Donald Trump und Kamala Harris könnten in ihren Ansichten unterschiedlicher kaum sein. Für den Fall, dass sie die US-Wahl gewinnen, haben sie völlig unterschiedliche Pläne, wie es mit dem Land weitergehen soll. Ein Überblick.

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Wird Kamala Harris die erste schwarze Präsidentin der USA? Oder zieht Donald Trump erneut ins Weisse Haus ein – als ältester Präsident beim Amtsantritt in der Geschichte?

Wie das Rennen um die Präsidentschaft ausgeht, klärt sich erst im November. Doch schon jetzt ist klar: In vielen Fragen vertreten Harris und Trump fundamental unterschiedliche Ansichten. Der Überblick über ihre Positionen und Pläne für die Zukunft.

Demokratie

In seiner ersten Amtszeit versuchte Trump, die ohnehin grosse Machtfülle des Präsidentenamtes so weit auszudehnen wie nur irgend möglich – und seine Äusserungen zeigen, dass er bei einer zweiten Amtszeit noch deutlich weiter gehen würde. Am ersten Tag im Amt werde er wie ein "Diktator" agieren, sagte er.

Anders als 2016, als er selbst von seinem Wahlsieg überrascht war, sind Trump und seine Unterstützer dieses Mal vorbereitet. Das von der ultrakonservativen Denkfabrik Heritage Foundation konzipierte "Project 2025" liefert die Blaupause für eine Revolution von rechts: einen kompletten Umbau des Regierungsapparats und einen radikalen Personalaustausch in den Bundesbehörden. Das Weisse Haus hätte danach die straffe Kontrolle über alle Ressorts.

Zwar hat sich Trump von dem Projekt distanziert, doch unterhält er enge Verbindungen zu dessen Verfassern, darunter zahlreiche ehemalige Mitarbeiter seiner Regierung. Selbst prominente Vertreter der Republikaner sehen bei einem Wiedereinzug Trumps ins Weisse Haus die US-Demokratie als hochgradig gefährdet an.

Präsident Joe Biden und seine Vize Harris warnen deshalb vor Trump als eine Gefahr für die US-Demokratie. Harris' Kampagne richtet sich auch vehement gegen das "Project 2025". Es sei ein "ein gefährlicher Plan, den der ehemalige Präsident im Falle seiner Wiederwahl umzusetzen gedenkt", warnt Harris.

Deshalb hatte die Vizepräsidentin etwa im April dafür gesorgt, dass eine neue Vorschrift verabschiedet wurde, die eine Entlassung von Bundesbediensteten erschwert. "Project 2025" sieht unter anderem vor, über einen radikalen Personalaustausch in den Bundesbehörden Schlüsselpositionen mit Getreuen des neuen Präsidenten zu besetzen.

Rechtsstaat

Trump ist der erste strafrechtlich verurteilte Ex-Präsident in der US-Geschichte. In drei weiteren Verfahren ist er angeklagt, zwei davon wegen versuchter Manipulation der Wahl 2020, die er gegen Präsident Joe Biden verloren hatte. Er selbst spricht von einer politischen Kampagne, bei der seine Gegner die Justiz als Waffe missbrauchten.

Sollte er ins Amt kommen, will er sich rächen: Ein "Sonderstaatsanwalt" soll Biden dann vor Gericht bringen, den er als korrupt schmäht. Seine fanatischen Anhänger, die wegen der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols verurteilt wurden, nennt er "Geiseln", die er an "Tag eins" im Amt begnadigen will.

Harris betont derweil die Unabhängigkeit der Justiz in den Verfahren gegen Trump: Die Gerichte "können das regeln", sagt sie.

Die Biden-Harris-Regierung hat derweil Pläne für eine Reform des Obersten Gerichtshofs vorgelegt, um diesen besser vor politischer Einflussnahme zu schützen.

Trump hatte durch die Nominierung konservativer Richter, die auf Lebenszeit ernannt wurden, die politische Ausrichtung des Supreme Court massiv beeinflusst und unter anderem die Entscheidung zur Abschaffung des landesweiten Rechts auf Abtreibung befördert.

Ukraine

Er werde den Krieg zwischen Russland und der Ukraine noch vor seinem eigentlichen Amtsantritt binnen "24 Stunden" beenden, sagt Trump – ohne zu erklären, wie das gehen soll. Zugleich erzählt er, dass er mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin "grossartig" zurechtkomme.

Ein schnelles Ende des Krieges herbeizuführen, würde vermutlich bedeuten, dass Trump die Ukraine zur Abgabe eines grossen Teils des von Russland besetzten Territoriums drängen würde.

Den Druck dazu würde er voraussichtlich durch die Streichungen bei den Militärhilfen für Kiew erwirken. Trump ist entschiedener Gegner der Hilfszahlungen – mit seinem Amtsantritt wäre absehbar, dass die USA als wichtigster Geldgeber Kiews wegfallen.

Harris hat derweil nie einen Zweifel an der US-Unterstützung für die Ukraine gelassen, die "so lange wie nötig" geleistet werde. Angesichts des russischen Angriffskrieges würden die USA, der grösste Geberstaat, "fest an der Seite der Ukraine und unserer Nato-Verbündeten" stehen, betont sie.

Nato

Trump fordert seit jeher von den Verbündeten, mehr Geld für ihre eigene Verteidigung auszugeben – und stellt dabei sogar den Nato-Beistandspakt infrage. Im Frühjahr sagte der Republikaner, er werde zahlungssäumigen Nato-Partnern nicht zu Hilfe kommen, wenn diese angegriffen würden. Er würde die Russen dann sogar ermutigen, mit ihnen zu tun, "was immer sie wollen".

Vizepräsidentin-Harris positioniert sich derweil als starke Befürworterin der multilateralen Zusammenarbeit und der Nato. Die USA hätten eine "unerschütterliche Verpflichtung gegenüber der Nato", sagte sie einmal. Aus ihrer Sicht sei es dumm, die globalen Allianzen der USA zu gefährden.

Gaza-Krieg

Trump unterstützt Israels Vorhaben, die islamistische Palästinenserorganisation Hamas zu vernichten – verlangt aber, dass dies schnell erledigt werden solle. "Ich bin nicht sicher, ob mir die Art und Weise gefällt, wie sie das tun", sagte Trump.

Harris verweist auf Israels Recht auf Selbstverteidigung". Allerdings macht sie auch auf das Leid palästinensischen Bevölkerung und deren "Recht auf Würde, Sicherheit, Freiheit und Selbstbestimmung" aufmerksam.

Sie fordert, zügig ein Abkommen über eine Waffenruhe und die Freilassung der von der islamistischen Hamas verschleppten Geiseln im Gazastreifen zu schliessen. Die Frage, ob sie dafür zu einer Einschränkung der US-Waffenlieferungen an Israel bereit sei, beantwortete sie aber mit Nein.

Klimawandel

Der Immobilienunternehmer, der die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel ignoriert, sagte, er werde "Bidens verschwenderische Ausgaben und den neuen grünen Betrug rasch stoppen" – womit er die Mittel zur Eindämmung des Klimawandels meinte. Die Förderung klimaschädlicher Energieträger wie Öl und Gas will er hingegen in grossem Stil wieder ankurbeln.

Harris sieht im Klimawandel hingegen eine "existenzielle Bedrohung" für die Menschheit. Als Vizepräsidentin unterstützt sie den 2022 verabschiedeten Inflation Reduction Act, das milliardenschwere Klimaschutz- und Sozialpaket der Biden-Regierung. Das Gesetz sieht rund 370 Milliarden Dollar für den Ausbau von erneuerbaren Energien und andere Klimaschutzmassnahmen vor.

Handel und Steuern

In seiner ersten Amtszeit zettelte Trump einen Handelskrieg mit China an und verhängte eine Reihe von Strafzöllen auf Produkte aus der Europäischen Union. Nun sagt er, er wolle eine drastische Ausweitung der Zölle auf fast alle aus dem Ausland importierten Waren. 10 bis 20 Prozent sollen die Zölle auf Waren aus Ländern betragen, "die uns seit Jahren abzocken".

Steuererhöhungen aus der Amtszeit von Joe Biden will Trump allesamt rückgängig machen, stattdessen sollen alle Steuersenkungen, die er 2017 veranlasst hatte, verlängert und auch erweitert werden, für die "Mittelschicht, Oberschicht, Unterschicht".

Die Biden-Harris-Regierung hat den Handel mit Partnern in Europa sowie Asien und Nordamerika ausgeweitet, setzt im Konkurrenzkampf mit China hingegen weiter auf Zollerhöhungen und die aus Trumps Amtszeit weiter bestehen lassen. Ende September sollen die Zölle sogar nochmal angezogen werden.

Harris will eine heimische Wirtschaftspolitik umsetzen, welche der Mittelschicht über steuerliche Entlastungen neue Chancen eröffnet. So soll es für jedes Kind festgelegte und dauerhafte Steuergutschriften geben, ebenso wie für diejenigen, die das erste Mal eine Immobilie erwerben. Haushalte mit einem Jahreseinkommen von mehr als einer Million Dollar sollen mit 28 Prozent besteuert werden.

Migration

Trump kündigte an, an Tag eins im Weissen Haus die grösste Massen-Deportation von Migranten ohne Papiere in der US-Geschichte anzuordnen. Migranten würden "das Blut unseres Landes vergiften". Dabei würde er sich darauf freuen, "das Militär einzusetzen", und Internierungslager für Auszuweisende einrichten.

Harris propagiert eine Politik, die "Konsequenzen" für Einwanderer ohne Papiere haben soll. Gemeinsam mit Biden versuchte sie, in einem parteiübergreifenden Kompromiss eine Verschärfung des Einwanderungsrechts durchzusetzen, die strengere Asylbestimmungen, mehr Grenzbeamte sowie Mittel für einen Ausbau der Sperranlagen an der Grenze zu Mexiko vorgesehen hätte. Das Vorhaben scheiterte aus wahltaktischen Gründen letztlich am Widerstand der Republikaner. (afp/bearbeitet von thp)

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