Wird die für den November geplante US-Wahl verschoben? Diesen Vorschlag hat US-Präsident Donald Trump nun erstmals offen ins Gespräch gebracht. Sein Argument: Eine Zunahme der Briefwahl in der Coronakrise würde Betrügern Tür und Tor öffnen. Belege für diese Behauptung blieb er ein weiteres Mal schuldig.

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US-Präsident Donald Trump hat erstmals offen eine Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom kommenden November ins Gespräch gebracht. Wegen der Zunahme von Briefwahlen inmitten der Coronavirus-Krise drohten die Wahlen die "fehlerhaftesten und betrügerischsten" in der US-Geschichte zu werden, schrieb Trump am Donnerstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Es wird eine grosse Peinlichkeit für die USA", fügte der Republikaner hinzu und fragte: "Die Wahl verschieben, bis die Menschen richtig und in Sicherheit wählen können?" Der Amtsinhaber liegt in Umfragen für die Wahl am 3. November teils deutlich hinter seinem Herausforderer Joe Biden von den Demokraten.

Trump diskreditiert Briefwahlen seit Monaten

Trump hat Briefwahlen in den vergangenen Monaten wiederholt als besonders betrugsanfällig kritisiert. So behauptete der US-Präsident im Juni, dass zur Kongress- und Präsidentenwahl im November unter anderem "ausländische Staaten" Millionen Wahlunterlagen drucken lassen würden. "Es wird der Skandal unserer Zeit sein", schrieb er in Grossbuchstaben weiter. Belege für diese Behauptung lieferte er nicht.

Beobachter sehen darin aber einen politisch motivierten Schritt, weil Briefwähler tendenziell eher die Demokraten unterstützen. Die meisten Wahlexperten gehen davon aus, dass Briefwahl im Grundsatz sicher ist - auch wenn eine Änderung des Wahlmodus wegen der Pandemie nur wenige Monate vor der Abstimmung eine grosse Herausforderung darstellt. Wegen der Coronavirus-Pandemie erwarten Beobachter eine massive Zunahme der Stimmabgabe per Briefwahl, weil viele Menschen aus Angst vor einer Ansteckung Wahlbüros meiden dürften.

Kritiker vermuten hinter Trumps Aussagen Taktik für den Fall einer Wahlniederlage

Kritiker werfen Trump daher vor, schon im Vorfeld den Wahlausgang in ein schiefes Licht rücken zu wollen - um das Wahlergebnis im Falle einer Niederlage in Zweifel ziehen zu können. Erst Mitte Juli sagte der Präsident in einem Interview, eine Niederlage bei der Wahl im November womöglich nicht akzeptieren zu wollen. Auf die Frage, ob er einen Wahlausgang zugunsten seines Herausforderers Joe Biden akzeptieren würde, sagte Trump im Gespräch mit Fox News: "Das muss ich sehen. Ich sage jetzt nicht einfach ja." Er fügte hinzu: "Ich werde es Ihnen sagen, wenn die Zeit gekommen ist."

In den USA ist es in der jüngeren Geschichte nie vorgekommen, dass sich ein Präsident geweigert hat, nach einer Wahlniederlage abzutreten - selbst bei knappem Wahlausgang. Es ist daher auch nicht klar, was in einem solchen Fall passieren würde.

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(mgb/afp/dpa)

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