Die Präsidentschaftswahlen in den USA haben nicht nur Auswirkungen auf die Vereinigten Staaten. Auch in Europa erwartet man den Ausgang mit Spannung. Als klar gilt schon jetzt: Man wird mehr für die eigene Sicherheit ausgeben müssen, egal wer die Wahl gewinnt.

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Mit Nervosität blickt Europa auf die US-Präsidentschaftswahlen am 5. November. Die meisten Politiker machen keinen Hehl daraus, dass sie die Demokratin Kamala Harris für eine deutlich verlässlichere Partnerin für EU und Nato halten. Eine mögliche zweite Amtszeit des Republikaners Donald Trump ruft dagegen Sorgen hervor - allerdings nicht bei allen.

Ist Europa im Fall eines Trump-Siegs noch sicher?

Trump hat den Europäern im Wahlkampf mit dem Ende des Nato-Beistandspakts gedroht, wenn sie nicht genug für Verteidigung ausgeben. Der Republikaner drohte, Verbündete an Russland auszuliefern, wenn diese nicht genug für Verteidigung zahlten. Harris hat dagegen wiederholt versichert, sie stehe hinter der Nato, die im Juli in Washington ihren 75. Gründungstag gefeiert hatte.

Wie reagiert die Nato?

Der neue Bündnis-Generalsekretär Mark Rutte gibt sich seit seinem Amtsantritt am 1. Oktober betont gelassen. Er rief die Verbündeten auf, sich "keine Sorgen wegen einer Trump-Präsidentschaft zu machen". Der Niederländer verweist auf die erste Amtszeit des Republikaners bis 2021. Damals erklärte Trump die Allianz zwar für "obsolet" - also hinfällig, er zog die USA aber nicht aus dem Bündnis zurück.

Müssen die Europäer mehr für ihre Verteidigung ausgeben?

Das gilt als sicher - egal ob Harris oder Trump die Wahl gewinnt. In diesem Jahr erfüllen erst 23 der 32 Nato-Länder die Vorgabe, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben. Italien und Spanien gehören zu den Staaten, die hinterherhinken. Wenn Trump Druck auf solche Länder mache, sei dies nur "vernünftig", findet ein EU-Diplomat. Osteuropäische Staaten wie Polen und Estland fordern längst höhere Verteidigungsinvestitionen.

Wie steht Europa geopolitisch da?

Brüsseler Diplomaten sind sich einig: Auch bei einem Wahlsieg von Harris werden sich die USA stärker auf ihre Rivalität mit China konzentrieren. Der scheidende EU-Ratspräsident Charles Michel appelliert deshalb an die Europäer, sich unabhängiger von Washington zu machen. "Ich möchte nicht, dass meine Kinder davon abhängig sind, wer der nächste Präsident der Vereinigten Staaten, Chinas oder Russlands sein wird", sagte er AFP und anderen europäischen Nachrichtenagenturen.

Wie sieht es mit den Ukraine-Hilfen aus?

Trump droht, die Militärhilfen für die Ukraine im Fall eines Wahlsiegs ganz zu streichen. Zur Vorsorge haben sich die sieben grossen Industrieländer (G7) diese Woche abschliessend auf ein Hilfspaket von 50 Milliarden US-Dollar (gut 45 Milliarden Euro) für Kiew geeinigt. Die Europäer sind sich allerdings uneins, ob Trump Kiew fallen lässt. Falls sein geplanter "Deal" mit Russland scheitere, könne er sich auch wieder der Ukraine zuwenden, sagt ein Diplomat. Trump sei unberechenbar.

Wie steht es um die EU-Handelsbeziehungen zu den USA?

Wegen Trumps "America first" (Amerika zuerst)-Politik hatten sich die Beziehungen in seiner ersten Amtszeit massiv verschlechtert. Der Republikaner warf der EU unfairen Wettbewerb vor und verhängte 2018 Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Unter Joe Biden wurde der Streit vorerst beigelegt, die Vereinbarung läuft allerdings im Frühjahr aus.

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Was befürchten die Europäer nach der Wahl?

Neue Zölle. "Unter der Trump-Regierung gab es den Willen, in Handelsfragen konfrontativ aufzutreten", sagt die ehemalige Rechtsberaterin der US-Handelsbeauftragten, Greta Peisch, der Nachrichtenagentur AFP. Eine US-Präsidentin Harris werde hingegen "versuchen, unnötige Konflikte zu vermeiden". Der Belgier Michel hält die USA dagegen für ein "protektionistisches Land" - egal wie die Wahl ausgeht.

Ist Europa für einen Handelsstreit gerüstet?

"Die EU ist viel besser auf eine weitere Amtszeit Trumps vorbereitet", sagt ein Diplomat. Die EU-Kommission lässt intern diverse Szenarien durchspielen. "Anders als beim letzten Mal haben wir verschiedene Handelsinstrumente", heisst es dazu. Als letztes Mittel gelten Vergeltungszölle auf eine Reihe von US-Produkten. (afp/bearbeitet von mm)

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