis ist für Österreich gleich in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur. Noch nie waren ÖVP und SPÖ zeitgleich so schwach. Die ÖVP mit Kanzler
Nach Erkenntnissen der Wahlforscher profitierte die FPÖ enorm von der grossen Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Österreich steckt tief in einer Wirtschaftsflaute, die Arbeitslosigkeit wächst. Zudem gehörte die Republik in den vergangenen Jahren zu den Ländern in der EU mit besonders hoher Inflation. Ausserdem gilt der strikte Anti-Migrationskurs der FPÖ als populär.
Die Grünen können den Angaben zufolge mit 8,3 Prozent (minus 5,6 Prozentpunkte) rechnen. Damit hat die bisherige Regierung aus ÖVP und Grünen keine Mehrheit für eine Neuauflage der Koalition.
Die Neos kommen auf 9,2 Prozent – das wäre ein kleines Plus. Vor allem die Liberalen positionierten sich bereits im Wahlkampf als reformwillige Kraft und hoffen auf eine Dreier-Koalition mit ÖVP und SPÖ. "Wir sind bereit. Ohne uns wird sich nichts ändern", sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Die Bierpartei und die kommunistische KPÖ scheiterten klar an der Vier-Prozent-Hürde.
FPÖ-Sieg unter dem Motto "Festung Österreich"
In ihrem Wahlprogramm hatte die FPÖ unter dem Motto "Festung Österreich - Festung Freiheit" für eine extrem restriktive Migrationspolitik geworben. Die Partei fordert eine Rückführung von Migranten in ihre Heimatländer und wünscht sich als Gegenentwurf zur international vielfach angestrebten Diversität "Homogenität" in der Gesellschaft.
Aussenpolitisch sieht die FPÖ die EU äusserst kritisch. Gegenüber Russland fährt sie trotz des Ukraine-Kriegs einen eher wohlwollenden Kurs und sieht kein Problem in der Abhängigkeit Österreichs von russischem Gas.
Hohe Hürden vor Kanzlerschaft von Kickl
Trotz des Siegs dürfte es für
Kanzler Karl Nehammer hält jedenfalls nach der Parlamentswahl an seiner Absage an eine Zusammenarbeit mit FPÖ-Chef Herbert Kickl fest. "Was ich vor der Wahl gesagt habe, das sage ich auch nach der Wahl." Der grosse Wahlsieger Kickl seinerseits hofft: "Ich glaube, da wird noch Bewegung in die Sache hineinkommen."
Bundespräsident Van der Bellen muss den Auftrag zur Regierungsbildung nicht zwingend der stimmenstärksten Partei übertragen. Der ehemalige Grünen-Chef hat immer wieder seine Kritik an politischen Positionen der FPÖ in Sachen EU, Migration und Ukraine-Krieg deutlich gemacht.
So gilt es als wahrscheinlich, dass Kanzler Nehammer den Auftrag bekommt, eine Regierungskoalition zu schmieden. Die Alternative zur FPÖ ist die SPÖ. Allerdings gilt ein Bündnis als schwierig, weil SPÖ-Chef Andreas Babler die Sozialdemokraten mit Forderungen wie der nach einer 32-Stunden-Woche weit nach links gerückt hat. Ob sich Babler angesichts des Ergebnisses im Amt halten kann, ist eine der sich nun aufdrängenden Fragen.(dpa/bearbeitet von thp)
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