In der Nacht auf Dienstag haben sich die US-Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton und Donald Trump ein teils hitziges erstes TV-Duell geliefert. Dabei machte die Demokratin die bessere Figur. Nicht zuletzt, weil sie sachlich blieb und Lösungsansätze präsentierte. Ganz im Gegensatz zu ihrem Kontrahenten.

Eine Analyse
von Johannes Werner
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Johannes Werner sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.


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Was sagten die Kandidaten zum Thema Wirtschaftspolitik?

Zu Beginn der Debatte ging es um die Frage, wie die Präsidentschaftskandidaten für Wohlstand in den USA sorgen wollen. Hillary Clinton sagte, ihr sei klar, dass es derzeit viele Familien schwer hätten, von ihrem Einkommen zu leben. Sie betonte jedoch, man könne den Aufschwung mit den richtigen Politikansätzen so gestalten, dass er bei der Mehrheit der Amerikaner ankomme. In den folgenden eineinhalb Stunden präsentierte Clinton solche Ansätze – vom Mindestlohn über Infrastrukturprogramme bis hin zu besseren Möglichkeiten zur Kinderbetreuung.

Donald Trump hingegen suchte Schuldige. Und die waren für ihn schnell gefunden: Unter anderem Leute wie Clinton, die seit 30 Jahren die Politik im Land mitgestalte. Er sprach auch von einem enormen Handelsdefizit. Der Immobilienmogul wolle als Präsident die Handelsabkommen Amerikas neu verhandeln und den Steuersatz für Firmen von 35 auf 15 Prozent senken. Clinton warf ihm vor, die Steuererleichterungen vor allem zugunsten der Reichen in die Wege leiten zu wollen.



Wie stehen Clinton und Trump zu Polizeigewalt und Rassenproblemen?

Die Ereignisse von Tulsa und Charlotte, wo jüngst erneut Afroamerikaner von Polizisten getötet wurden, standen ebenfalls auf der Agenda. Clinton prangerte den institutionellen Rassismus im Land an, wollte aber auch nicht als polizeifeindlich wahrgenommen werden. Sie plädierte für eine bessere Polizeiausbildung und die Wiederherstellung des Vertrauens zwischen Bevölkerung und der Polizei.

Trump pflichtete ihr bei. Einer der wenigen Punkte, in denen sich die beiden einig waren. Doch der Milliardär pochte auf ein härteres Durchgreifen in den Innenstädten. Dazu gehörten auch Personenkontrollen auf der Strasse. Clintons Vorwurf, es gebe nun militärische Waffen auf den Strassen, weil Trump die Waffenlobby unterstützt habe, wollte der 70-Jährige nicht akzeptieren.

Welche Aussagen gab es zur Aussenpolitik?

Trump betonte erneut, den "IS in die Hölle bomben" zu wollen. Er glaube nicht, dass Clinton den sogenannten "Islamischen Staat" ausschalten könne. Diese wiederum bekräftigte, man müsse bei diesem Thema konkreter werden. "Ich möchte, dass unsere Verbündeten wissen, dass wir unsere Bündnisse einhalten", erklärt sie. Trump hingegen spreche beim IS immer von einem Geheimplan. Sein Geheimnis sei in ihren Augen jedoch, dass es gar keinen Plan gebe.

Trumps bester Moment?

Das Thema Nafta. Er warf Clinton vor, dass sie und ihr Mann Bill das nordamerikanische Freihandelsabkommen durchgesetzt hätten und hält es "für den vielleicht schlimmsten Freihandelsvertrag aller Zeiten". Hintergrund: Vor allem in den umkämpften Staaten im Mittleren Westen wird Nafta von vielen Wählern für einen dramatischen Jobabbau verantwortlich gemacht. Ausserdem landete Trump einen Treffer, als er Clinton vorwarf, immer mehr regulieren zu wollen.



Clintons bester Moment?

Sie dominierte den Rest der Debatte. Vor allem aber, als sie Trumps Unternehmertätigkeit kritisierte. Sie wies darauf hin, dass der Milliardär im Jahr 2006 den Kollaps des Immobilienmarktes begrüsst habe, um Geld damit zu machen. Clinton griff ihn scharf an, weil er seine Steuererklärung nicht veröffentlicht hat.

Ausserdem warf sie ihm vor, kleine Firmen regelmässig nicht bezahlt zu haben und damit dem "kleinen Mann" zu schaden. Trump fühlte sich sichtlich angegriffen und konterte: "Vielleicht haben die schlechte Arbeit abgeliefert." Zudem stellte sie ihn beim Thema Geburtsort von Barack Obama bloss. Trump hatte lange Zeit behauptet, Obama sei nicht gebürtig aus Hawaii, sondern aus Kenia – und deswegen nicht rechtmässiger Präsident der USA.

Was bedeutet dieses Duell für den Ausgang der Wahl?

Entschieden ist noch lange nichts. Denn bis zur Entscheidung am 8. November sind es noch sechs Wochen – und es wird noch zwei weitere TV-Duelle (am 10. und am 20. Oktober) geben.

Fazit: Donald Trump zeigte erneut, was vielen Amerikanern sauer aufstösst: seinen cholerischen und unberechenbaren Charakter. Hillary Clinton hingegen präsentierte sich souverän und gleichzeitig schlagfertig und humorvoll ("Donald, wir wissen ja, dass du in deiner eigenen Realität lebst").

Dementsprechend sah eine erste Blitzumfrage des Senders CNN Clinton mit 62 Prozent vorn, Trump hingegen sahen nur 27 Prozent der Befragten als Sieger.


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