Lange stand Fox News treu an der Seite von Donald Trump. Doch nach der US-Wahl macht der Fernsehsender mit unabhängigem Journalismus auf sich aufmerksam. Den Präsidenten und seine Anhänger macht das wütend.
Fox News ist ein amerikanisches Medienphänomen: Erst 1996 ging der Fernsehsender in den USA an den Start, entwickelte sich aber in kurzer Zeit zum grössten Nachrichtenkanal des Landes. In der Nacht der Präsidentschaftswahl (hier bei uns im Live-Ticker) schalteten in dieser Woche rund 14 Millionen Menschen ein – so viele wie bei keinem anderen Sender.
Dieser Erfolg ist ein Symptom der Polarisierung in den USA, die auch die Medien erfasst hat: Fox News gilt als Republikaner-freundlich und hat sich in den vergangenen Jahren besonders auf die Seite von
Streit um Arizona
Schon am frühen Morgen nach der Präsidentschaftswahl rief ausgerechnet Fox News als erster grosser Fernsehsender einen Sieg des Demokraten
Bei der Zählung von Fox News stand Joe Biden schon früh bei 264 Stimmen im "Electoral College" – und damit hauchdünn unter der nötigen Mehrheit von 270. Der Sender schwenkte also nicht auf die Linie des Präsidenten ein, der sich in der Wahlnacht schon selbst als Sieger ausgerufen hatte. "In der Wahlnacht ist es unsere Aufgabe, darüber zu berichten, wer die Präsidentschaft gewonnen hat", stellte Fox-News-Journalist Arnon Mishkin in einem Podcast klar.
Trump aber soll geschäumt haben.
Mehrere Medien – unter anderem die New York Times und CNN – berichteten, dass Trump oder aber seine Berater sich beim Medienmogul und Fox-News-Besitzer
Genervter Fox-News-Moderator bei TV-Duell
Es kriselt schon länger in der Beziehung zwischen Trump und Fox News. Als Donald Trump und Joe Biden Ende September beim ersten TV-Duell aufeinandertrafen, endete die Diskussion im Chaos.
Trump fiel nicht nur Biden ständig ins Wort, sondern auch dem Moderator Chris Wallace. Der arbeitet für Fox News und war sichtlich genervt vom Verhalten des Präsidenten. So etwas habe er noch nie erlebt, sagte Wallace später der New York Times. Wallace kritisierte Trump auch nach dessen Verhalten in der Wahlnacht: "Dies ist eine sehr entzündliche Situation – und der Präsident hat gerade ein Streichholz hineingeworfen."
Schon im Wahlkampf konnte sich Trump nicht immer darauf verlassen, dass Fox News zu seinen Gunsten berichtet. Im Sommer etwa zweifelte der Präsident an, dass die demokratische Vizepräsidentschaftskandidatin
Graben zwischen Kommentatoren und Nachrichten-Journalisten
Fox News leistet auch mit seiner aktuellen Wahlberichterstattung ganz normale journalistische Arbeit. Dass den Präsidenten das ärgert und dass auch seine Gegner sich nun über Fox News wundern, ist mit dem Ruf des Senders zu erklären: Der demokratische Politiker Howard Dean hat den Sender einmal als "Propaganda-Maschine der Rechten" bezeichnet. Neben politisch verzerrter Berichterstattung wird Fox News gerade in der Corona-Krise auch die Verbreitung von Falschinformationen vorgeworfen. Wie die Washington Post berichtet, kamen drei Studien in diesem Jahr zu dem Schluss, dass Fox News die Gefahr von Covid-19 heruntergespielt und damit auch die Gesundheit der Zuschauer gefährdet hat.
Für den Ruf des Senders sorgen vor allem seine Kommentatoren. Dazu gehört der Moderator und Buchautor Sean Hannity, der aus seiner Begeisterung für Donald Trump keinen Hehl macht und ihn gegen jede Kritik verteidigt. Er schürte auch in dieser Woche Zweifel an der Rechtmässigkeit der Präsidentschaftswahl.
Die Moderatorin Laura Ingraham nannte die Wahl ebenfalls eine "Peinlichkeit für das Land". Eine weitere umstrittene Figur ist Tucker Carlson. Der Moderator verteidigte im August indirekt einen 17-Jährigen, der zwei Menschen erschossen haben soll, die gegen Polizeigewalt demonstrierten.
Das tägliche Geschäft läuft bei Fox News allerdings sachlicher ab. Die reinen Nachrichten sind häufig nüchtern formuliert. Der Fernsehsender veröffentlicht auch Umfragen, die nicht immer lobend für Donald Trump ausfallen.
Zu Wort kommen bei Fox News zudem auch Trump-Gegner: Vor fünf Tagen erklärte der liberale Radiomoderator und Aktivist Richard Fowler in einem Gastbeitrag auf der Homepage zum Beispiel, warum die Amerikaner keine Lust mehr auf Trumps Lügen und Inkompetenz hätten.
Konservative Konkurrenz
Die Süddeutsche Zeitung berichtet, der Graben zwischen Nachrichten-Journalisten und bedingungslos Trump-treuen Kommentatoren habe sich bei Fox News vertieft. Ob Trumps wahrscheinliche Abwahl und sein uneinsichtiges Verhalten danach ihn und seinen Lieblingssender weiter auseinandertreiben, ist derzeit nicht absehbar.
Trumps Zweifel an der Wahl werden bei Fox News zwar ausführlich thematisiert. Allerdings betonen die Moderatoren auch immer wieder, dass weder der Präsident noch sein Team bisher Belege für angeblichen Betrug bei den Auszählungen geliefert haben.
Dieser Kurs gefällt nicht jedem. Bei Twitter erklären zahlreiche Nutzer unter dem Hashtag #FoxNewsIsDead, dass sie vom Sender enttäuscht sind. Eine Frau kündigt dort zum Beispiel an, zum konservativen Konkurrenzsender "Newsmax" zu wechseln. Dort finden Trump-treue Amerikaner offenbar, was sie wollen: Am Freitagnachmittag stellen Moderatoren die Frage: Wie können wir den Putsch der Demokraten stoppen?
- Foxnews.com: Trump slammed for not rejecting conspiracy theory Kamala Harris is ineligible for vice presidency
- Foxnews.com: Richard Fowler: Americans are tired of Trump’s lies, incompetence, ignorance and failures
- Newsmax.com
- Podcast "Election Night Viewers Guide"
- Süddeutsche Zeitung 6. November 2020: Plötzlich Journalismus
- The New York Times: Fox News Meets Trumpʼs Fraud Claims With Skepticism
- The Washington Post: The data is in: Fox News may have kept millions from taking the coronavirus threat seriously
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