Die Republikaner nominieren US-Präsident Donald Trump offiziell zum Kandidaten für die Wahl im November, die ganz im Zeichen von Corona steht. Trumps Krisenmanagement ist umstritten. Viele Anhänger halten ihm dennoch die Treue. Für sie zählt vor allem: America First.
Wäre das Publikum bei der Waffenshow in Sarasota im Bundesstaat Florida repräsentativ für die USA, dann müsste Präsident Donald Trump nicht um seine Wiederwahl bangen. Zwischen Messern und Schusswaffen gibt es etliche Trump-Devotionalien zu kaufen, ein Stand bietet ausschliesslich solche Produkte an - etwa eine Flagge, die den Präsidenten als Rambo mit Maschinengewehr zeigt. Michael Lavigne betreibt den Stand, natürlich ist er ein Trump-Unterstützer. "Bleiben Sie zuversichtlich, dass er gewinnen wird", sagt Lavigne. "Dieses Land ist nicht bereit für Sozialismus."
Am Montag beginnt der Parteitag der Republikaner - im Zeichen der Pandemie
An diesem Montag (Ortszeit) beginnt der Parteitag der Republikaner, bei dem die Delegierten
Die Pandemie war es, die Trumps Plänen einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Florida wurde zu einem Corona-Hotspot. Zum Höhepunkt Mitte Juli verzeichnete der Bundesstaat mit seinen rund 21 Millionen Einwohnern mehr als 15.000 Neuinfektionen an einem Tag - gut ein Viertel aller Neuansteckungen in den USA. Trump sah sich gezwungen, den Parteitag in Jacksonville abzusagen. Das Virus könnte ihn auch die Wiederwahl kosten. Die Pandemie hat bislang mehr als 170.000 der rund 330 Millionen US-Bürger das Leben gekostet und die USA in eine schwere Wirtschaftskrise gestürzt. Experten gehen bis Ende des Jahres von bis zu 310.000 Toten aus. Seit Monaten ist eine deutliche Mehrheit in Umfragen unzufrieden mit Trumps Krisenmanagement.
Swing State Florida - Tage in Jacksonville sollen zu Trump-Festspielen werden
Florida hat eine besondere Bedeutung für Trump. Dort liegt sein Feriendomizil Mar-a-Lago. Vor allem aber ist Florida ein wichtiger Swing State, also einer jener Bundesstaaten, die keiner der beiden Parteien klar zuzuordnen sind - und die im November über Sieg oder Niederlage entscheiden könnten. In landesweiten Umfragen liegt Trump hinter Biden. Das muss wegen des komplizierten US-Wahlsystems nicht viel sagen, deutet aber darauf hin, dass es knapp werden könnte.
Die Tage in Jacksonville mit Tausenden Teilnehmern sollten zu Trump-Festspielen werden und seinem Wahlkampf neuen Schwung geben. Nun wird der Parteitag wegen der Pandemie in deutlich abgespeckter Form stattfinden. Das war bei den Demokraten vergangene Woche nicht anders. Trumps Format ist das aber nicht: Er blüht auf der ganz grossen Bühne auf, wenn er das jubelnde Publikum anheizen kann.
US-Präsident geniesst bei seinen Anhängern weiterhin grossen Rückhalt
Nach wie vor geniesst Trump viel Rückhalt, wie sich auch in Florida zeigt. Trump-Unterstützer Lavigne trägt eine Maske mit der Aufschrift "Waffenbesitzer für Trump", viele Besucher in der Halle - in der Fotografieren verboten ist - verzichten dagegen auf den vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz. "Er hat ein paar Fehler gemacht", sagt Lavigne über Trumps Umgang mit dem Virus. "Aber die Sache ist die: China hat die Welt getäuscht, okay? Sie haben darüber gelogen." Und die Zehntausenden Neuansteckungen in den USA jeden Tag? "Wir testen mehr als jedes andere Land, also haben wir natürlich mehr Fälle." Das sind exakt die Argumente Trumps - dem Biden vorwirft, die Amerikaner nicht vor dem Coronavirus geschützt zu haben.
Lavigne schätzt unter anderem, dass Trump das Militär gestärkt hat, das sei "superwichtig. Und die einfache Tatsache, dass er immer noch an ein Amerika glaubt, wie es früher war, und nicht an den sozialistischen Mist, der sich gerade anbahnt." Trump warnt unentwegt davor, dass die Demokraten den Sozialismus einführen wollen. "Es geht bei dieser Wahl um das Überleben der Nation", sagte er kürzlich. Tatsächlich haben die Positionen Bidens - der zum gemässigten Flügel seiner Partei zählt - aus europäischer Sicht nichts mit Sozialismus zu tun, eher kommen sie denen von Sozialdemokraten nahe.
Der Gegenentwurf zum Karrierepolitiker
Was Lavigne an Trump auch gefällt: "Ich denke, der Kerl ist etwas kantig und so, aber er versteckt nicht, was er fühlt, im Gegensatz zu Politikern, die einem nie etwas sagen." Trump gibt sich mit seiner oftmals brachialen Art als Gegenentwurf zu Berufspolitikern wie Biden. Dass der New Yorker Immobilien-Milliardär - der vor der Präsidentschaftswahl 2016 nie für ein politisches Amt kandidiert hatte - nicht aus dem Washingtoner Establishment stammt, kommt bei seinen Anhängern gut an. Auch bei Francis P. Die 66-jährige Ex-Managerin lebt eigentlich in New Jersey, während der Pandemie ist sie mit ihrem Ehemann Mark R. (71) zur Mutter nach Sarasota gezogen.
Dass die Eheleute ihren vollen Namen nicht gedruckt sehen wollen, zeigt, wie sehr Trump polarisiert. "Ein Grund, warum ich ihn unterstütze, ist, dass er kein Karrierepolitiker ist", sagt Francis P. "Ich mag ihn nicht als Person. Aber er hat getan, was er gesagt hat." Trump habe seinen Fokus stets auf die wirtschaftliche Entwicklung gelegt. Er habe Regularien und Bürokratie abgebaut. Bis zur Pandemie hätten mehr US-Bürger Arbeit gehabt als je zuvor.
Es geht nur um eines: "America First. Unbedingt."
Ihr Ehemann sieht das ähnlich. "Ich bin eher ein Unterstützer von Trumps Politik als von Trump persönlich", sagt Mark R.. Der Präsident habe die USA sicherer gemacht, Jobs geschaffen und mit der Ernennung konservativer Richter wieder eine Balance in der Justiz hergestellt. Trump habe China im Handelskonflikt Paroli geboten und für eine fairere Lastenverteilung in der Nato gesorgt. "Sollen wir europäischen Ländern erlauben, nicht für ihre eigene Verteidigung zu bezahlen?", fragt Mark R. - und nennt dabei ausdrücklich Deutschland.
Was die Eheleute ebenso wie Lavigne Trump hoch anrechnen: Dass er die USA ohne Wenn und Aber an die erste Stelle setzt. Lavigne formuliert das so: "Wir glauben, dass unser Land das beste ist. Und wir wollen, dass das so bleibt." America First also? "America First. Unbedingt." (dpa/mgb)
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