Am 8. November wird in den USA gewählt. Egal, ob dann Hillary Clinton oder Donald Trump neuer Präsident wird - viele Beobachter atmen auf, dass der schmutzige Wahlkampf dann vorbei ist. Kampagnen auf diesem Niveau haben in den USA allerdings Tradition.

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Nicht einmal krank darf man im US-Wahlkampf offenbar werden. Schon seit Monaten versuchen Donald Trump (70) und seine republikanischen Unterstützer, einen angeblich schlechten Gesundheitszustand von Hillary Clinton (69) herbeizureden.

Das Motiv ist klar: Sie wollen ihre Tauglichkeit für das Amt infrage stellen. Der frühere New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani behauptete im August, Clinton sei müde und sehe krank aus. Später stellte sich heraus, dass die Unterstellungen aus der Luft gegriffen waren.

Nun ist die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten tatsächlich an einer Lungenentzündung erkrankt. Einen Auftritt zum Gedenken an die Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 musste sie abbrechen. Und schon werden aus dem Lager ihres Konkurrenten wieder Zweifel gestreut, sie sei schwach und dem höchsten Amt nicht gewachsen.

Persönliche Angriffe an der Tagesordnung

In diesem schmutzigen US-Wahlkampf ist jedes Mittel recht, um den politischen Gegner in die Knie zu zwingen. "Amerikaner geben am Wahltag ihre Stimme dem, der für sie das Herz am rechten Fleck hat. Deshalb lohnen sich massive Angriffe auf den Charakter. Diesmal noch mehr als sonst", sagt ZDF-Journalist Claus Kleber, der lange als Korrespondent aus den USA berichtet hat, in einem Artikel auf "heute.de". Einen Grund sieht er in der geringen Beliebtheit beider Kandidaten.

Ausserdem sind die Wahlkämpfe auf der anderen Seite des Atlantiks besonders personalisiert: Inhalte und Programme interessieren nur am Rande, persönliche Attacken sind ein Muss.

"Teufel", "Lügnerin", "inkompetent", "betrügerisch", "herzlos": Dies ist nur eine kleine Auswahl aus Trumps Auslassungen über die frühere First Lady. "Wenn Hillary nicht einmal ihren Mann befriedigen kann", sagte er mit Verweis auf die Affäre des früheren US-Präsidenten Bill Clinton mit der Praktikantin Monica Lewinsky, "wie kommt sie dann dazu zu glauben, dass sie Amerika befriedigen kann?"

Bei einem anderen Auftritt nannte Trump es "eklig", dass seine Widersacherin während einer Diskussion zur Toilette ging. Im August sagte er im Zusammenhang mit der US-Waffenlobby einen Satz, den einige Beobachter als indirekten Mordaufruf gegen Clinton interpretierten.

Doch auch die frühere Aussenministerin kann hart austeilen und zögert nicht, in der Lebensgeschichte Trumps herumzustochern: von seiner nicht veröffentlichten Steuererklärung über fragwürdiges Finanzgebaren seiner Firmen bis hin zu privaten Fehltritten.

Vor wenigen Tagen erklärte sie, etwa die Hälfte der Trump-Anhänger seien "Rassisten, Sexisten, Homophobe, Ausländerfeinde oder Islamfeinde." Später ruderte Clinton zurück.

Schmutzige Wahlkämpfe haben Tradition

So schmutzig der aktuelle Wahlkampf auch wirken mag: Er reiht sich ein in eine lange Tradition in den USA. "Ihr könnt doch nicht den Antichristen zum Präsidenten wählen, einen Säufer, einen Blödmann." So wurden laut Claus Kleber schon Thomas Jefferson und Abraham Lincoln beschimpft.

"Schauen Sie in die Geschichte der US-Wahlkämpfe, da ist dieser Wahlkampf im Vergleich gemässigt", erklärte der Politologe Christian Hacke kürzlich im Gespräch mit unserer Redaktion. "Im 19. Jahrhundert warfen sich die Kontrahenten wie selbstverständlich Korruption, Vetternwirtschaft und Hurerei vor."

"Dark Arts" werden schmutzige Wahlkampf-Tricks in den USA genannt. So scheute sich das Team von Richard Nixon 1972 nicht, erfundene Leserbriefe über das angebliche Alkoholproblem der Ehefrau eines Rivalen und weitere Lügen an die Presse zu adressieren. Ohne solche Angriffe lässt sich zwischen New York und Los Angeles offenbar nur schlecht eine Wahl gewinnen.

Die Eigenheiten der erzkapitalistischen US-Gesellschaft, in der die Schwachen schnell auf der Strecke bleiben, zeigen sich auch im Wahlkampf: Wer die Ellenbogen nicht ausfährt, hat praktisch schon verloren.

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