Der seit Montag laufende Parteitag der US-Demokraten in Chicago ist eine bombastische Show. Stars wie Barack Obama und Oprah Winfrey peitschen die Menge ein. Doch ein dringendes Thema wird dabei kleingehalten.
Als Lil Jon das Mikrofon übernimmt, hält es im United Center in Chicago kaum noch jemanden auf dem Sitz. Der Rapper – blondierte Dreadlocks, blauer Anzug, schwarze Sonnenbrille – läuft mit einem dröhnenden "Yeaaaaah" die Tribünentreppe herunter, dann setzt sein Hit "Turn Down for What" ein. 60 Sekunden grelle Show. Nicht die erste an diesem Abend, und nicht die letzte.
Seit Montag läuft der Parteitag der Demokraten. Was hier im Grossen und Ganzen passieren würde, war schon im Vorhinein klar: die Krönung von
Die Demokratische Partei strotzt in diesen Tagen geradezu vor Selbstbewusstsein. Seit
Tränen und Blind Dates
Am Montag durfte sich Biden noch einmal feiern lassen. Er betrat mit Tränen in den Augen die Bühne, nachdem seine Tochter Ashley ihn in einer emotionalen Ansprache angekündigt hatte. Biden lobte in seiner Rede vor allem sich selbst und seine politischen Leistungen, ehe er am Ende sagte: "Ich habe viele Fehler in meiner Karriere gemacht, aber ich habe in 50 Jahren stets mein Bestes gegeben." Bei allem Jubel für ihn dürfte jeder in dieser Partei erleichtert sein, dass die Ära Biden nun zu Ende geht.
Am Dienstag sorgte der Ehemann von Harris, der Anwalt
Barack Obama skandiert: "Yes, she can!"
Teils humorvoll, teils sehr ernst waren die Reden der
Sowohl Barack als auch Michelle Obama wurden in Chicago, wo die beiden lange zusammen lebten, wie Popstars gefeiert. Beide sprachen mit Charme und Pathos von der neuen Hoffnung, die durch Harris entstanden sei. "Yes, she can!" (zu Deutsch in etwa: "Ja, sie schafft das!") hallte es durch den Saal. Mit dem Spruch "Yes, we can!" hatte Obama 2008 erfolgreich Wahlkampf gemacht.
Proteste gegen den Krieg in Gaza
Auf den ersten Blick ist es ein Parteitag der Einheit. Doch an der demokratischen Basis ist längst nicht alles harmonisch. Das liegt vor allem am verheerenden Krieg in Gaza. Auf den Strassen von Chicago fanden in den vergangenen Tagen mehrere Protestmärsche mit Tausenden Menschen statt, bei denen gefordert wurde, dass die US-Regierung ihre Waffenlieferungen an Israel stoppt.
Sowohl die New Yorker Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez als auch US-Senator Bernie Sanders aus Vermont sprachen den Krieg in ihren Reden an. Abgesehen davon versuchten die Parteifunktionäre allerdings, das Thema kleinzuhalten. Als eine Gruppe von Mitgliedern ein Plakat mit der Aufschrift "Stop arming Israel" ("Stoppt die Bewaffnung Israels") hochhielt, griff die Security sofort ein. In den ersten drei Tagen des Parteitags kam keine einzige palästinensische Person zu Wort.
Von MAGA zu Harris
Bemerkenswert waren die vielen Wortmeldungen ehemaliger Wähler der Republikanischen Partei, die angaben, von
Rührend wurde es am Mittwoch, als Harris' Running Mate Tim Walz die allerletzte Rede des Tages hielt und dabei seiner Familie dankte. Walz sprach darüber, dass er und seine Frau Gwen jahrelang vergeblich versucht hatten, ein Kind zu bekommen, ehe es über In-vitro-Fertilisation klappte und ihre Tochter Hope zur Welt kam.
Während Walz am Ende sagte, dass seine Familie für ihn die Welt sei, formte Hope im Publikum ein Herz mit ihren Händen. Daneben sass Walz' 17-jähriger Son Gus, der weinend rief: "Das ist mein Vater!"
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.