• Schockierende Szenen in der US-Hauptstadt Washington.
  • Anhänger von US-Präsident Donald Trump stürmen das Kapitol.
  • Es fallen Schüsse - die Polizei bestätigt vier Todesfälle im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol.
  • Der designierte Joe Biden spricht von einem Angriff auf die Demokratie.

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Proteste aufgebrachter Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump in der Hauptstadt Washington sind am Mittwoch eskaliert und haben für Chaos und Gewalt im politischen Zentrum der USA gesorgt. Nach einer einheizenden Rede des Republikaners marschierten Trump-Unterstützer vor dem Kapitol auf, dem Sitz des US-Parlaments, um gegen die Zertifizierung der Präsidentschaftswahlergebnisse zu protestieren. Randalierer erstürmten das Kongressgebäude. Die beiden Kongresskammern mussten ihre Sitzungen abrupt unterbrechen, Parlamentssäle wurden geräumt, Abgeordnete in Sicherheit gebracht.

Im Kapitol wurde eine Person tödlich verletzt. Eine Frau, die nach dem Eindringen von Unterstützern des abgewählten US-Präsidenten angeschossen wurde, ist gestorben. Eine Polizeisprecherin bestätigte das der Deutschen Presse-Agentur. Die genauen Hintergründe sind noch unklar.

Wie der Polizeichef von Washington DC, Robert Conteem, erklärte, seien drei weitere Personen im Zusammenhang mit den Ausschreitungen verstorben. "Wir kennen die Todesursache noch nicht - wir glauben, es handelt sich um eine Art medizinischen Notfall." Der Sender NBC berichtete darüber hinaus unter Berufung auf Sicherheitskräfte von weiteren Verletzten.

Auf Bildern des Senders CNN war zu sehen, wie Randalierer Fensterscheiben zerschlugen, sich so Zugang zum Gebäude verschafften und auch in Abgeordnetenbüros eindrangen. Auf einem anderen Bild posierte ein Demonstrant im geräumten Senatssaal mit erhobener Faust auf dem Platz des Kammervorsitzenden.

Angesichts der Unruhen wurde die Nationalgarde mobilisiert. Im Kapitol schwärmten bewaffnete Sicherheitskräfte durch die Räume, um die Unruhestifter zu stellen. In Washington trat am Abend eine Ausgangssperre bis zum frühen Donnerstagmorgen in Kraft. Auch für die angrenzenden Städte Arlington und Alexandria wurde eine nächtliche Ausgangssperre verhängt.

Abgeordnete, die sich in Sicherheit gebracht hatten, meldeten sich über soziale Medien oder per Telefonschalten im nationalen Fernsehen zu Wort. Der republikanische Abgeordnete Adam Kinzinger etwa nannte die Vorgänge bei CNN "ekelhaft" und "absolut verabscheuungswürdig".

Sturm aufs Kapitol: Regierungschefs weltweit schockiert

Der künftige US-Präsident Joe Biden sprach von einem Angriff auf die Demokratie. "Das Kapitol zu stürmen, Fenster einzuschlagen, Büros zu besetzen, den Senat der Vereinigten Staaten zu besetzen, durch die Schreibtische des Repräsentantenhauses im Kapitol zu stöbern und die Sicherheit ordnungsgemäss gewählter Beamter zu bedrohen, ist kein Protest", sagte Biden. "Es ist Aufruhr."

Auch international lösten die Unruhen Besorgnis aus. Regierungschefs anderer Länder äusserten sich schockiert über die Ausschreitungen.

Im Kapitol hatten sich das Repräsentantenhaus und der Senat am Mittwochmittag (Ortszeit) versammelt, um die Ergebnisse der US-Präsidentenwahl vom November - und Bidens Sieg - offiziell zu bestätigen. Tausende Trump-Anhänger strömten in die US-Hauptstadt, um gegen die Zertifizierung des Wahlausgangs zu protestieren.

Trump hatte die Wahl mit deutlichem Abstand gegen den demokratischen Herausforderer Biden verloren. Er weigert sich aber, seine Niederlage einzugestehen. Trump behauptet, er sei durch massiven Betrug um den Sieg gebracht worden. Weder er noch seine Anwälte legten stichhaltige Beweise dafür vor. Dutzende Klagen des Trump-Lagers wurden bislang von Gerichten abgeschmettert, auch vom Obersten US-Gericht.

Kurz vor dem Start der Kongresssitzung war Trump nahe dem Kapitol vor seinen Anhängern aufgetreten, hatte seine unbelegten Wahlbetrugsbehauptungen wiederholt und seine Unterstützer dazu aufgerufen, zum Kapitol zu ziehen. Sie dürften sich den "Diebstahl" der Wahl nicht gefallen lassen.

Trump verurteilt den Angriff nicht - Twitter sperrt sein Konto

Nachdem zahlreiche Politiker eindringlich an Trump appellierten, den Gewaltausbruch zu stoppen, veröffentlichte der Präsident auf Twitter eine Videobotschaft, in der er seine Anhänger aufrief abzuziehen. Er verstehe den Ärger über den Ausgang der Wahl, "aber ihr müsst jetzt nach Hause gehen", sagte Trump in dem Clip. Zugleich sagte er an die Adresse seiner Anhänger: "Wir lieben euch."

Später schrieb er in einem weiteren Tweet, solche "Dinge und Geschehnisse" passierten eben, wenn "ein Erdrutschsieg" gestohlen werde. "Erinnert Euch für immer an diesen Tag!", schob er nach.

Twitter sperrte Trumps Konto schliesslich für zwölf Stunden. Drei Tweets des Accounts hätten "wiederholt und schwerwiegend" gegen die Richtlinien der Plattform verstossen, erklärte der Kurznachrichtendienst zur Begründung.

Deutlicher wurde US-Vizepräsident Mike Pence. Trumps Stellvertreter schrieb auf Twitter: "Friedlicher Protest ist das Recht jedes Amerikaners, aber dieser Angriff auf unser Kapitol wird nicht toleriert werden und jene, die daran beteiligt sind, werden mit der ganzen Härte des Gesetzes zur Verantwortung gezogen."

Pence hatte die Kongresssitzung vor der Unterbrechung geleitet. Trump hatte ihn direkt dazu aufgerufen, sich gegen die Zertifizierung des Wahlergebnisses zu stellen - entgegen den gesetzlichen Vorgaben. Pence wies dieses Ansinnen jedoch zurück.

Die Zertifizierung der Wahlergebnisse ist in den USA üblicherweise eine Formalie. Diverse Republikaner hatten jedoch vorab eine politische Störaktion angekündigt, bei der sie Einspruch gegen Ergebnisse aus mehreren Bundesstaaten einlegen wollten. Trump wiederum hatte über Wochen diesen Tag der Kongresssitzung - ohne jegliche Grundlage - als letzte Möglichkeit dargestellt, den Wahlausgang noch umzustürzen. Tatsächlich ist am Wahlausgang aber nicht zu rütteln. Auch die politische Störaktion der Republikaner hatte von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg. Mehrere hochrangige Republikaner hatten die geplante Aktion ihrer Parteikollegen und Trumps andauernden Feldzug gegen den Wahlausgang als gefährlich kritisiert.

Demokraten sichern Mehrheit im Senat

Biden soll am 20. Januar vereidigt werden. Er kann darauf hoffen, künftig beide Kammern im Kongress hinter sich zu haben. Die Demokraten sicherten sich Prognosen von US-Medien zufolge mit Siegen bei zwei Stichwahlen im Bundesstaat Georgia die Kontrolle im US-Senat, wie am Mittwoch inmitten der Turbulenzen bekannt wurde. Der demokratische Kandidat Jon Ossoff setzte sich gegen den bisherigen republikanischen Amtsinhaber David Perdue durch. Zuvor war der Demokrat Raphael Warnock bereits zum Sieger im Rennen gegen die republikanische Noch-Senatorin Kelly Loeffler ausgerufen worden.

Mit einer faktischen Mehrheit im Senat kann Biden vor den nächsten Kongresswahlen in zwei Jahren durchregieren - vorausgesetzt, die Demokraten im Kongress ziehen an einem Strang. Im Repräsentantenhaus stellen die Demokraten bereits die Mehrheit. (br/dpa)

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