Acht Jahre lang war Barack Obama Präsident der Vereinigten Staaten. Bei der US-Wahl 2016 am Dienstag wird ihm die Demokratin Hillary Clinton oder der Republikaner Donald Trump nachfolgen. Zeit, Bilanz zu Obamas Präsidentschaft zu ziehen – das sind die Flops.
Barack Obama wirkte am 5. Januar tieftraurig. Dem US-Präsidenten rannen Tränen die Wangen hinunter, die Kameras hielten voll drauf.
Der US-Präsident sprach in einer emotionalen Rede im Weissen Haus darüber, was Waffen in den Vereinigten Staaten anrichten und erinnerte beispielhaft an das Massaker an der Sandy-Hook-Schule in Newtown, bei dem im Dezember 2012 sechs Erwachsene und 20 Grundschulkinder getötet worden waren. Als er es aussprach, zitterte seine Stimme.
Der heute 55-Jährige liess nie einen Zweifel daran, dass er den Besitz von Waffen verbieten oder zumindest stark einschränken würde, wenn er könnte. Es war vielleicht der massgebliche Eckpfeiler seiner Politik.
Obama war kein Symbol nationaler Einheit
Es ist der Anspruch amerikanischer Präsidenten: Die Nation muss sich in ihm (oder ihr) wiederfinden. Er oder sie soll bestenfalls das personifizierte Amerika sein. Es ist ein Selbstverständnis, von dem alle Präsidenten nach George W. Bush und 9/11 weit weg waren – auch Obama.
"Das Symbol nationaler Einheit zu sein, haben die Präsidenten bislang unterschiedlich stark ausgedrückt", erklärt US-Experte Prof. Dr. Thomas Jäger im Gespräch mit unserer Redaktion. "Barack Obama ist nie darüber hinaus gekommen, dass ihn die Hälfte der Bevölkerung als dieses Symbol gesehen hat." Und das, obwohl er in Europa im Vergleich als US-Präsident gut angenommen wurde.
Obama verschlief den Kampf gegen den Terrorismus
Zwar fiel in seine Amtszeit die Exekution des US-Staatsfeindes Nummer eins, des Al-Kaida-Anführers Osama bin Laden, doch Obama richtete seine Arbeit deutlich stärker auf innenpolitische Themen aus - und viel weniger als andere Präsidenten auf aussenpolitische Fragen. Derweil erstarkte im Irak und in Syrien die Terrormiliz Islamischer Staat.
"Für den Kampf gegen den IS hat, glaube ich, keiner ein Patentrezept, aber Obama war zu lange unentschlossen und ohne Strategie", analysierte USA-Kenner Dr. Martin Thunert im Gespräch mit der "Wirtschaftswoche". "Auch der Syrien-Krieg wird den nächsten US-Präsidenten beschäftigten."
Obama ging gegen die IS-Terroristen erst strikter vor, als Frankreich nach den Attentaten von Paris die Initiative ergriff. Da hatte sich der IS in Syrien und im Irak bereits breit gemacht. Welchen Kurs sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin einschlagen wird, ist noch unklar.
Waffengesetze: Obama scheiterte acht Jahre lang
Mehr als 30.000 Menschen werden jährlich durch Schusswaffen in den USA getötet. "Obama hätte die Waffengesetze siebeneinhalb Jahre lang gerne verschärft", sagt Politikwissenschaftler Jäger. "Er hatte aber keine Mehrheit im Kongress, war umgekehrt nicht kompromissbereit."
Obama wollte die Schusswaffengesetze in seinem letzten Amtsjahr per Exekutivanordnung verschärfen, doch auch dieser Ansatz schlug fehl.
Der US-Präsident hatte einerseits mit den Lobbyisten der mächtigen Waffenindustrie im Kongress zu kämpfen, mit Republikanern, die durch Vetorechte seine Politik mit aller Macht bekämpften. Und mit konservativen Abgeordneten und Senatoren, die nichts von dieser für sie zu liberalen Politik hielten.
Obama stand sich aber andererseits zu oft und eben auch in diesem Punkt selber im Weg. Um Waffengesetze stringenter auszulegen, hätte er Kompromisse gebraucht, "gegebenenfalls von seiner Politik abweichen" müssen, erklärt Jäger. "Bill Clinton war einer, der das gemacht hat. Barack Obama war einer, der das nicht gemacht hat."
Vergeblich rannte er mit seinem hehren Ziel gegen seine Gegner an, aber auch gegen Misstrauen in der eigenen Partei. Eine Verschärfung der Waffengesetze in acht Jahren nicht durchgesetzt zu haben, obwohl er fast alles versucht hat, wird wohl der grösste Makel seiner Präsidentschaft bleiben.
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