Die USA haben gewählt und sind zerrissen wie nie zuvor. Nach einem Wahlkampf, der als verbaler Bürgerkrieg endete, dürfte es schwierig werden, die Gesellschaft wieder zu vereinen. Genau das ist jetzt die Aufgabe des neu gewählten Präsidenten Donald Trump. Dabei war es der New Yorker Immobilien-Mogul, der die bereits bestehende Kluft noch vergrössert hat. Was bedeutet Trumps Wahlsieg für die Amerikaner?
Die Vereinigten Staaten von Amerika stehen vor einem Wandel und damit auch vor grossen Herausforderungen, und das sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Denn mit den neuen Präsidenten
Amerikaner haben das Unberechenbare gewählt
Mit der Wahl Trumps zum Präsidenten dürften die Amerikaner unsicheren Zeiten entgegengehen. Denn bisher hat der Milliardär kein echtes Regierungsprogramm durchschimmern lassen. Als Präsident wolle er sofort handeln, hatte Trump bereits im Oktober angekündigt.
Auf seiner landesinternen Prioritätenliste standen bisher folgende Punkte: Die Menschen wieder in Lohn und Brot bringen, das Gesundheitssystem "Obamacare" abschaffen, eine Mauer zu Mexiko bauen, die Massendeportation illegaler Einwanderer planen und laut eigener Aussage "unverzüglich die politische Elite in Washington säubern und viele Stellen neu besetzen."
Unter anderem Kabinettsposten und Neubesetzungen an Obersten Gerichtshöfen stehen dabei zur Verteilung. Auch will Trump die Steuern senken. Doch hat er mit noch keinem Wort erklärt, wie er seine Vorhaben umsetzen oder finanzieren will. Zumal er mit einigen seiner Pläne an bestehenden Gesetzen scheitern dürfte.
US-Ökonom warnt vor einer Wirtschaftskrise
Sollte Trump beispielsweise wie versprochen das nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA aufkündigen und China gegenüber die Zölle erhöhen, könnte es zu einem "Handelskrieg" kommen. So zumindest schätzt der amerikanische Ökonom Michael Burda die Lage ein. Burda, der in Harvard promoviert hat und seit 1993 an der Humboldt-Universität in Berlin lehrt, warnt in einem Interview im "Tagesspiegel" vor ähnlichen Zuständen wie in den 1930er-Jahren.
"Mir schweben Vergleiche mit der damaligen Wirtschaftskrise vor. Nach dem Crash gab es eine Reihe von Abwertungen in Europa, die die Amerikaner als handelskriegerischen Akt eingeordnet haben. In der Folge haben sie 1930 ein Gesetz erlassen, mit dem die US-Zölle für etliche Produkte auf ein enorm hohes Niveau angehoben wurden. So wollte man die US-Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz schützen", wird Burda im "Tagesspiegel" zitiert.
Die Europäer hätten damals mit weiteren Abwertungen und eigenen Zöllen reagiert, was die Handelsbeziehungen enorm belastet hat. "Das könnte heute wieder passieren", warnt Burda. Denn Trump plädiere für einen ähnlichen Protektionismus und wolle etwa US-Konzerne zwingen, nur noch in den USA zu produzieren.
Augenscheinlich um der hart amerikanischen Mittelschicht wieder ausreichend Jobs zu verschaffen. Doch dieser Schuss könnte nach hinten losgehen und sich als leeres Wahlversprechen entpuppen. Mehr noch: Sollte es zu einem "Handelskrieg" kommen, könnte das Millionen von Amerikanern den Job kosten.
Gespaltene Gesellschaft macht Amerika unregierbar
Ein weiterer Punkt ist die zerklüftete Atmosphäre in den USA. "Die politische Klasse in Washington hat sich mit diesem Wahlkampf selbst den Boden unter den Füssen weggezogen", erklärt Professor Thomas Jäger, Inhaber des Lehrstuhls für Internationale Politik und Aussenpolitik an der Uni Köln, in einem Gespräch mit unserer Redaktion. Trump werde es nach Ansicht des Politologen nicht schaffen, die Gesellschaft wieder zusammenzuführen. Im Gegenteil: Amerika dürfte "in den nächsten Jahren noch weiter im Inneren zerrissen werden." Das hätte zur Folge, dass die USA de facto unregierbar werden würden.
Trump werde sich zwar vermutlich bemühen, Massnahmen zum Schutz der amerikanischen Industrie umzusetzen und die Sicherheitsorgane zu stärken – wichtige Strukturreformen werden laut Jägers Einschätzung jedoch ausbleiben.
"Make America great again"? Diese Wahl könnte Amerika am Ende in vielerlei Hinsicht teuer zu stehen kommen.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.