• Die US-Demokraten könnten sich bei den Wahlen in Georgia die knappe Kontrolle über den Senat sichern.
  • Die Republikaner sind sich uneins, wie sie zu ihrem scheidenden Präsidenten Donald Trump stehen sollen.
  • Der Politikwissenschaftler David Sirakov sagt: "Trump hat eine tiefgespaltene Partei hinterlassen."

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Stillhalten bis zum 5. Januar: Das war die unausgesprochene Parole der US-Republikaner nach der Präsidentschaftswahl im vergangenen November.

Donald Trump ist zwar abgewählt worden, Nachzählungen in den Bundesstaaten, das Wahlleute-Gremium und Gerichte haben den Sieg seines Konkurrenten Joe Biden von den Demokraten bestätigt. Trotzdem wehrt sich der scheidende Präsident mit allen Mitteln gegen seine Abwahl.

Lange haben die Republikaner Trump dabei klaglos zugesehen und waren nicht von ihm abgerückt – auch weil sie die Wahlchancen ihrer Kandidaten im Bundesstaat Georgia nicht gefährden wollten. Dort haben die Wählerinnen und Wähler am Dienstag über die letzten beiden offenen Sitze im US-Senat abgestimmt.

Möglich ist, dass die Demokraten beide Rennen gewinnen. Die Schuld schob der republikanische Regionalpolitiker Gabriel Sterling im Interview mit CNN noch in der Wahlnacht dem Präsidenten zu. Wird die Partei jetzt von Trump abrücken?

Weiterhin glühende Trump-Unterstützer im Kongress

"Es gibt unter den Republikanern einen Widerstreit zwischen Real-Politikern auf der einen Seite und den Ideologen auf der anderen Seite, die sich weiter sehr stark auf Trump beziehen", erklärt David Sirakov, Direktor der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz, im Gespräch mit unserer Redaktion.

Trump hat unter den Abgeordneten seiner Partei immer noch inbrünstige Anhänger. Die Mehrheit der republikanischen Fraktion im Repräsentantenhaus sowie 13 Senatoren wollen den Sieg von Joe Biden weiterhin nicht anerkennen. Darunter sind auch prominente Politiker wie die Senatoren Ted Cruz und Josh Hawley.

"Die Trump-Ideologen im Kongress sind selbst auf dem Ticket des Präsidenten gewählt worden. Es fällt ihnen schwer, sich von ihm zu lösen – nicht nur aus ideologischer Überzeugung, sondern auch aufgrund von rationalen Erwägungen", sagt Politikwissenschaftler Sirakov.

Der scheidende Präsident geniesst bei seinen Anhängern grosse Unterstützung und beschimpft regelmässig Vertreter seiner eigenen Partei, wenn sie ihn kritisieren. "Die Republikaner sind in den vergangenen vier Jahren ganz extrem zu einer Trump-Partei geworden und haben mit einigen ursprünglichen Werten gebrochen", so Sirakov.

Republikanische Real-Politiker zunehmend auf Distanz

Gleichzeitig gibt es auch unter republikanischen Abgeordneten immer stärkere Absatzbewegungen von Trump. Ende Dezember hat Mitch McConnell, der einflussreiche Mehrheitsführer im Senat, den Wahlsieg von Joe Biden anerkannt.

Anfang Januar kippte der US-Kongress zudem ein Veto des Präsidenten gegen den Verteidigungshaushalt – im Senat stimmten dabei auch 40 Republikaner gegen Trump. "Die Real-Politiker haben Trumps antidemokratische Rhetorik am Anfang noch toleriert", sagt David Sirakov.

"Seit die Bundesstaaten ihre Wahlergebnisse zertifiziert haben, sagen sie aber zunehmend: Jetzt ist es mal gut."

Wahlen in Georgia als Wendepunkt?

"Viele Republikaner suchen verzweifelt nach einem Punkt, an dem sie einen offiziellen Bruch mit Trump vollziehen können“, glaubt Sirakov. Die Senatswahlen in Georgia könnten seiner Einschätzung nach ein solcher Punkt sein: Weil klar sei, dass der Präsident seiner Partei in den vergangenen Wochen geschadet habe.

Kurz vor der Abstimmung hatte Trump erneut den Wahlkampf bestimmt: Am vergangenen Wochenende hatte die "Washington Post" die Aufnahme eines Telefonats veröffentlicht, das Trump mit dem "Secretary of State" von Georgia, Brad Raffensperger, geführt hatte.

Darin forderte Trump ihn auf, 11.780 Stimmen zu "finden", damit der Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2020 zumindest in Georgia doch noch nachträglich an ihn geht. Das lässt sich durchaus als Aufforderung zum Wahlbetrug verstehen.

Trumps Verhalten hat ihm auch Kritik aus den eigenen Reihen eingebracht. Die republikanische Senatorin Marsha Blackburn sagte, das Telefonat sei "nicht hilfreich" gewesen. Im Trump-freundlichen Sender Fox News kommentierte der Moderator Chris Wallace: Fast alles was der Präsident in letzter Zeit getan habe, habe die Wahlchancen der republikanischen Kandidaten in Georgia geschmälert.

Gute Aussichten für Joe Biden

Noch läuft die Auszählung in Georgia. Einen der beiden Sitze haben die Demokraten bereits gewonnen, beim zweiten Rennen liegt ebenfalls der demokratische Kandidat knapp vorne.

Würde er tatsächlich gewinnen, käme es im US-Senat zu einem Patt: 50 Demokraten und 50 Republikaner. Da bei Stimmengleichstand das Votum der künftigen demokratischen Vizepräsidentin Kamala Harris den Ausschlag gibt, hätten die Demokraten faktisch eine hauchdünne Mehrheit.

Ob Joe Biden sein politisches Programm in grossem Stil umsetzen kann, bleibt bei einer so knappen Mehrheit abzuwarten. Allerdings muss er ohnehin zunächst seine Regierungsmannschaft vom Senat bestätigen lassen – und dafür sei eine Mehrheit im Senat durchaus ein grosser Vorteil, so Sirakov: "Wenn die Demokraten beide Senatssitze gewinnen, kann Joe Biden seine Regierung so schnell wie möglich in Amt und Würden bringen."

Unter Republikanern mehren sich inzwischen Stimmen, die befürchten, Trumps verzweifelter Kampf gegen seine Abwahl könnte die Fraktionen im Kongress lähmen.

"In dieser Zeit sollte sich die Partei hinter der Opposition gegen Bidens Agenda versammeln", sagte der republikanische Stratege Alex Conant der britischen Zeitung "The Guardian". "Stattdessen treibt Trump die Republikaner weiter auseinander und schwächt damit ihren politischen Einfluss."

Ob sich die Real-Politiker oder die glühenden Trump-Unterstützer durchsetzen werden – das sei eine spannende Frage, sagt David Sirakov. Klar sei bisher nur: "Trump hat eine tiefgespaltene Republikanische Partei zurückgelassen." Der Kampf zwischen den Lagern werde weitergehen.

Über den Experten: Der Politikwissenschaftler Dr. David Sirakov ist seit 2015 Direktor der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz in Kaiserslautern. Er beschäftigt sich unter anderem mit der gesellschaftlichen Polarisierung in den USA und der US-Aussenpolitik. Er gehört zu den Herausgebern des Buches "Donald Trump und die Politik in den USA – Eine Zwischenbilanz".

Verwendete Quellen:

US-Medien: Demokrat erobert Senatsmandat bei Stichwahl in Georgia

Bei den wichtigen Stichwahlen um zwei Senatsmandate im US-Bundesstaat Georgia haben die Demokraten laut US-Medien einen ersten Erfolg erzielt. Der demokratische Herausforderer Raphael Warnock setzte sich bei der Abstimmung gegen die republikanische Senatorin Kelly Loeffler durch. (Teaserbild: imago images/ZUMA Wire) © ProSiebenSat.1
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