Jeder dritte Wähler will bei den Präsidentschaftswahlen in den USA per Post abstimmen. Doch es häufen sich Pannen und Schwierigkeiten – und vor allem Donald Trump heizt Zweifel an der Briefwahl an. Droht den USA ein Briefwahdebakel?

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Die Briefwahl ist auf dem Vormarsch. Das gilt nicht nur für Deutschland, wo bei der Bundestagswahl 2017 jeder vierte Wählende seinen Wahlzettel per Post verschickte.

Auch in den USA wird das "mail-in voting" immer beliebter. 2008 stimmten dort gerade mal 1,8 Prozent der Wählenden per Briefwahl ab. 2014 waren es 7,2 Prozent. Und bei den Präsidentschafts- und Kongresswahlen am 3. November dieses Jahres könnten Umfragen zufolge sogar 37 Prozent der Stimmen per Post ankommen.

In der Corona-Pandemie ist dieser Weg für viele Menschen sicherer, als mit Hunderten anderen Menschen in der Schlange vor dem Wahllokal zu stehen.

Doch über die angebliche Betrugsanfälligkeit und reale Probleme der Briefwahl wird in den Vereinigten Staaten derzeit heftig diskutiert. Die Regeln sind uneinheitlich: Manche Bundesstaaten wie Kalifornien und New Jersey wollen, dass die Wahl 2020 wegen der Corona-Pandemie mehrheitlich als Briefwahl abgehalten wird. Sie senden registrierten Wählern die Wahlunterlagen unaufgefordert zu.

In fünf Staaten – unter anderem in Texas – muss man dagegen einen triftigen Grund angeben, um per Post abstimmen zu können.

Ein fundamentaler Unterschied zwischen Wahlen in den USA und Deutschland: In Amerika besteht keine Meldepflicht. Ein Einwohnerregister wie deutsche Kommunen haben US-Städte nicht – deshalb können sie auch nicht automatisch ihre Einwohner zur Wahl auffordern.

Wer in den USA seine Stimme abgeben will, muss sich zuerst ins Wahlregister des Bundesstaats aufnehmen lassen, in dem er wohnt. Das ist in der Regel keine aufwendige Angelegenheit – aber durchaus eine zusätzliche Hürde für die Stimmabgabe.

Trump wettert gegen die Briefwahl

Für den Transport der Wahlbriefe ist die amerikanische Postbehörde USPS zuständig. Sie spielte in der Geschichte der USA zwar eine wichtige Rolle für die Kommunikation innerhalb des riesigen Landes, hat in der vergangenen Zeit aber mit Pannen und finanziellen Schwierigkeiten für Schlagzeilen gesorgt.

Der neue Post-Chef Louis DeJoy – ein Unterstützer von Donald Trump – hat der Behörde ausgerechnet im Wahljahr einen Sparkurs verordnet. Die Tageszeitung "USA Today" berichtet, dass Postsendungen schon jetzt immer wieder mit grosser Verspätung ankommen. Im ländlichen Kalifornien hätten Menschen für einen Monat überhaupt keine Post bekommen.

Hinzu kommen die von Donald Trump gestreuten Zweifel. Er behauptet auf Twitter, Briefwahl mache Wahlbetrug im grossen Stil möglich, sei "schlecht, unehrlich und langsam".

Immer wieder haben Experten darauf hingewiesen, dass es dafür keinerlei Beweise gibt. Trump wiederholt seine Kritik trotzdem unablässig.

Ihn dürfte stören, dass die Briefwahl besonders bei den Wählern der Konkurrenz beliebt ist: Daten der Universität von Kalifornien in Los Angeles (UCLA) zufolge wollen 48 Prozent der Wähler seines Rivalen Joe Biden per Post abstimmen, von Trumps Anhängern aber nur 23 Prozent.

Die Demokraten werfen Trump deshalb vor, Menschen vom Wählen abhalten zu wollen. Der drastische Sparkurs von Louis DeJoy sei ein "weiteres Beispiel für die Versuche des Präsidenten, die Stimmen von Millionen von Amerikanern nicht zählen zu lassen", sagte der demokratische Abgeordnete Gerry Connolly im August. Der Post-Chef lenkte schliesslich ein. Nach dem Protest im Kongress will er die Sparmassnahmen nun erst nach der Wahl umsetzen.

Viele Stimmen für ungültig erklärt

Eine Panne anderer Art wurde gerade aus dem New Yorker Bezirk Brooklyn bekannt. Dort bekamen 100.000 Wähler Briefwahlunterlagen mit fehlerhaften Angaben zugeschickt. Auf den Rückumschlägen waren zum Beispiel falsche Namen und Adressen eingetragen. Das könnte dazu führen, dass die darin verschickten Stimmen nicht mitgezählt werden dürfen.

Genau das kommt in den USA offenbar immer häufiger vor, wie der Radioverbund NPR gerade berichtet hat: Bei den Vorwahlen der Parteien wurden in diesem Jahr landesweit 550.000 Stimmen für ungültig erklärt. 2016 lag die Zahl der ungültigen Stimmen noch bei rund 319.000.

Als fehlerhaft gelten Stimmen, wenn eine Unterschrift auf den eingeschickten Unterlagen fehlt oder wenn diese Unterschrift nicht zu der im Wählerverzeichnis hinterlegten Signatur passen.

Ergebnis könnte auf sich warten lassen

Donald Trump kritisiert auch, dass die Briefwahl die Auszählung verlangsame – und damit hat er wahrscheinlich recht, auch wenn es wohl nicht um Monate gehen wird, wie er behauptet. Die Bekanntgabe des Wahlergebnisses könnte sich in diesem Jahr in die Länge ziehen, weil 25 Bundesstaaten sowie der Hauptstadtbezirk Washington D.C. auch Briefwahlstimmen zählen wollen, die nach dem Wahltag 3. November eintreffen – solange sie einen Poststempel mit diesem Datum tragen.

Wie der Fernsehsender CNN errechnet hat, werden in diesen Staaten zwei Drittel aller Sitze im Electoral College vergeben, das den Präsidenten letztlich wählt. In der Wahlnacht werden deshalb wahrscheinlich nur Umfragen einen Hinweis auf den Sieger geben. Offiziell wird er wohl erst nach der Wahlnacht feststehen.

Verwendete Quellen:

  • CNN.com: As Democrats allege USPS 'sabotage,' a conspiracy theory in the making
  • U.S. Election Assistance Commission: EAVS Deep Dive: Early, Absentee and Mail Voting
  • National Conference of State Legislatures: Absentee and Mail Voting Policies in Effect for the 2020 Election
  • NPR.org: More Than 550,000 Primary Absentee Ballots Rejected In 2020, Far Outpacing 2016
  • Twitter-Account von Donald Trump
  • USA Government: Absentee and Early Voting
  • USA Today: Empty mailboxes, missed rent: US Postal Service's struggles have real-world impacts
  • USA Today: Biden voters twice as likely than Trump supporters to vote by mail in November, survey finds
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