USA-Experte Julius van de Laar macht Joe Biden mitverantwortlich für die Niederlage der Demokraten bei der US-Wahl. Aber auch Harris habe Fehler gemacht, Trump manches besser.

Ein Interview

Donald Trump ist nicht mehr nur ehemaliger US-Präsident, sondern auch zukünftiger. Seine Kontrahentin, die Demokratin Kamala Harris, ist bei der Präsidentschaftswahl krachend gescheitert. Was haben sie und ihr Team falsch gemacht? Fragen an den Politik-Berater und USA-Experten Julius van de Laar.

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Herr Van de Laar, Donald Trump ist zurück. Indes hat die Fehlersuche in Harris' Team schon begonnen. Was hat die Harris-Kampagne falsch gemacht?

Julius van de Laar: Der Hauptgrund für ihr Scheitern war nicht primär die Kampagne. Es war der Frust über den Status Quo. Das muss man zuallererst Joe Biden anlasten, der wahrscheinlich zu lange gewartet hat, um aus dem Rennen auszutreten. Kamala Harris hatte lediglich 110 Tage, sich der amerikanischen Öffentlichkeit neu zu präsentieren. Harris ist es nicht gelungen, eine positive Vision für die Zukunft zu skizzieren – oft hatte ich den Eindruck, dass sie sich an der Vergangenheit und Donald Trump abgearbeitet hat, der ja auch ausreichend Angriffsfläche bot. Aber das Mantra eines jeden Wahlkampfs gilt: Elections are about the future – es muss in einer Kampagne immer um die Zukunft gehen!

Politik-Berater und USA-Experte Julius van de Laar. © IMAGO/Funke Foto Services/RainerxRaffalski

Was meinen Sie damit?

Trump hat es geschafft, die Wahl zu einem Referendum über den Status Quo und damit über Harris zu machen. 72 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner waren unzufrieden, in welche Richtung sich das Land bewegt. Dazu der prägnante Slogan: "She broke it. I will fix it."

Harris hatte zu wenig Zeit, das war absehbar. Was hätte sie inhaltlich besser machen müssen?

Die extreme Negativität gegenüber Donald Trump war sicher auch ein Grund. Es war eine rückwärtsgewandte Kampagne bei Kamala Harris. Sie hat zurückblickend auf Trump geschaut, die Angriffe gegen die Demokratie genannt. Demokratie war aber nicht das primäre Thema der Wählerinnen und Wähler.

USA-Experte: Trump hatte besseres Gefühl für Stimmung im Land

Die meisten sorgten sich um die Wirtschaft, nicht um die Demokratie.

Exakt. Als dritten Punkt könnte man die Tonalität der Kampagne hinterfragen. Die Kommunikation war oft freudvoll – das Wort, dass die Kamala Harris Kampagne in den ersten Wochen am besten definierte war "Joy". Daran ist auch erstmal nichts verkehrt. Aber die Stimmung im Land war eine andere. Donald Trump hat mit seiner extremen Polarisierung den Ton und den Gefühlszustand der Amerikaner besser getroffen.

Trump hat unter anderem Elon Musk in der Liste seiner Unterstützer. Bei Harris hatte man lange gehofft, dass Taylor Swift ihr die entscheidenden Wählerstimmen verschafft. Das ist offensichtlich nicht geschehen. Was hat Trump hier besser gemacht?

Stars helfen immens, wenn es gelingt, mit ihrer Hilfe die eigene Geschichte weiterzuerzählen. Ich will es konkret machen: Donald Trump hat mehrfach ganz explizit über Elon Musk gesprochen. Aber nicht, ohne dass er Musk in sein "Make-America-Great-Again"-Narrativ eingebettet hat. So erzählte er in den letzten Wochen oft die Geschichte von Musks Raketenstart und wie diese wieder gelandet ist. Ein Wunder und Beispiel einer amerikanischen Erfolgsgeschichte – American Exceptionalism – ganz nach seinem Motto: Amerika kann grossartig sein und ich (Trump) bin derjenige, der diese Weichen für alle stellen will. Dass Elon Musks "SpaceX" auch signifikant vom amerikanischen Steuerzahler mitfinanziert wird, lässt er in dieser Erzählung natürlich ausser Acht.

"Wir brauchen eine handlungsfähige Bundesregierung. Auf uns könnten jetzt scharfe Schutzzölle zukommen, wir müssen auch mit einem Wechsel in der Ukraine-Unterstützung aus dem Weissen Haus rechnen."

Julius van de Laar

In Deutschland und weiten Teilen Europas wird der Sieg von Trump eher kritisch betrachtet, mitunter als dramatisch angesehen. Ist die Stimmung in den USA ähnlich?

Es gibt viele Gruppen, die Trumps Rückkehr ins Weisse Haus dramatisch finden. Die angekündigten Massendeportationen von 16 Millionen Menschen wirken drakonisch. Auch die Abtreibungspolitik wirkt wie eine Rückkehr in die 1950er Jahre. Ich habe mir eine Harris Präsidentschaft erhofft.

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Donald Trump gewann in dem US-Bundesstaat mit 56,2 Prozent. Initiativen zur Legalisierung von Marihuana und für mehr Abtreibungsrechte scheiterten im Sunshine State.

Ein Blick auf Deutschland: Unterstreicht die Rückkehr Trumps, dass es in Deutschland eine neue Bundesregierung braucht?

Wir brauchen eine handlungsfähige Bundesregierung. Auf uns könnten jetzt scharfe Schutzzölle zukommen, wir müssen auch mit einem Wechsel in der Ukraine-Unterstützung aus dem Weissen Haus rechnen. Der aktuelle Zustand dessen, was von der einstigen Bundesregierung übrig geblieben ist, wirkt erschreckend.

Wäre Friedrich Merz besser geeignet als Bundeskanzler Olaf Scholz, um mit Donald Trump fertigzuwerden?

Das kann ich nicht beurteilen. Aber wenn ich die Kampagne von Friedrich Merz leiten würde, dann würde ich den Satz von Trump eins zu eins übernehmen und plakatieren: "He broke it. I’ll fix it."

Zur Person:

  • Julius van de Laar hat Politik und Kommunikationswissenschaften studiert. 2012 war er im Bereich Wählermobilisierung für Barack Obamas Kampagne zur US-Präsidentschaftswahl tätig. Er arbeitet als Strategieberater für Politiker, NGOs und Unternehmen.
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