US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump wird laut Umfragen von vielen Amerikanern abgelehnt. Doch auch seine Kontrahentin Hillary Clinton ist umstritten. Doch wie konnten sich die beiden dann in den Vorwahlen durchsetzen?

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Der Republikaner Donald Trump als Präsident der USA? Bloss nicht! Das wäre ein aussenpolitisches Fiasko - da ist sich die Presse in Deutschland einig. Hillary Clinton erfreut sich da weitaus grösserer Beliebtheit. In den Staaten selbst sind beide Präsidentschaftskandidaten gleichermassen umstritten. Dort sieht sich nicht nur Trump, sondern auch die Demokratin Clinton mit Vorwürfen konfrontiert. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt USA-Kenner Dr. Martin Thunert vom Heidelberg Center for American Studies, was beiden Kandidaten vorgehalten wird und wieso sie bei den Vorwahlen dennoch alle anderen hinter sich liessen.

  • Was Kritiker Donald Trump vorhalten

Hillary Clinton und Donald Trump sind mit historisch schlechten Werten in den Präsidentschaftswahlkampf gestartet. In einer Umfrage der "Washington Post" und des Senders ABC sind beide bei fast 60 Prozent der Befragten unbeliebt. "Das ist schon ungewöhnlich, dass beide Kandidaten negativ gesehen werden", sagt Politikwissenschaftler Dr. Martin Thunert.

Bei Trump seien die Gründe leicht nachvollziehbar, schliesslich sei der Unternehmer mit einzelnen Bevölkerungsgruppen rüde umgegangen. "Er hat ein paar Dinge gesagt, die die Wähler nicht vergessen werden. Viele halten ihn für charakterlich ungeeignet, Präsident zu sein", schildert Thunert. Zudem werde Trump Ahnungslosigkeit bei aussenpolitischen Themen vorgehalten. "Er hat bei Auftritten gezeigt, dass er sich in den Details der Aussen- und Sicherheitspolitik nicht so auskennt", erklärt er. Das könne der 70-Jährige im Falle einer Wahl zum Teil durch Berater kompensieren. "Einige haben aber schon erklärt, dass sie nicht mit ihm zusammenarbeiten würden".

  • Was Kritiker Hillary Clinton vorhalten

"Bei Clinton geht es nicht um Kompetenz, die spricht ihr niemand ab", sagt Thunert. Bei ihr gehe es um Vertrauenswürdigkeit.

Vorwurf Nummer eins: Geldgier. Bill und Hillary Clinton liessen sich für einzelne Reden vor Unternehmen oder Günstlingen mit mehr als 200.000 US-Dollar entlohnen. "Dadurch sind sie sehr, sehr reich geworden. Als Bill Clintons Amtszeit als US-Präsident 2001 endete, waren beide durch Gerichtskosten fast pleite, weil er in der Lewinsky-Affäre und danach viele Kosten zu tragen hatte", erklärt er. Heute seien die Clintons mehrfache Millionäre.

Vorwurf Nummer zwei: Kalkül. "Was man Hillary Clinton nicht ohne weiteres abnimmt ist, dass sie sich für den 'kleinen Mann' einsetzt. Sie bekommt die höchsten Honorare von Wall-Street-Firmen, unter anderem von der Deutschen Bank", erzählt er, "und die Leute fragen sich, wie das zusammenpasst. Gerade in den vergangenen Tagen hat sie für den Wahlkampf bei Millionären auf Long Island viel Geld eingesammelt. Die Hamptons auf Long Island sind sozusagen das Kitzbühel der Staaten".

Mancher zahle 100.000 Dollar dafür, dass Hillary mit ihm am Tisch plaudere. "Das widerspricht ihrer Anwaltschaft für die 'kleinen Leute'. Die Wähler zweifeln daran, dass sie die Finanzindustrie regulieren wird, da sie von ihr abhängig ist."

Vorwurf Nummer drei: Unehrlichkeit. Clinton wickelte einst als Aussenministerin den gesamten dienstlichen Verkehr über einen privaten E-Mail-Server ab, der in ihrem Wohnhaus stand. "In diesem Zusammenhang gibt es verschwundene iPads, verschwundene USB-Sticks und so weiter. Warum hat sie den Server zu Hause, wenn sie nichts zu verbergen hat?", sagt er. "Viele Leute trauen ihr nicht über den Weg." Kritiker behaupten, sie versuche Spenden an die Clinton-Stiftung ihres Mannes zu verschleiern, die im Zusammenhang mit ihrer politischen Arbeit stünden.

"Viele junge Schwarze erinnern zudem daran, dass Gesetze, wegen derer Leute bereits wegen Bagatelldelikten ins Gefängnis kommen, in den 1990er-Jahren verabschiedet wurden, als ihr Mann regierte", sagt er. "Sie besinnt sich zu wenig darauf, den Leuten zu zeigen, was unter ihr besser wird."

  • Wieso Clinton und Trump alle anderen ausstachen

Bei den Demokraten war es seit Februar ein Zweikampf zwischen Bernie Sanders und Hillary Clinton. "Wir wissen aus E-Mails, dass die Parteiführung parteiisch zugunsten Hillarys war und Debatten auf Tage legte, an denen Sanders keine zusätzliche Plattform hatte", erklärt Thunert. Clinton habe wiederum zu Minderheiten wie den Hispanics sehr gute Beziehungen aufgebaut. "Das, und eine leichte Manipulation der Parteiführung zu ihren Gunsten, erklärt die Niederlage von Sanders."

Trump dagegen habe sich die Frustration der Leute im unteren Lohnsegment zunutze gemacht. "Nach der Finanzkrise war der Frust da. Leute haben ihre Eigenheime verloren oder ihre Eigenheime sind weniger wert, als sie dafür bezahlt haben", erzählt er. "Diese Stimmung hat er früh erkannt und somit 16 führende Politiker schlagen können. Er konnte die Parteibasis der Republikaner für seine Themen mobilisieren."

Hätte er seit Januar nur einen statt mehrerer Gegenkandidaten gehabt, hätte dieser vielleicht die Anti-Trump-Stimmen hinter sich vereinen können, sagt Thunert. Das war aber nicht der Fall. "Er hat der Partei gezeigt, dass ein grosser Teil der Anhänger ihr Programm nicht teilt, sondern eher hinter seiner nationalistischen und protektionistischen Botschaft steht".

Trump habe zudem Leute für Wahlen mobilisiert, die davor nicht wählen gegangen waren, weil sie die politische Klasse ablehnten. "Für sie kommt ein Mann wie Trump wie ein Messias daher. Das ist bei Populisten oft so gewesen", sagt er. "Etablierte Politiker unterschätzen das Ausmass der Unzufriedenheit."

Dr. Martin Thunert ist Dozent am Heidelberg Center for American Studies (HCA) der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Sein Institut erforscht und analysiert interdisziplinär historische, kulturelle, wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Entwicklungen in den USA.
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