Millionen Amerikaner werden bei der Präsidentenwahl per Post abstimmen. Deswegen steht der beliebte staatliche Logistikkonzern plötzlich im Zentrum eines parteipolitischen Streits. Die Demokraten wollen mit einem Gesetz Abhilfe schaffen, die Republikaner mauern.
Wegen der grossen Bedeutung der Briefwahl bei den US-Wahlen im November hat das Repräsentantenhaus ein Gesetz zur Stärkung der staatlichen Post beschlossen. Es verbietet der Post, weniger Dienstleistungen als zu Jahresbeginn anzubieten und sieht zudem eine Finanzspritze von 25 Milliarden US-Dollar (21 Milliarden Euro) vor. Das Gesetz wurde am Samstagabend (Ortszeit) von der demokratischen Mehrheit der Parlamentskammer durchgedrückt, aber auch gut 20 Republikaner stimmten zu. 150 Abgeordnete stimmten dagegen.
Demokraten hatten Gesetz auf den Weg gebracht
Die Demokraten hatten das Gesetz wegen Berichten über zunehmende Verspätungen bei der Zustellung auf den Weg gebracht. Für Aufsehen hatten auch Berichte über den Abbau von Briefkästen und Sortiermaschinen gesorgt. Die Demokraten machten Reformen des seit Juni amtierenden neuen Post-Chefs für die Missstände verantwortlich. Die Demokraten befürchten, dass die Regierung von US-Präsident
Die von Demokraten kontrollierte Parlamentskammer hatte für die Abstimmung seine Sommerpause unterbrochen, obwohl die Erfolgaussichten des Gesetzes bestenfalls unklar waren. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, erklärte prompt, die Parlamentskammer werde dem Gesetz nicht zustimmen. Das Weisse Haus hatte bereits zuvor erklärt, dass der Präsident sein Veto einlegen werde, falls beide Kammern zustimmen sollten.
Post sei dringend benötige öffentliche Dienstleistung
Die Post sei eine dringend benötigte öffentliche Dienstleistung und kein gewinnorientiertes Privatunternehmen, sagte die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Der Abgeordnete Jim McGovern erklärte, Trump schwäche die Post, um die Wahlbeteiligung zu senken. In den USA "sollte jede Stimme zählen", forderte McGovern.
Wegen der Corona-Pandemie wird bei der Wahl am 3. November mit einer deutlichen Zunahme der Abstimmung per Briefwahl gerechnet. Sollten Stimmzettel wegen Verspätungen der Post zu spät in den Wahlämtern eintreffen, wären sie ungültig. Falls das bei Tausenden oder Zehntausenden Stimmzetteln passieren sollte, könnten Zustellprobleme theoretisch die US-Wahl entscheiden. Bei den Wahlen 2016 stimmten gut 33 Millionen Amerikaner per Post ab.
Trump spricht sich wiederholt gegen Stärkung der Briefwahl aus
Trump wiederum hat sich wiederholt gegen die Stärkung der Briefwahl ausgesprochen und - ohne Angabe von Gründen - vor massivem Wahlbetrug gewarnt. Er sieht die Briefwahl als Finte der Demokraten, die Wahlbeteiligung zu ihren Gunsten zu erhöhen.
Regierung und Republikaner wollen die Post nur im Rahmen eines begrenzten Konjunkturpakets stärken, das zum Beispiel auch Schulen und Arbeitslosen helfen würde. Die Demokraten hingegen kämpfen seit Ende Mai für ein deutlich grösseres Konjunkturpaket in Höhe von rund drei Billionen US-Dollar. Die Verhandlungen über ein Kompromisspaket waren Anfang August gescheitert. Der Senat wird erst am 8. September zusammentreten. Die Verhandlungen dürften dann wieder Fahrt aufnehmen, denn bis Ende September muss der Kongress gemeinsam einen Haushalt verabschieden - ohne den die Regierung stillgelegt würde.
Post-Chef Louis DeJoy, ein Unterstützer Trumps, hatte am Freitag Vorwürfe zurückgewiesen, dass Sparmassnahmen die Novemberwahl gefährden könnten. Er versicherte in einer Anhörung vor dem Senat, dass die Post in der Lage sei, per Brief abgegebene Stimmen "sicher und rechtzeitig zuzustellen". DeJoy fügte hinzu: "Das ist unsere heilige Pflicht." Er versprach auch, dass Stimmzettel bevorzugt bearbeitet würden. DeJoy muss am Montag auch vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses Rede und Antwort stehen. (mgb/dpa)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.