Mit der offiziellen Nominierung Trumps zum Präsidentschaftskandidaten wurde erstmals das Wahlprogramm der Republikaner veröffentlicht - und die Forderungen sind radikaler denn je. Aber längst nicht so radikal wie der ultra-radikale Masterplan der konservativen „Heritage Foundation“. Mit ihrem „Project 2025“ will nicht mal Trump etwas zu tun haben. Aber sind die beiden Programme wirklich so unterschiedlich?

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Mit der offiziellen Kür von Donald Trump zu ihrem Präsidentschaftskandidaten haben die Republikaner auf ihrem Parteitag zugleich das neue Programm vorgestellt. Darin postuliert Trump 20 Forderungen, die er umsetzen will - sollte er im November tatsächlich zum mächtigsten Mann der Welt gewählt werden. Diese Agenda würde nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt einen radikalen Kurswechsel bedeuten.

Einen solchen Neustart fordern auch die Autoren des umstrittenen „Project 2025“. Schon vor einiger Zeit präsentierten die radikalen Konservativen der „Heritage Foundation“ einen 900-seitigen Plan, der auf dem Sturz und Umbau des US-Systems basiert. Die darin geteilten Überlegungen sind so rigoros und extrem, dass sogar Trump sich am vergangenen Dienstag auf X davon öffentlich distanzierte. Trotzdem werden Stimmen laut, er habe bei der Erstellung der Pläne mitgemischt.

Dies umso mehr, weil sich einige Punkte seines Wahlprogramms nicht wirklich von denen des "Project 2025" abgrenzen lassen. Die Agenda der Republikaner teilt viele Grundwerte, die bereits im "Project 2025" vertreten werden. Insbesondere in den Bereichen Migration, Wirtschaft, Gesellschaft und Klimapolitik gibt es deutliche Übereinstimmungen.

Trumps Programm

Zu den Details: Trump will in seinem Wahlprogramm umfassende Veränderungen in verschiedenen Bereichen schaffen und untermauert diese mit konkreten Umsetzungsvorschlägen.

Beim ersten Punkt seiner Agenda, der Migration, fordert er in Grossbuchstaben, die Grenzen zu schliessen und die "Migranteninvasion“ zu stoppen. Dazu soll die in seiner ersten Amtszeit nicht fertiggestellte Mauer an der Grenze zu Mexiko vollendet werden. Doch nicht nur die Einreise von Migranten will er verhindern, zusätzlich verspricht er seinen Wählern die "grösste Abschiebeaktion in der amerikanischen Geschichte“. Konkret betroffen seien "Kommunisten, Marxisten und christenfeindliche Sozialisten".

Das zweite Kernthema: "Die Republikanische Partei wird die schlimmste Inflationskrise seit vier Jahrzehnten, die die Mittelschicht zerstört hat, rückgängig machen.“ Wie Trump das schaffen will? Die amerikanische Energieproduktion steigern, „verschwenderischen Ausgaben“ des Staates eindämmen, Regulierungen abbauen und die Grenzen sichern, um illegale Einwanderer, die den Republikaner zufolge auch die Inflation befeuern, draussen zu halten.

Und das alles unter dem Motto: „America First“. Darunter versteht Trump auch, die heimische Wirtschaft durch höhere Zölle auf ausländische Waren zu stärken. Ausserdem verspricht er, die Unabhängigkeit von China zu festigen und die Autoindustrie "zu retten".

Fürs Klima dagegen will Trump nicht viel tun. Sowohl der "Green New Deal“, der die Wirtschaft nachhaltiger machen soll, als auch Bidens "Elektroauto-Verordnung“ dürften im Falle einer Präsidentschaft Trumps zurückgenommen werden.

Dagegen wird das Thema Abtreibung überraschend liberal behandelt. Die Entscheidungsfreiheit liege bei den Bundesstaaten. Radikaler positioniert sich das Programm in der Gender-Debatte. Hier fordern die Republikaner den Ausschluss von Männern aus dem Frauensport, gemeint sind Transmenschen, zugleich soll die Finanzierung von geschlechtsangleichenden Operationen durch den Steuerzahler verboten werden.

Aussenpolitisch wird Solidarität mit Israel bekundet. Ausserdem soll ein Raketenabwehrsystem für die USA aufgebaut werden. Unklar ist, wie sich das Weisse Haus künftig gegenüber der Ukraine verhalten wird.

Die Forderungen des "Project 2025"

Die Grundlagen für das, was sich die republikanische Bewegung vorgenommen hat, finden sich bei der Heritage Foundation und in deren Masterplan "Project 2025“.

"Es reicht nicht, dass die Konservativen die Wahlen gewinnen. Wenn wir das Land aus dem Griff der radikalen Linken befreien wollen, brauchen wir sowohl ein Regierungsprogramm als auch die richtigen Leute, die bereit sind, dieses Programm am ersten Tag der nächsten konservativen Regierung umzusetzen. “

Worte, die sich fast wie eine Kriegserklärung lesen. Formuliert haben sie Projektleiter Paul Dans und seine Mitarbeiter auf der offiziellen Website des „Project2025“. Ähnlich wie im Wahlprogramm der Republikaner liegt ein Schwerpunkt des radikalen Plans auf der Einwanderungskontrolle. Beamte, die eine Abschottung gegenüber Migranten nicht unterstützen, sollen entlassen werden.

Zudem sollen tausende erfahrene Berufsbeamte in den Bundesbehörden loyalen Reaktionären weichen. Potenzielle Anwärter auf Jobs im Regierungsapparat wurden im Rahmen von "Project 2025" bereits auf ihre Gesinnung durchgecheckt. Damit soll ein reaktionärer Präsidialstaat unter Trump geschaffen werden, der keine abweichenden Meinungen mehr zulässt.

Fast alle Teile der Bundesbehörden sollen umgekrempelt werden, die Ministerien für Erziehung und Heimatschutz wollen die Strategen komplett abschaffen. Ziel ist eine drastische Zentralisierung der Regierungspolitik, mit deren Hilfe das Weisse Haus eine straffe Kontrolle über alle Ressorts ausüben kann.

Auch ökonomisch macht das Project klare Vorgaben: Gefordert wird eine steuerliche Entlastung von Haushalten mit hohen Einkommen. Auf der anderen Seite müssen Bürger mit mittlerem und niedrigem Einkommen nach den Plänen der Heritage Foundation grosse Einbussen hinnehmen.

Wie das Wahlprogramm der Republikaner lehnt auch das "Project 2025" eine progressive Genderpolitik strikt ab – dabei geht die Heritage Foundation sogar noch weiter: sie bekämpft die gesamte LGBTQ+-Agenda und will Transgenderpersonen aus dem Militär entfernen lassen. Sie propagiert eine konservative Sicht der Geschlechterrollen - und lehnt Geschlechtsumwandlungen ab.

Auch beim Thema Abtreibung sind die Forderungen des "Project 2025" deutlich radikaler, es wird klar Position bezogen gegen Abtreibung und Frauenrechte - und für eine streng konservative Haltung.

Besonders extrem ist die Haltung in der Klimapolitik, die als solche eigentlich gar nicht mehr bezeichnet werden kann. Die Förderung erneuerbarer Energien soll komplett eingestellt werden, stattdessen vertrauen die Project-Autoren auf ungebremste Öl- und Gasförderung. Die Klimakrise wird als politisches Instrument der Linken abgetan, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel werden nicht anerkannt.

Aussenpolitisch fordern die republikanischen Puristen, die Beteiligung an internationalen Organisationen zu überdenken, die "kontroverse Politiken" vorantreiben. Zudem solle Amerika nach aussen hin evangelikal-christlich auftreten. Das "Project 2025" verfolgt die Vision, die USA in einen christlich-fossilen Gottesstaat zu verwandeln.

Die Rolle von Trumps neuem Vize Vance

Nach Recherchen des Senders CNN waren mindestens 140 Mitarbeiter Trumps an der Erstellung des "Project 2025" beteiligt - darunter der kürzlich von ihm ernannte Vizepräsidentschaftskandidat Vance. Die Vermutung, dass auch Trump von den radikalen Plänen wusste und sie guthiess, liegt also nahe.

Was erahnen lässt, wie viel Einfluss die Heritage Foundation in einer zweiten Amtszeit von Trump ausüben könnte. Ihre Ziele und Massnahmen zur Umgestaltung von Staat und Gesellschaft sind jedenfalls umfassend - und deutlich radikaler als das, was Trump bisher als seine eigene Agenda preisgab.

Kein Wunder also, dass US-Präsident Joe Biden das "Project 2025" in den Mittelpunkt seiner Warnungen vor einer Trump-Wiederwahl gestellt hat. Er nannte die Pläne kürzlich in einer Wahlkampfrede "den grössten Angriff auf unser Regierungssystem und unsere persönliche Freiheit, der jemals in der Geschichte dieses Landes vorschlagen worden ist". Auf dutzenden Plakatwänden in Milwaukee bezeichnen Bidens Demokraten "Project 2025" als die "furchteinflössende" Agenda Trumps und seines Vizes J.D. Vance. Da kann Trump sich noch so sehr von den reaktionären Vorhaben seiner Vordenker distanzieren.

Joe Biden

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Nach dem Attentat auf Donald Trump rief US-Präsident Joe Biden zur Mässigung auf. Nun ist er offenbar wieder in den Wahlkampfmodus zurückgekehrt. Auf einer Veranstaltung von schwarzen US-Amerikanern erklärte er, vier weitere Jahre mit Trump wären "die Hölle".

Verwendete Quellen.

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