- Patienten müssen verlegt werden, die Infektionszahlen brechen laufend Rekorde, in den Schulen verschärft sich die Situation.
- Die Bundeswehr will überlasteten Krankenhäusern helfen.
- Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, schlägt nun Alarm.
Die Lage in den Krankenhäusern spitzt sich angesichts der stark steigenden Zahl von Corona-Infizierten dramatisch zu. Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, schlug Alarm: "Wir alle bereiten uns auf eine Triage vor", sagte Montgomery den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Ärzte versuchten alles, um diese letzte entsetzliche Entscheidung abzuwenden. "Aber angesichts der steigenden Infektionszahlen müssen sich die Kliniken vorbereiten", sagte Montgomery.
Triage bedeutet, dass Mediziner aufgrund von knappen Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen. Am Freitag will sich die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) auf einer Online-Pressekonferenz zur Priorisierung und Triage bei COVID-19 äussern.
Auch am Freitag registrierte das Robert-Koch-Institut (RKI) mit 76.414 einen Höchststand an Corona-Neuinfektionen in 24 Stunden. Die Sieben-Tage Inzidenz gab das RKI mit 438,2 an - ebenfalls ein Höchstwert. Am Donnerstag war die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit SARS-CoV-2 gestorben sind, auf mehr als 100.000 gestiegen.
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Bundeswehr bereitet Verlegungsflüge vor
Um die Kliniken zu entlasten, bereitet die Bundeswehr ab Freitag Flüge zur Verlegung von Intensivpatienten vor. Die Luftwaffe hält zwei Flugzeuge für den Hilfseinsatz bereit. Im Rahmen des sogenannten Kleeblatt-Systems sollen COVID-19-Patienten bundesweit verteilt werden können, wenn in einzelnen Regionen der Kollaps von Krankenhäusern droht. Vereinzelt wurden schon am Donnerstag Patienten in andere Bundesländer gebracht, zum Beispiel aus Thüringen nach Niedersachsen.
Montgomery geht das nicht weit genug. Er fordert die Verlegung von Kranken ins europäische Ausland: "Die systematische Verlegung von Covid-Patienten ins Ausland muss jetzt eingeleitet werden. Dabei muss auch die Bundeswehr helfen."
Dramatische Folgen von verschobenen OPs
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gass, beklagte die Auswirkungen von abgesagten Operationen. Die Folgen für die Patienten jenseits der Pandemie seien ebenso dramatisch wie tragisch. 75 Prozent aller Krankenhausstandorte mit Intensivstationen meldeten heute einen nur noch eingeschränkten Betrieb. "Konkret heisst das, dass wir wie im Januar 2021 erneut fast jeden dritten Patienten im Regelsystem nicht versorgen können", schrieb er in einem Gastbeitrag für die "Rheinische Post".
"Wir werden rund 20 Prozent weniger Darmkrebs-Operationen durchführen und etwa sieben Prozent weniger Operationen bei Frauen mit Brustkrebs", schrieb Gass. Die Situation, auf eine Warteliste gesetzt zu werden, sei für jeden einzelnen Krebspatienten psychisch und körperlich schwer zu ertragen.
Schulen schliessen?
Bei den Bürgern stossen die aktuellen Regelungen zur Corona-Bekämpfung auf ein geteiltes Echo. Laut dem "Deutschlandtrend" für das ARD-"Morgenmagazin" halten 53 Prozent der Bevölkerung das neue Infektionsschutzgesetz ohne die Möglichkeit von Lockdowns, Schulschliessungen oder Ausgangssperren für richtig. 40 Prozent finden es der Umfrage zufolge falsch.
Gerade der Aspekt der Schulschliessungen könnte noch wichtig werden. Dem Wochenbericht des RKI vom Donnerstagabend zufolge kommt es in Schulen wieder deutlich häufiger zu Corona-Ausbrüchen. "Nach einem kurzzeitigen Rückgang während der Herbstferien wird jetzt ein sehr rascher Anstieg beobachtet." Demnach seien zuletzt innerhalb von vier Wochen 1265 Ausbrüche gemeldet worden, hiess es. Die letzten zwei Wochen seien aber noch nicht bewertbar. Jüngere Schüler treffe es im Schnitt öfter als ältere.
Aktuell liege die Zahl der Corona-Ausbrüche in Schulen "sehr deutlich" über dem Höchstniveau der zweiten Welle. Anfang November seien etwa dreimal mehr Ausbrüche pro Woche übermittelt worden als im Vorjahr zu dieser Zeit. "Bei der zugenommenen Ausbruchshäufigkeit spielen vermutlich die leichtere Übertragbarkeit der Delta-Variante und auch die ausgeweiteten Testaktivitäten eine Rolle, wobei Infektionen, auch asymptomatische, frühzeitig erkannt werden."
In der vierten Corona-Welle entfallen laut RKI besonders viele positive Corona-Nachweise auf Kinder und Jugendliche. So lag die Sieben-Tage-Inzidenz in der Woche bis vergangenen Sonntag bei den 5- bis 9-Jährigen (829) und bei den 10- bis 14-Jährigen (921) mehr als doppelt so hoch wie im Bevölkerungsschnitt (414). Allerdings werden Schüler auch besonders häufig auf Corona getestet. © dpa
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